ÖOC-Boss Stoss fordert Reformen

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Der OOC-Präsident will nach der Rückkehr über neue Strukturen sprechen

Die Medaille von Thomas Zajac/Tanja Frank sei eine großartige Leistung, weil man sie nicht unbedingt erwartet hatte, sagte ÖOC-Präsident Karl Stoss in seiner Bilanz der Sommerspiele in Rio. „Wir sind erleichtert, wir sind nicht ganz zufrieden, wir haben noch eine Menge zu tun“, machte er aber auch deutlich, dass es dringend Reformen brauche, vor allem eine Zusammenführung des Förderwesens.

Bis Freitag erreichten die Sportler des Österreichischen Olympischen Komitees 17 Top-Ten-Platzierungen, hinter der Bronzemedaille der Nacra-17-Segler gibt es als weitere beste Resultate sechs fünfte Ränge. Am Wochenende sind noch einige Österreicher im Einsatz, sie haben aber keine realistischen Medaillenchancen. Die Ausbeute wird damit wohl die drittschlechteste bei Sommerspielen nach den beiden „Nullnummern“ 1964 in Tokio und 2012 in London sein.

Starke Debütanten

Besonders strich Stoss die „großartigen Leistungen“ einiger Debütanten hervor, so von Schützin Olivia Hofmann und der kranken und an der Schulter verletzten Judoka Bernadette Graf („Hut ziehen vor Beißermentalität“), die jeweils Fünfte wurden. „Eine ganz große Überraschung“ war für ihn Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger (6.) und „toll“ Ruderin Magdalena Lobnig (6).

Auch Tischtennisspieler Daniel Habesohn habe sich im Teambewerb (5.) ordentlich geschlagen. Judokämpferin Kathrin Unterwurzacher (7.) und die Synchronschwimmerinnen Anna Maria und Eirini Marina Alexandri (12.) fanden positive Erwähnung. „Andere, auch zum Beispiel im Segeln, sind nicht in den Medaillenrängen, sind Top Ten, das kann ja nicht zufriedenstellend sein, da werden wir mehr machen müssen“, meinte Stoss.

Deshalb, so das neu gewählte Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees, könne man, wenn am ganz ehrlich sei, sich nicht zurücklehnen und sagen, „Toll, wir haben das Ziel erreicht“. Insgeheim hätte man mit der einen oder anderen Medaille mehr gerechnet. „Obwohl 17 Top-10-Plätze nicht schlecht sind, das muss man zusammenbringen.“

Gespräche mit den Verbänden

Man müsse sich in Ruhe vor Augen führen, an was es gelegen sei. Jeder einzelne Athlet soll analysiert und Gespräche mit den Fachverbänden geführt werden. „Wir sind auf einem recht guten Weg. Die Zusammenarbeit mit den Olympiazenten hat sich bewährt, die müssen wir weiter ausbauen“, sagte Stoss. Es ginge nun darum, eine klare Zielsetzung für vier bis acht Jahre zu definieren. „Die Zeit vor Rio war zu kurz, man muss längere Zeiträume ansetzen. Wir haben ein Investment getätigt, der Return ist noch nicht da. Wir müssen uns Gedanken machen, welche Strategie wir verfolgen wollen“, so der ÖOC-Boss.

Ob man mit jenen zu den Spielen fahren und die forcieren will, die eine wahrscheinliche Medaillenchance haben, oder all jene mit internationaler Startberechtigung, was eine Breitenwirkung habe. So ist es übrigens derzeit der Fall, weshalb das ÖOC-Aufgebot in Rio 71 Sportler umfasste. Einen Blick will das ÖOC auch auf ebenfalls kleine Länder wie Neuseeland, Dänemark und Ungarn werfen, weshalb diese zur Weltspitze gehören.

Weiter vorangetrieben werden sollen die Nachläufer des „Projekt Rio“. „Unser Wunsch, und das ist auch mit dem Sportminister abgesprochen, ist ein solches Projekt für Pyeongchang, aber dann auch für Tokio 2020. Weil ein Return on Investment nicht in drei Jahren kommt, da muss man mit acht bis zwölf Jahren rechnen.“
Stoss sprach von einem „zaghaften Beginn eines sehr langen, sehr intensiven Weges“. Aktuell betreut das ÖOC die Sportler ja nur kurz vor den Spielen und übergibt sie danach wieder an die Fachverbände. „Wir müssen klar diskutieren, ob wir etwas früher in Aktion treten. Wir sind nicht nur für die Beschickung da, wir gehen auch in die Verantwortlichkeit, wenn man und lässt. Wir wünschen uns und wollen weit mehr im Spitzensport sein.“

Fördersystem zusammenführen

Zum wiederholten Male betonte Stoss, dass man das Fördersystem zusammenführen müsse. ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel will „Interessenskonflikte beseitigen“. Man sehe sich als Dienstleister des österreichischen Spitzensports. Was die Bündelung der Kräfte und Institutionen betrifft, meinte er, dass es keine juristische Zusammenführung sein müsse. „Es geht um die gemeinsame Beurteilung und Verteilung der Mittel. Das sollte möglich sein in den nächsten sechs Monaten.“
Glücklich war der Generalsekretär, dass es im ÖOC-Team keinen Sicherheitsvorfall gegeben habe. „Wir haben unsere Athleten ganz intensiv darauf vorbereitet, in welchem Umfeld sie sich bewegen werden und müssen und welche Risiken bestehen.“ Ausdrücklich lobte er die Arbeit von Chef de Mission Christoph Sieber. „Eine Goldmedaillenleistung.“

Im Gegensatz zum bescheidenen sportlichen Abschneiden war das Österreich-Haus für das ÖOC ein voller Erfolg. Das am Gelände des Fußball-Clubs Botafogo in Rio eingerichtete „Austria House“ lockte bis Freitag 65.000 Besucher an. Der überwiegende Teil davon machte den öffentlichen Außenbereich tagtäglich zu einer Dauerpartyzone, im Galasaal tummelten sich allabendlich VIPs, Sportler und Funktionäre.

Österreicher sind Hausmeister

ÖOC-Boss Stoss fordert Reformen
ABD0012_20160805 - RIO DE JANEIRO - BRASILIEN: ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel (l.) anl. der Eröffnung des "Österreich-Haus" am Donnerstag, 04. August 2016, in Rio de Janeiro. Die Olympischen Sommerspiele 2016 finden von 05. bis 21. August 2016 in Rio de Janeiro statt. - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT
„Casa Austria ist in Rio zu einem Schlagwort geworden. Wir hatten ungefähr 65.000 Gäste im Haus und draußen, das ist eine unwahrscheinlich Anzahl und 50 Prozent mehr als in London, das ist Tourismuswerbung pur“, freute sich Peter Mennel. Der Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees wies im selben Atemzug zum wiederholten Mal darauf hin, dass die Feierlaune und die nicht besonders erfreuliche Sportbilanz nichts miteinander zu tun hätten. „Das und der Sport sind zwei getrennte Paar Schuhe.“

ÖOC-Präsident Stoss beeilte sich zu betonen, dass die Hauptaufgabe des ÖOC die Betreuung der Athleten sei. Das Ö-Haus sei aber eine wichtige Plattform und Einnahmequelle. „Wir sind kein Tourismusunternehmen. Wir sind nur so dumm, dass wir das uns mit unser Mannschaft auch noch antun. Es ist auch Teil unseres Jobs, weil wir glauben, es gibt kein besseres Konzept für Tourismus“, meinte Stoss ziemlich aufgebracht auf die Frage, für welche Aufgaben sich das ÖOC künftig zuständig fühlt. Der Betrieb des Hauses sei notwendig, um Mittel für das ÖOC lukrieren, ergänzte Stoss. „Deshalb behalten wir es in unseren Händen.“

Schließlich bringe der Betrieb ja auch unbezahlbare Werbung für Österreich. Neben den Tausenden Gästen seien auch 70 TV-Stationen und 550 Journalisten im Laufe der zweieinhalb Wochen zu Gast gewesen, zählte Mennel auf.

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