Ö-Tour: Umbruch am Kitzbüheler Horn

Hermann Pernsteiner feierte einen großen Erfolg.
Der Belgier Hermans holt sich den Etappensieg und schlüpft in das Trikot des Gesamtführenden. Pernsteiner wird Zweiter.

Einmal mehr zeigte Bahrain-Merida am Montag Stärke: Das World-Tour-Team um den Sportlichen Leiter Harald Morscher kontrollierte auch auf der dritten Etappe der 70. Österreich-Rundfahrt von Kufstein zum Alpenhaus am Kitzbüheler Horn das Geschehen im Hauptfeld, weshalb zunächst eine sechsköpfige Ausreißergruppe davonfahren konnte – und taktisch perfekt noch vor Kitzbühel wieder eingeholt wurde.

Ungewöhnlich: Der Gesamtführende Giovanni Visconti führte im Roten Trikot einen 30-köpfigen Pulk die Mautstraße zum Ziel hinauf an (7,6 Kilometer, bis zu 23 Prozent Steigung), an seinem Hinterrad sein Kapitän Hermann Pernsteiner, auch dies ein Ausdruck der Stärke. Und die Konkurrenz war beeindruckt: Niemand traute sich zu attackieren. Bis endlich der Schweizer Matteo Badilatti (Vorarlberg-Santic) vier Kilometer vor dem Ziel für Dynamik sorgte.

Bis zur Zwei-Kilometer-Marke hatte der Niederösterreicher Pernsteiner noch einen Helfer, dann musste er den Belgier Ben Hermans (Israel Cycling Academy) ziehen lassen und wurde schließlich mit acht Sekunden Rückstand Zweiter; neun Sekunden liegt er nun in der Gesamtwertung hinter Hermans auf der zweiten Position. „Er hat ein bissl zu früh für mich attackiert“, gestand Pernsteiner, „aber vielleicht kann ich morgen ein wenig Kraft sparen und dann am Mittwoch am Glockner die nächste Attacke starten.“

Mehr als ein Minute verlor Riccardo Zoidl (Felbermayr-Simplon Wels), dem es „nicht super-super gegangen ist, aber es war o.k.“, der Oberösterreicher ist nun Gesamtzwölfter (+1:13). Mit den Schweizern Patrick Schelling und Marco Badilatti hat Vorarlberg-Santic die Plätze vier und fünf besetzt.

Doch nicht nur die Fahrer sorgen für Aufsehen:

Strecke Der Rundkurs in und um Feldkirch zum Start zog 15.000 Fans an, und generell zeigt sich, dass es auf den heuer kürzeren Etappen mehr zur Sache geht als in den letzten Jahren. Das hat auch mit der Entwicklung im Radsport zu tun. „Es gibt mittlerweile ein brutales Niveau, heute fahren oft 80 Mann im Pulk am Anschlag einen Berg hinauf. Als ich vor zwölf Jahren angefangen habe, war das noch ganz anders“, sagt Stefan Denifl, der Titelverteidiger, der wegen seines Sturzes in der vergangenen Woche passen muss.

Quoten Durchschnittlich 197.000 Zuschauer (Spitze: 237.000) bei der Tageszusammenfassung am Samstag, 167.000 (182.000) am Sonntag in ORF eins, die Verantwortlichen  sind hochzufrieden. „Das haben wir noch nie gehabt“, sagt Pressechef Martin Roseneder. Auch der Livestream, heuer mit neuer Technologie und besserer Infrastruktur, verzeichnet hohe Zugriffszahlen, „selbst aus Mexiko“, sagt der erfreute Vorarlberger Martin Böckle, der mit seiner Firma  für die Produktion verantwortlich ist.

Rekorde In 19:33 Minuten wurde am Montag das Kitzbüheler Horn von Marco Mattlschwaiger erklommen,  Stefan Denifls Vater Ernst, 1996 bei Olympia in Atlanta auf dem Mountainbike unterwegs,  blieb auf dem Tandem nur wenig über dem inoffiziellen Rekord von 28:24 Minuten, den  Thomas Rohregger  vor elf Jahren aufgestellt hat. Der Haken daran: Die Herren waren auf E-Bikes unterwegs. Ben Hermans brauchte 29:23 Minuten, Hermann Pernsteiner 29:32.

Querelen Dass Tourdirektor Franz Steinberger am Sonntagmittag persönlich eine Supermarkt-Ausfahrt in Landeck absperrte, lag an kurzfristigen Auflagen des Landes Tirol. Die Freude hielt sich in Grenzen, „wir haben ein seit Jahrzehnten erprobtes Konzept und 960 Leute im Einsatz“. Immerhin: Es wird diskutiert über den Sinn mancher Vorschriften.

Ausblick Am Dienstag folgt - zumindest auf dem Papier - eine Verschnaufpause, wenn von Kitzbühel via Pass Thurn, Felbertauern und Lienz Prägraten am Großvenediger angesteuert wird. Die Mittwoch-Etappe von Matrei via Felbertauern und Fusch zum Fuschertörl an der Großglockner-Hochalpenstraße (2428 Meter) wird dann wieder ein brutales Ausscheidungsrennen.

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