Séb Superstar

Séb Superstar
World Rallye Championship (WRC): Sébastien Loeb setzt nach wie vor die Maßstäbe und peilt seinen bereits 8. Titel an.

Jedes Jahr, mitten im finnischen - nur 90 Tage dauernden - Hochsommer, verwandelt sich Jyväskylä in ein Tollhaus. Dagegen ist selbst die Hahnenkammwoche im Jänner in Kitzbühel ein Lercherl, und das will was heißen. Es ist Rallye und die 130.000-Einwohner-Stadt befindet sich im Ausnahmezustand: Polizei, Rettung und Ärzte-Notdienst machen 24-Stunden-Dienste, in der Fußgängerzone im Zentrum der Stadt herrscht drangvolles Geschiebe, die Schanigärten der unzähligen Beiseln sind brechend voll, überall wird gefeiert und getrunken, solange, bis absolut nichts mehr geht. Einheimische verbrüdern sich mit bis dahin wildfremden Rallye-Touristen, die, laut die Namen ihrer jeweiligen Favoriten skandierend, rotgesichtig und wankend durch die Straßen ziehen.

Klassiker

Diejenigen, die es halbwegs durch die milchigweißen, angenehm lauen Nächte geschafft haben und am nächsten Tag einigermaßen dem Rallyegeschehen folgen können oder wollen, erleben eine Finnland-Rallye klassischen Zuschnitts mit irrwitzig weiten Highspeed-Flügen über 1000 Kuppen und 200-km/h-Vollgaspassagen auf staubigen Schotterstraßen.

Neben diesen Finnland-Spezifika erleben die 350.000 Zuschauer den WM-Lauf im sommerlichen Norden aber auch als Spiegelbild der laufenden Saison: An der Spitze geigt ebenso unangestrengt wie ungefährdet - so scheint es wenigstens - Sébastien "Super Séb" Loeb. Knapp dahinter arbeitet Jungstar Sébastien Ogier heftig an der Demontage der Legende Loeb. Der Südfranzose gilt als Protegé von Citroën-Sportchef Olivier Quesnel, ein Umstand, der der Karriere des 27 Jahre alten Ogier nicht unförderlich war (und ist). Die Brisanz des Stallduells ist offenkundig: Auf der einen Seite der siebenfache Champ Loeb, der nun bei 66 WM-Gesamtsiegen hält, auf der anderen Seite Herausforderer Ogier (bisher 5 Siege und 3. in Finnland), erst in der 3. WM-Saison, aber schon zum Titelkanditaten gereift. Dazu kommt, dass Insider der Quertreiber-Branche stock und steif behaupten, dass Loeb nach 145 WM-Einsätzen - alle auf Citroën - auf der Suche nach neuen Herausforderungen ist.

Loeb selbst hält sich über seine Zukunft bedeckt ("I don't know"). Aber allein die Tatsache, dass mit VW ab 2013 (neben Citroën, Ford und Mini) ein 4. Hersteller in die WM einsteigt, beflügelt Kaffeesudleser zu der Annahme, dass der in der Schweiz lebende Elsässer, der die Rallye Finnland als einziger Nicht-Skandinavier soeben zum zweiten Mal gewonnen hat, so gut wie fix bei den Deutschen ist. Das ist natürlich blanker Unsinn, auszuschließen ist es aber auch wieder nicht.

So oder so - Sébastien Ogier hat ohnehin nur ein Ziel: Loeb zu schlagen und nach dessen Abgang - ob in die Pension oder zu einem anderen Hersteller - selbst Weltmeister zu werden.

Noch aber ist es nicht so weit. In der zweiten Saisonhälfte stehen noch fünf WM-Läufe auf dem Programm, darunter mit Deutschland, Frankreich und Spanien drei auf Asphalt. Laufen die für Loeb nach Plan, hat die Konkurrenz nichts zu lachen: Ist doch "Super Séb" auf festem Untergrund seit dem Jahr 2004 ungeschlagen.

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