Teamchef Ross Brawn verlässt Mercedes

Lange wurde über den Abgang des Briten spekuliert, am Donnerstag bestätigte ihn Niki Lauda.

Mercedes muss den größten Umbruch der jüngeren Formel-1-Geschichte ohne den bewährten Teamchef Ross Brawn meistern. Der Abschied des 59-jährigen Briten per Jahresende wurde am Donnerstag vom Werksteam offiziell bestätigt. Der 59-Jährige hatte den Mitarbeitern seine Entscheidung bereits am Mittwoch verkündet.

"Es ist klar, dass man jemanden nicht aufhalten kann, wenn er sich dazu entschlossen hat zu gehen", sagte Team-Aufsichtsratschef Niki Lauda. Der 64-jährige Österreicher hatte vergeblich versucht, Brawn zum Bleiben zu bewegen.

Offenbar konnte sich Brawn mit der Mercedes-Führung um Lauda und Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nicht über seine künftige Rolle einigen. Die Mercedes-Vertreter wollen die Macht im Team demnach auf mehrere Schultern verteilen, deshalb werden der ehemalige McLaren-Technikchef Paddy Lowe und Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff eine Doppelspitze bei dem Werksteam bilden.

Der personelle Umbau trifft den Rennstall in einer sensiblen Phase. Durch die umfassende Regelreform mit neuen Sechszylinder-Turbomotoren bietet die kommende Saison die große Chance, Sebastian Vettels Red-Bull-Team an der Formel-1-Spitze abzulösen. Zugleich birgt die Technik-Revolution aber auch das Risiko, kapital zu scheitern.

Auch deshalb hatte Österreichs F1-Legende Lauda zuletzt öffentlich immer wieder betont, um den enorm erfahrenen Brawn kämpfen zu wollen. Der Top-Ingenieur hatte einst den deutschen Rekordchampion Michael Schumacher zu all seinen sieben WM-Titeln geführt und wird in der Branche als "Superhirn" verehrt.

Er habe alles versucht, "ihn zum Bleiben zu bewegen", versicherte Lauda. Bis zum Saisonfinale in Brasilien am vergangenen Sonntag gab er dem Teamchef Zeit für einen endgültigen Entschluss. Doch Brawn wollte nicht mehr. Seine Meinung, dass nur ein Chef die Richtung in einem Formel-1-Team vorgeben kann und für alles die Verantwortung trägt, kollidierte mit den Vorstellungen der Abgesandten des schwäbischen Autobauers.

Brawn hatte sein Weltmeister-Team nach der Saison 2009 an Mercedes verkauft, aber die Rolle des Teamchefs behalten. Nach drei frustrierenden Jahren mit dem reaktivierten Rekordchampion Schumacher gelang in dieser Saison die Wende und die Fahrt auf Platz zwei der Konstrukteurswertung. Dennoch entschied sich Brawn nun gegen eine Verlängerung seines Vertrags. Seine Zukunft ist offen.

Honda

Schon vor Wochen hatte es Spekulationen gegeben, Brawn werde wieder zu Honda gehen. Der japanische Autohersteller kehrt 2015 als Motorenlieferant für McLaren in die Formel 1 zurück. 2008 hatte Brawn als Teamchef den damaligen Honda-Rennstall in der Königsklasse geführt, ehe er das Team kaufte und prompt zum Titel führte.

Aber auch andere Optionen für Brawn werden diskutiert. Williams, McLaren und Ferrari wurden als Interessenten gehandelt. Sogar eine Rolle beim Internationalen Automobilverband (FIA) gilt als möglich. Denkbar ist aber auch, dass der passionierte Angler und Rosenzüchter wie schon 2007 nach seiner Zeit bei Ferrari eine längere Auszeit nimmt oder sogar ganz aufhört.

Geboren: 23. November 1954 in Manchester
Familienstand: verheiratet mit Jean, zwei Töchter Helen und Amy
Hobbys: Fliegenfischen, Rosenzüchten
Ausbildung: Ingenieur-Ausbildung als Maschinentechniker in der
Forschungsabteilung der britischen Atomenergie-Behörde
Besonderes: Ehrendoktorat der Brunel University in London für
Verdienste um den Motorsport (Verleihung 2006)

Karriere in der Formel 1:
1976-1977: Mechaniker bei March
1978: Mechaniker bei Williams
1979-1983: Aerodynamiker bei Williams
1984-1985: Aerodynamikchef bei Lola
1986-1988: Chefdesigner bei Arrows
1991-1996: Technischer Direktor bei Benetton
1997-2006: Technischer Direktor bei Ferrari
2008: Teamchef bei Honda
2009: Teambesitzer und Teamchef von Brawn GP
2010-2013: Teamchef von Mercedes
Anmerkung: Brawn hatte sein Weltmeisterteam nach der Saison 2009 an Mercedes verkauft

Größte Erfolge in der Formel 1:
* Sieg im ersten Grand Prix als Teambesitzer von Brawn GP (Jenson Button 2009 in Australien)
* 7 Fahrer-WM Titel als Technischer Direktor (1994, 1995, 2000, 2001, 2002, 2003, 2004/alle mit Michael Schumacher/GER)
* 1 Fahrer-WM-Titel als Teambesitzer und Teamchef (2009 mit Jenson Button/GBR)
* 7 Konstrukteurs-WM-Titel als Technischer Direktor (1995 mit Benetton, 1999, 2000, 2001, 2002, 2003 und 2004 jeweils mit Ferrari)
* 1 Konstrukteurs-WM-Titel als Teambesitzer und Teamchef (2009 mit Brawn GP)

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