Wie der Neuling die Formel 1 auf den Kopf stellt

Im Vorwärtsgang: Haas-Pilot Romain Grosjean
Das neue Team des US-Millionärs Gene Haas ist schnell, mutig und revolutionär.

Als die stolze Automobil-Nation USA nach dreißig Jahren in die Formel 1 zurückkehrte, gab es zunächst verwunderte Blicke – und bitterböses Gelächter. Bei der Präsentation des ersten Boliden des neuen Haas-Rennstalls im Februar fiel auf einer Wagenseite die spiegelverkehrt lackierte US-Flagge auf. Was viele für einen peinlichen Irrtum hielten, ist ein eindeutiges Statement.

Die Sterne auf der Flagge sollen immer in Fahrtrichtung zeigen – wie es auch bei US-Militärfahrzeugen Tradition ist. Das Lachen ist einigen vergangen. Mit dem sechsten Platz durch Romain Grosjean beim Auftaktrennen in Melbourne ist der Haas-Rennstall schnurstracks in das Mittelfeld der Königsklasse vorgestoßen, auch beim zweiten Grand Prix des Jahres in Bahrain am Sonntag (17 Uhr MESZ) werden dem Neuling Punkte zugetraut.

Allerdings handelt es sich bei der in North Carolina ansässigen Renngemeinschaft um keinen gewöhnlichen Einsteiger. Die Neuen wissen, wie Motorsport funktioniert. Seit fast 15 Jahren kreisen die Boliden von Gene Haas an der Spitze der populären NASCAR-Serie in den USA. Der Motorsport ist seine Leidenschaft. Dem teuren Hobby des 62-Jährigen kommt entgegen, dass er mit der Herstellung von Industrie-Werkzeugen ein ansehnliches Vermögen zusammengetragen hat. "Wir sind nicht abhängig von Preisgeldern oder zwingend angewiesen auf Sponsoren, um an den Start zu gehen", sagt er.

Hoffnung

Solche Sätze hört man nicht mehr oft in der Formel 1. Neben den wenigen großen Herstellern wie Mercedes oder Renault und den vielen chronisch unterfinanzierten Privatteams gilt der neue Haas-Rennstall als Hoffnungsschimmer für die Rennserie.

Mit dem Einstieg der Amerikaner verabschiedet sich die Formel 1 allmählich von ihrer anspruchsvollen Maxime, jedes Team müsse sein Auto selbst bauen. Seit diesem Jahr ist es erlaubt, mehr als nur den Motor anzukaufen. "Wir sind keine Konstrukteure", sagt Haas. "Die Formel 1 ist ein kniffliges Geschäft. Und wie in jedem kniffligen Geschäft ist es eine gute Idee, sein Handwerk von anderen zu lernen."

Wie der Neuling die Formel 1 auf den Kopf stellt
FONTANA, CA - MARCH 20: Kevin Harvick, driver of the #4 Jimmy John's Chevrolet, leads a pack of cars during the NASCAR Sprint Cup Series Auto Club 400 at Auto Club Speedway on March 20, 2016 in Fontana, California. Jeff Gross/Getty Images/AFP ++ KEINE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGS-BEILAGEN! NUR REDAKTIONELLE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGEN, TAGESAKTUELLER TV-BERICHTERSTATTUNG (AKTUELLER DIENST) UND DIGITALEN AUSSPIELKAN€LEN (WEBSITES/APPS) IM UMFANG DER NUTZUNGSVEREINBARUNG. S€MTLICHE ANDERE NUTZUNGEN SIND NICHT GESTATTET.++
Haas lernt von Ferrari. Mit der Scuderia ist der Neuling eine enge Kooperation eingegangen. Neben Motoren oder Elektronik gab es von den Italienern auch einen Piloten: Der Mexikaner Esteban Gutiérrez stammt aus dem Nachwuchsprogramm von Ferrari. "Man kann in der Formel 1 nichts Besseres bekommen als Ferrari", ist Haas überzeugt. Auf Einkaufstour war er nicht nur in Italien: Von jedem anderen Team wurde zumindest eine Fachkraft abgeworben. Sie hören auf die Anweisungen von Günther Steiner. Der Südtiroler arbeitete bei Red Bull erst in der Formel 1, um später den Konzern im NASCAR-Sport zu etablieren.

Begeisterung

Gene Haas gibt zu, dass zwischen der Formel 1 und dem US-Rennsport Welten lägen: "Die pure Komplexität der Formel-1-Autos, die schiere Größe unserer Aufgabe, das ist etwas komplett anderes." Seine Landsleute glaubt er dafür begeistern zu können: "In den USA wollen sie sehen, ob wir die Europäer in einer ihrer Sportarten schlagen können. Und falls nicht, wie schlimm wir scheitern."

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