Zwei Rivalen in Lauerstellung

Auch nach der Sommerpause bleiben Rosberg und Hamilton in Spa-Francorchamps das Maß der Dinge.

Vier Wochen sind vergangen seit dem Donnerwetter in Ungarn, das sich zunächst über der Rennstrecke entladen und für spektakuläre Szenen gesorgt hatte, später aber zunehmend in die Mercedes-Boxen verlagerte. Lewis Hamilton hatte die Weisung ignoriert, den Teamkollegen Nico Rosberg überholen zu lassen. Der Brite wurde schließlich Dritter, WM-Leader Rosberg Vierter. Es folgte ein neuer Höhepunkt des internen Konflikts beim vermeintlichen Weltmeister-Team 2014 und – die Sommerpause.

Doch die reinigende Wirkung der kurzen Motorsport-Ferien scheint sich nicht wirklich eingestellt zu haben. Die zweite Saisonhälfte, die mit dem Grand Prix in Spa am Sonntag startet, beginnt, wie die erste geendet hat: Mit Widersprüchen bei Mercedes. Man habe sich zusammengesetzt, die Situation sei besprochen, sagt der 29-jährige Deutsche Rosberg. "Ich richte den Blick nach vorne." Kryptischer Nachsatz: "Ich habe einiges gelernt, was ich in der Zukunft anwenden kann." Auf Nachfragen, was er damit meine, entgegnete Rosberg: "Ich will da nicht ins Detail gehen."

Auch Lewis Hamilton hielt sich in Belgien mit ausschweifenden Kommentaren zu den Vorfällen am Hungaroring zurück. Eine Aussprache hätte es seiner Meinung nach zwar nicht gegeben, für ihn sei aber trotzdem alles geklärt, ließ der Weltmeister von 2008 wissen: "Es gibt keine Spannung und keine negative Stimmung. Ich bin hier hergekommen mit einer klaren Vorstellung davon, was zu tun ist", sagte der Brite gewohnt cool.

Silberne Dominanz

Was zu tun ist, um Rennen zu gewinnen, das weiß im Moment kein Team besser als Mercedes. Elf von 19 Rennen sind absolviert, nur zwei Mal stand am Ende kein Silberpfeil-Pilot am obersten Treppchen, stattdessen der Australier Daniel Ricciardo (Red Bull). Auf 174 Punkte in der Konstrukteurswertung ist der Vorsprung auf das österreichische Team rund um Sebastian Vettel mittlerweile angewachsen. Der Vierfach-Weltmeister hatte am ersten Tag nach der Sommerpause Pech: Nach elf Runden war sein Renault-Motor defekt, Vettel musste auf die zweite Session verzichten. Um kein Risiko einzugehen, wurde für das Qualifying (14 Uhr, ORFeins) auf ein älteres Modell gewechselt.

An der Spitze blieb auch in Belgien alles beim Alten und Mercedes das Maß der Motorsport-Dinge. Lewis Hamilton erzielte am Freitagnachmittag die Trainingsbestzeit (1:49,189) vor dem Kollegen Rosberg. Damit hatte sich die Reihenfolge vom Vormittag umgekehrt, der teaminterne Kampf um die WM-Führung geht in Belgien in die zwölfte Runde.

Elf Punkte Vorsprung bringt Rosberg zum Rennen auf den 7,004 Meter langen Kurs in den Ardennen mit. Auf jene Strecke, die mit der legendären Eau Rouge Rennfahrer-Herzen höherschlagen lässt. Auch jenes von Verfolger Hamilton, der den Grand Prix von Belgien bereits einmal gewinnen konnte (2010) und zwei Mal Dritter wurde (2008, 2013). "Ich liebe diese Strecke", sagt der Brite, dessen Vorsatz klar ist: "Ich habe in Spa noch nicht so oft gewonnen wie ich es gerne hätte."

Zumindest in der Spa-Wertung hat Hamilton die Nase vorne, Rosberg wartet noch auf einen Podestplatz. Der scheint bei der derzeitigen Dominanz aber nur eine Frage der Zeit, denn auf dem Weg zum nächsten Doppelerfolg können sich die Mercedes-Piloten wohl nur selbst stoppen – beziehungsweise gegenseitig. Dann wäre das nächste Donnerwetter aber vorprogrammiert.

Die Formel 1 ist eine Welt der Zahlen. Die meisten davon sind ziemlich groß. Ein Überblick über die erste Hälfte der Saison 2014 in Zahlen:

10 Millionen Euro. So viel musste Rennserien-Vermarkter Bernie Ecclestone zahlen, damit das Verfahren wegen Bestechung gegen ihn in München eingestellt wird.

11.800 Euro Strafe. Die Fahrer und Teams kamen in den ersten elf Rennen des Jahres vergleichsweise billig davon. Spitzenreiter sind Esteban Gutierrez und Susie Wolff, die jeweils 2000 Dollar in die FIA-Kasse zahlen mussten, für zu schnelles Fahren in der Boxengasse. Von den Teams musste bis jetzt nur Toro Rosso bezahlen: 30.000 Euro für ein loses Rad.

1412,9 Kilometer. Die Rangliste des fleißigsten Spitzenreiters führt Rosberg vor Hamilton (1365,2 km) und Daniel Ricciardo (153,3 km) an.

463. 2013 stoppten die Fahrer in den ersten elf Rennen noch 637-mal.

45 Ausrutscher. Die meisten Unfälle, Dreher, Verbremser und Ausrutscher hat Pastor Maldonado. Der Lotus-Pilot landete 45-mal neben der Strecke. Dicht gefolgt von seinem Teamkollegen Romain Grosjean (37), was dafür spricht, dass der Lotus E22 nicht ganz unschuldig an der hohen Fehlerquote ist. Musterknabe in der Beziehung ist Jenson Button mit nur 8 Ausrutschern.

36 Runden. So lange wurde das Feld bisher vom Safety Car angeführt. Zum Vergleich: Im letzten Jahr hatte Bernd Mayländer zum gleichen Zeitpunkt 30 Runden an der Spitze gedreht.

30,135 Sekunden. Lewis Hamilton war in Silverstone der Sieger mit dem größten Vorsprung (auf Bottas). Der WM-Zweite hält auch den Rekord des kleinsten Vorsprungs: In Spanien trennten ihn 0,636 Sekunden von Nico Rosberg.

23 mal Schnellster. Zählt man alle Trainings zusammen, war Lewis Hamilton der schnellste Fahrer. Der Engländer stand insgesamt 23-mal ganz vorne. Rosberg folgt mit 13 Bestzeiten. Sonst wurde nur noch Fernando Alonso mit vier schnellsten Trainingsrunden auffällig. Titelverteidiger Sebastian Vettel konnte erst eine Bestzeit verbuchen – dafür noch keinen Führungskilometer.

11 mal platziert. Fernando Alonso ist der zuverlässigste Fahrer im Feld. Der Spanier hat immer gepunktet. 3309 Rennkilometer sind der Beweis dafür. Jenson Button kommt auf 3285, Daniel Ricciardo auf 3271 Kilometer. Esteban Gutierrez sah am seltensten die Zielflagge. Nur fünf Mal bei elf Starts.

6 Polepositions. Nico Rosberg ist mit sechs Trainingsbestzeiten König der Polepositions. Dazu passt auch der beste Schnitt aller Startplätze. Rosberg ging im Mittel der elf Grands Prix von Startplatz 1,91 ins Rennen. Der zweitplatzierte Daniel Ricciardo von Platz 5,09 und Lewis Hamilton bisher im Schnitt von Rang 6,09.

5 Boxen-Stopp-Bestzeiten. Die beste Boxen-Crew hat bisher Red Bull, mit fünf Bestzeiten. Die zuverlässigste ist die von Ferrari: Bislang ging kein Boxenstopp im roten Lager schief. Die zweifelhafte Ehre der meisten Boxenpannen teilen sich Williams und Marussia mit je drei Schnitzern.

5 mal Top-Speed. Williams hat dafür die schnellsten Autos auf der Geraden. In fünf von elf Trainings und sieben von elf Rennen erzielte ein Williams den höchsten Topspeed.

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