Hamilton: „Im Auto fühle ich mich daheim“

Mercedes Formula One driver Lewis Hamilton of Britain looks on in the garage during the third practice session of the Canadian F1 Grand Prix at the Circuit Gilles Villeneuve in Montreal June 8, 2013. REUTERS/Chris Wattie (CANADA - Tags: SPORT MOTORSPORT F1)
Lewis Hamilton über Zwänge und Ruhm, das Chaos und warum er selten Zeitung liest.

Lewis Hamilton wartet bereits auf den KURIER. Donnerstagnachmittag im Motorhome seines Rennstalls Mercedes, 1. Stock, „nur mit Einladung“ steht unten am Beginn der Stufen. Der 28-jährige Engländer lehnt am Fenster und blickt hinunter ins Fahrerlager. Hamilton ist eine der großen Nummern in der Formel 1, im Sport. Weltmeister von 2008, der erste mit dunkler Haut. Sein Jahresverdienst wird auf über 20 Millionen Euro geschätzt.

„Es ist mir eine Freude“, sagt er und setzt sich. „Ich habe es sehr genossen“, wird er am Ende sagen. Zwanzig Minuten liegen zwischen diesen Sätzen. Hamilton spricht leise, aber überlegt. Nur eines ist tabu: die On-Off-Beziehung mit Popstar Nicole Scherzinger (aktuell: off).

KURIER: Mister Hamilton, fühlen Sie sich als Weltstar?
Lewis Hamilton:
Ganz ehrlich: Ich fühle mich nicht als Star.

Was macht einen Star aus?
Das sind Persönlichkeiten wie Muhammad Ali oder Nelson Mandela. Menschen, die etwas hinterlassen haben.

Wie gehen Sie mit dem Rummel um Ihre Person um?
Am Anfang kommt das einem alles unwirklich vor. Aber du gewöhnst dich daran. Ich empfinde es als nicht so schlimm wie vermutlich ein Popstar. Es gibt ein paar Plätze und Zeitpunkte, wo es zu viel wird. Aber der Ruhm ist auch ein Privileg.

Wie erging es Ihnen damit als junger Fahrer?
Ich hatte zu kämpfen.

Was haben Sie in dieser Zeit gelernt?
Die Zeit arbeitet für einen. Du wirst reifer, lernst, deine Rolle besser anzunehmen, und verstehst wie die Sachen laufen müssen, damit du deinen Job erledigen kannst.

Hätten Sie sich damals mehr Führung gewünscht?
Definitiv nicht. Es ist einfach eine von vielen Erfahrungen, die du in der Formel 1 machen musst.

In einigen Interviews haben Sie gemeint, Ihr Leben sei früher ein Chaos gewesen ...
Das war es auch. Die Umstellung war gewaltig. In den Nachwuchsklassen hast du über Jahre deine gewohnte Umgebung und bist gut behütet. Und von einem Jahr zum anderen wirst du in diese grelle Welt geworfen und musst überleben.

Warum haben Sie Ihren Wohnsitz von der Schweiz nach Monaco verlegt?
Ich mag es, am Meer zu sein. In der Schweiz war ich zwar in der Nähe eines Sees, doch ich kannte niemanden dort. Das bisschen Freizeit will ich mit Freunden und der Familie teilen. Die Schweiz ist ein wunderschöner Ort, doch mit Deutsch hab’ ich mir schwer getan.

Wie schalten Sie nach einem Rennen oder einer Saison ab? Oder brauchen Sie auch privat den Trubel wie im Fahrerlager?
(blickt aus dem Fenster) Ich empfinde es nicht sonderlich hektisch hier.

Macht es Spaß?
Spaß würde ich es jetzt auch nicht nennen. Das Fahrerlager ist nicht der aufregendste Platz, den ich mir vorstellen kann. Es laufen Jahr für Jahr die selben Leute auf und ab (blickt erneut aus dem Fenster). Und jetzt gerade sind auch keine schönen Frauen unterwegs (lacht). Der coole Teil am Fahrerlager ist, dass es für mich der Weg zu meinem Auto ist.

Was fühlen Sie in einem Formel-1-Auto?
Ich fühle mich daheim, in totaler Kontrolle und, glauben Sie es oder nicht, entspannt. Im Auto bin ich frei.

Welche Rolle spielt das Ego für einen Fahrer in der Formel 1?
Ich würde es nicht Ego nennen, sagen wir Selbstvertrauen. Jeder Fahrer in der Formel 1 hat davon eine Menge, sonst wäre er nicht hierhin gekommen.

Wie schwierig war der Schritt, den McLaren-Rennstall nach 14 Jahren zu verlassen?
Es war ein gewaltiger Schritt. Ich kam zu einer Gabelung in meinem Leben und habe entschieden, die Richtung zu ändern. Davor ist es immer geradeaus gegangen.

McLaren hatte Ende letzten Jahres eines der schnellsten Autos im Feld. Hatten Sie Sorge beim Wechsel zu Mercedes?
Eine Entscheidung, egal welche, ist immer mit Risiko verbunden.

Aktuell stellt Mercedes eines der schnellsten Autos. Sind Sie der gemeinsame Nenner?
Ich bin sicher einer der Faktoren, deswegen haben sie mich ja geholt. Der Hauptgrund, warum das Auto so schnell ist, liegt aber in der Fabrik in Brackley.

Wie weit entfernt sind Sie von Ihrem zweiten WM-Titel?
Ich habe leider keine Ahnung. Du musst demütig sein und hart arbeiten. Und wenn sich die Chance ergibt, dann musst du zuschlagen.

Wie bewerten Sie den Konflikt, der zuletzt zwischen ihrem Team und Red Bull entfacht ist?
Die Formel 1 ist ein harter Wettkampf. Das Rundherum ist Thema für die Medien.

Bekommen Sie das mit?
Kaum. Es interessiert mich auch nicht. Ich lese nichts über die Formel 1. Warum auch? Ich lebe in dieser Welt und sehe alles, was sich darin abspielt. Ich muss an einem Rennwochenende so viel Information aufnehmen: über das Auto, die Strecke. Da ist zum Glück nicht mehr viel Platz. Erst recht nicht für Überflüssiges.

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