So finanziert sich Österreichs Sport

Die Sportagenden in der Zweiten Republik erinnerten an den Umgang mit einem unliebsamen Kind.
Das neue rot-weiß-rote Fördersystem steht in der Kritik - der KURIER hat nachgeforscht.

Für einen Mann, der in der Vorwoche zahlreiche Präsidenten verärgert hat, wirkt Wolfgang Gotschke erstaunlich unaufgeregt. Die Rede ist zwar nicht von Staatspräsidenten und der großen, weiten Weltpolitik, sondern von Verbandspräsidenten.

Mit Politik hat auch das zu tun. Mit Sportpolitik.

Wolfgang Gotschke ist als Geschäftsführer des neuen Bundes-Sportförderungsfonds (BSFF) verantwortlich für jene Erfolgsrangliste, die bares Geld wert ist: für den Skiverband (429.300 Euro) mehr als für die Fußballer (279.300), für die Thai- und Kickboxer (93.300) mehr als für den Eishockey-Verband (45.400), für die Orientierungsläufer (13.400) mehr als für die Basketballer (0). "Man kann über die Kriterien immer diskutieren", sagt Gotschke, "nur eines kann man uns nicht vorwerfen: Intransparenz."

Es wurde viel vorgeworfen, vor allem lautstark protestiert, manchmal klug kommentiert, aber so gut wie nie hinterfragt. Der KURIER hat das nun nachgeholt: beim Förderungsfonds sowie beim Sportministerium.

Ungeliebtes Kind

Herausgekommen ist ein komplexes Gesamtbild der Sportförderung, das auch einiges über den rot-weiß-roten Sportbetrieb aussagt (siehe Grafik unten).

Die Sportagenden in der Zweiten Republik erinnerten an den Umgang mit einem unliebsamen Kind – geschoben vom Ministerium für Unterricht, zur Gesundheit, ins Bundeskanzleramt (als Staatssekretariat) und ab 2009 ins Verteidigungsressort. Noch jeder zuständige Politiker ist mit dem Ziel angetreten, die Sportstätten aus- und die bürokratischen Hürden abzubauen. Noch jeder zuständige Politiker stieß irgendwann an die Grenzen des Systems, das sich selbst "Dach des Sports" nannte: die Bundes-Sportorganisation (BSO). Über Jahrzehnte haben sich dort die politischen Lager entweder direkt über Personen (Nationalratsabgeordnete) oder über die Dachverbände (ASKÖ, ASVÖ, SPORTUNION) in Stellung gebracht.

Dieses "Dach des Sports" hat mit dem Bundes-Sportförderungsfonds nun einen Überbau bekommen. Der BSFF verteilt nicht nur die Mittel zum Erhalt der Sport-Organisationen (BSO, Olympisches Komitee), sondern auch die gesamte Förderung für die 60 Fachverbände.

Diese teilt sich pro Verband in Breiten- (36 Millionen Euro) und Spitzensport (40 Millionen). Erst im März wurde festgelegt, dass ein Zehntel davon leistungsorientiert vergeben werden soll. Heraus kam die umstrittene Verbandsrangliste.

Großer Aufwand

Klingt alles sehr kompliziert. Tatsächlich sind weniger Stellen als zuvor für die Vergabe zuständig. "Eine Reduzierung der Bürokratie haben wir im ersten Jahr zugegebenermaßen nicht geschafft. Aber der Aufwand wird von Jahr zu Jahr abnehmen", versichert Gotschke. Mit 80 Millionen Euro verwaltet der BSFF mehr als 50 Prozent des Gesamtbudgets, das dem Sport zur Verfügung steht. Kontrolliert wird er vom Rechnungshof werden, beäugt vom Ministerium.

Wie schwierig das Fördersystem in westlichen Demokratien ist, zeigt sich aktuell auch in Deutschland. Eine private Sportlotterie soll den Sportlern 60 Millionen Euro zusätzlich einbringen. 2,50 Euro kostet ein Tipp auf eine Kombination aus den olympischen Farben, einer Sportart und eine Medaillenkombination. Die Chance auf den Hauptgewinn beträgt 1:3 Millionen und ist damit höher als etwa beim österreichischen Lotto (1:8 Mio.).

Minister Klug nennt das Konzept "sehr interessant".

So finanziert sich Österreichs Sport

KURIER: Herr Minister, können Sie die Kritik am leistungsorientierten Förderprinzip durch den BSFF nachvollziehen?
Ich bekenne mich grundsätzlich zu einer Leistungsorientierung in der Förderung. Allerdings bin ich wie viele Sportfans überrascht, dass etwa Handball so weit hinten gereiht wurde. Das gilt auch für Eishockey oder für Turnen, das eine Grundsportart ist. Für mich ist das Ergebnis ein Indiz, dass man an den Kriterien arbeiten wird müssen. Klar ist: Alle werden nie zufrieden sein, aber ein solches Ranking muss den Leistungen der Verbände gerecht werden.

Sie selbst waren auch überrascht? Wie kam es dazu?
Ich habe die Form der Kommunikation für unglücklich gehalten. Übrigens scheinen auch einige Mitglieder der Bundes-Sportkonferenz buchstäblich aus der Zeitung erfahren zu haben, wie das Ranking aussieht. Das ist nicht in Ordnung.

Ein Ziel des neuen Gesetzes war es, den bürokratischen Aufwand zu minimieren und effektiver zu fördern. Weiterhin sind aber mehrere Stellen involviert (BSFF, Team Rot-Weiß-Rot, Projekt Rio, Sporthilfe). Haben Sie sich so einen schlankeren Apparat vorgestellt?
Man muss das mit dem Stand vor der Reform vergleichen: Wir hatten früher bis zu neun Fördertöpfe für die Fachverbände, die von fünf verschiedenen Entscheidungsinstanzen vergeben wurden. Mit dem Fonds gibt es nun ausschließlich eine Instanz, die die jährliche Verbandsförderung abwickelt. Dazu kommt die Individualförderung für die besten Sportlerinnen und Sportler über das "Team Rot-Weiß-Rot" sowie über das olympische "Projekt Rio".

Einer der Kritikpunkte ist die Beschickung der zahlreichen Gremien. Es heißt, mancher Fachverbandspräsident entscheidet dadurch selbst über die Höhe der Förderung, die sein Verband letztlich bekommt. Können Sie Interessenskonflikte ausschließen?
Im Zuge der Diskussion zur Reform der Bundes-Sportförderung war es der Wunsch des organisierten Sports, weiterhin die strategische Ausrichtung der Sportförderung bestimmen zu können. Ich habe diesen Wunsch bei der Gesetzwerdung respektiert. Ich möchte aber festhalten, dass in den Gremien, die die Entscheidungen vorbereiten und die Empfehlungen zur Förderung aussprechen, nur verbandsunabhängige Expertinnen und Experten vertreten sind. Die Kriterien für das Ranking beispielsweise wurden vom Spitzensportbeirat erarbeitet. Lediglich die strategische Leitung des Fonds obliegt einem Gremium, das mehrheitlich aus Vertreterinnen und Vertretern des Sports besteht. Wenn alle ihren Aufgaben nachkommen, halte ich dieses Modell prinzipiell für tauglich.

Kommentare