Berger: "Red Bull braucht zwei Siegfahrer"

Berger: "Red Bull braucht zwei Siegfahrer"
Der ehemalige F1-Pilot Gerhard Berger erwartet ein WM-Duell zwischen Vettel und Alonso.

Die Formel 1 hat ihn wieder gepackt. Hatte Gerhard Berger einst Monaco während des Grand-Prix-Wochenendes den Rücken gekehrt, so fühlt sich der Ex-Pilot dieser Tage wieder wohl im Fahrerlager. Vor dem Klassiker in seiner Wahlheimat sprach der 53-jährige Tiroler mit der APA über Reifen als Bremsklötze, die herausragenden Piloten der bisherigen Saison und sein Ex-Team Toro Rosso.

Unter den besonderen Gegebenheiten dieser Saison: Wer ist für Sie am Wochenende in Monaco der Favorit?
Gerhard Berger: Mit Alonso ist sehr, sehr stark zu rechnen. Dazu die beiden Mercedes, vor allem Nico Rosberg. In Monaco, auf dieser engen Runde, ist er ganz vorne zu sehen. Im Rennen wird Mercedes zwar die üblichen Reifenprobleme haben, aber es ist schwer zu überholen. Daher könnte es zu meistern sein, dass man vorne bleibt. Dazu kommen Vettel im Red Bull, aber auch die beiden Lotus. Es kommen fünf bis sechs Leute infrage, da gibt es keinen klaren Favoriten."

Derzeit dominieren die Reifen die Formel 1. Können Sie die Diskussionen um das Ausmaß der Nachbesserungen nachvollziehen?
Da prallen verschiedene Interessen aufeinander. Grundsätzlich soll es nicht so sein, dass der Reifen entscheidet, wer ein Rennen gewinnt oder gewinnen darf - auch nicht das Einteilen der Reifen. Einige Topteams haben Probleme, andere haben es aber gut hingebracht, zum Beispiel Lotus. Für die wäre es schade, wenn man sie für ihre gute Arbeit bestraft.

Inwiefern könnte die aktuelle Situation auch dem Image der Formel 1 schaden?
Es kann nicht sein, dass die Teams Millionen in Motoren und Aerodynamik investieren, und dann der Fahrer durch die Reifen gezwungen wird, langsam zu fahren. Wir wollen den schnellsten Fahrer und das schnellste Team sehen. Dazu kommt der Sicherheitsaspekt. Es sind schon große Reifenbrocken herausgebrochen, da ist auch die FIA gefordert.

Lassen wir die Reifen außen vor. Welcher Pilot hat Sie fahrerisch in dieser Saison bisher am meisten überzeugt?
Vielleicht Räikkönen. Er hat die Performance aus dem letzten Jahr bestätigt. Außerdem ist es sehr interessant, was Rosberg bei Mercedes gegen Hamilton macht. In den vergangenen Jahren hat er etwas überraschend Schumacher geschlagen und jetzt ist er auch dabei, sich Hamilton vorzuknöpfen. Und dann sind da die Superstars Alonso und Vettel, die immer dabei sind. Ich habe von Anfang an gesagt, dass die WM wieder ein Duell zwischen den beiden wird.

Was wird dieses Duell entscheiden?
Wenn das Thema mit den Reifen ausgeglichen wird, dann geht es um die Weiterentwicklung. Da hat Red Bull mit (Technikchef) Adrian Newey besondere Fähigkeiten. Sie bringen sehr schnell Neuentwicklungen, können gut auf Situationen reagieren. Um wirklich gute Aussagen treffen zu können, muss man aber das übernächste Rennen in Kanada abwarten.

Nach Monaco werden die Reifen leicht geändert. Ist das Rennen deswegen für den restlichen Saisonverlauf nicht wirklich aussagekräftig?
Dieses Rennen ist speziell, da kann man nur wenig herauslesen. Ab Kanada muss man schauen, wie nahe Ferrari an der Performance von Red Bull dran ist. Dann hat man ein besseres Bild. Ferrari hat bisher ein bisschen Pech gehabt, daher ist das Bild noch etwas verzerrt.

Wie beurteilen sie die bisherigen Leistungen ihres Ex-Teams Toro Rosso?
Sie sind im Kommen. Sie haben den Turnaround geschafft, nachdem es davor seitwärts bzw. rückwärts gegangen ist. Mit dem neuen Chefdesigner (Luca Furbatto/Anm.) haben sie die richtige Form gefunden, eine richtige Dynamik. Es wird noch weiter aufwärts gehen. Für Toro Rosso ist noch viel möglich.

Wäre einer der beiden Fahrer kommende Saison schon für das Hauptteam von Red Bull bereit?
Dazu brauchen sie vielleicht noch ein Jahr Aufbauarbeit bei Toro Rosso. Man muss ihnen, Ricciardo und Vergne, die Zeit geben, sich richtig in diesem Geschäft zu festigen. Derzeit käme es für sie noch etwas zu früh. Bei Red Bull müssen beide Piloten absolute Siegfahrer sein. Ob einer der beiden Jungen das schon drauf hat, wird man in der zweiten Saisonhälfte sehen. Jetzt ist es noch etwas zu früh, um darüber zu urteilen.

Ist Kimi Räikkönen ein solcher Siegfahrer?
Definitiv, Kimi wäre eine sehr gute Option.

(Das Gespräch führte Florian Haselmayer/APA in Monaco)

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