Red Bull fürchtet den Red-Bull-Ring

Helmut Marko (re.) im Gespräch mit Ex-Formel-1-Pilot Gerhard Berger.
"Spielberg ist in der jetzigen Motorensituation das Ärgste, was uns passieren kann", sagt Helmut Marko.

Die Hoffnungen auf eine Überraschung im Heimrennen in zwei Wochen in Spielberg sind bei Red Bull alles andere als größer geworden. Ob der fehlenden Motorenleistung war der frühere Serienweltmeister schon am Sonntag im Formel-1-Grand-Prix von Kanada chancenlos. Auf dem eigenen Ring in der Steiermark entscheidet die PS-Power sogar noch mehr als in Montreal.

"Spielberg ist für uns noch schwieriger. Das Rausbeschleunigen aus engen Kurven und dann relativ lange Geraden, das ist in der jetzigen Motorensituation das Ärgste, was uns passieren kann", erklärte Red Bulls Motorsportdirektor Helmut Marko.

Rückversetzung droht

Dazu dürfte entweder bei Daniil Kwjat oder Daniel Ricciardo bereits der fünfte Motor der Saison eingebaut werden müssen. Das hat ausgerechnet im Heim-Grand-Prix eine Rückversetzung um zehn Startplätze zur Folge. "Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass wir zumindest bei einem Auto wechseln müssen", bestätigte Marko. Zu viele Motorschäden hätte sich Renault in der Anfangsphase des WM-Jahres geleistet.

Die Probleme zu Saisonstart hätten auch das Entwicklungsprogramm der Franzosen durcheinandergewirbelt. Die Standfestigkeit hat Renault mittlerweile zwar im Griff. "Performancemäßig passiert aber überhaupt keine Weiterentwicklung", sagte Marko. Das soll sich in den kommenden Monaten ändern. Dank Umstrukturierungen hofft der Steirer, dass es bei Renault "zukünftig in die richtige Richtung geht".

Für Spielberg kommen die Verbesserungen aber viel zu spät. "Wir werden beim Chassis alles versuchen, was möglich ist", versprach Marko. "Aber das sind nur Nuancen." Zu groß ist die Ernüchterung, trotz flacherer Flügel auf den Geraden von der Konkurrenz stehengelassen zu werden.

In Kanada schauten lediglich zwei WM-Punkte für Platz neun durch Kwjat heraus. Vorjahressieger Ricciardo landete gar nur auf Rang 13. Seinen Fahrern machte Marko aber keinen Vorwurf. "Wir müssen grundsätzliche Überlegungen anstellen", erklärte der Motorsportchef. Welche, wollte er nicht verraten. Der Vertrag mit Motorenpartner Renault läuft bis Ende 2016.

Die Mercedes-Dominanz hat auch in Kanada kein Ende genommen. Der Formel-1-Grand-Prix von Österreich in zwei Wochen in Spielberg verspricht dennoch Spannung. Ferrari hat Fortschritte gemacht, auch wenn sie in den Ergebnislisten noch nicht erkennbar sind. Erstmals in dieser Saison blieben die Italiener ohne Podestplatz. Das war aber nicht dem neuen Motor, sondern besonderen Umständen geschuldet.

Red Bull fürchtet den Red-Bull-Ring
epa04788748 Finnish Formula One driver Kimi Raikkonen of Scuderia Ferrari in action during the 2015 Formula One Grand Prix of Canada at the Gille Villeneuve circuit in Montreal, Canada, 07 June 2015. EPA/VALDRIN XHEMAJ
In der Steiermark rechnet Mercedes mit einem weiteren Angriff der Roten. "Wir dürfen Ferrari nicht unterschätzen", betonte Motorsportchef Toto Wolff vor der Abreise aus Montreal. "Wir haben hier nicht ihre wahre Performance gesehen. Ich bin sicher, sie kommen in Spielberg zurück. Wir müssen vorsichtig bleiben. Die Situation ist knapper, als es nach außen aussieht."

WM-Leader Lewis Hamilton nimmt nach seinem Sieg in Kanada 17 Punkte Vorsprung auf seinen Stallrivalen Nico Rosberg mit nach Österreich. Ferrari-Star Sebastian Vettel liegt nach einem von einem verpatzten Samstag zerstörten Wochenende bereits 43 Zähler zurück. Ein verbesserter Motor gibt der Scuderia aber Hoffnung. "Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, die Lücke zu schließen", sagte Vettel. "Man darf aber nicht gleich einen Quantensprung erwarten."

Mercedes mit Vorsprung

Derzeit scheint Mercedes noch mehr als einen Schritt voraus. Hamilton und Rosberg fuhren den Doppelsieg in Kanada sicher nach Hause. Für Hamilton war es ein kleiner Befreiungsschlag, hatte er sich seinem Teamkollegen doch zuletzt zweimal in Folge beugen müssen. An sich selbst gezweifelt habe er aber nie. Hamilton: "Ich war schon am Rennwochenende davor der Schnellste."

In Monte Carlo kostete ihn allerdings ein Strategiefehler den sicher scheinenden Triumph. Umso mehr stand Mercedes in Montreal im Fokus. "Wir haben nach Monaco wirklich viel Kritik einstecken müssen, obwohl wir die allermeisten Rennen gewonnen haben. Wir haben den Weltmeistertitel eingefahren und die Leute haben plötzlich geglaubt, wir sind ein Haufen voller Idioten", erinnerte Wolff. "Das war schwierig zu verdauen."

Die Antwort folgte mit einer fehlerlosen Vorstellung auf der Ile Notre Dame. "Es ist großartig, dass das Team so stark weitergemacht hat. Das ist vielleicht sogar die eindrucksvollste Sache", lobte Hamilton. Allerdings warnte auch der Weltmeister vor der roten Gefahr. Die wahre Pace von Ferrari sei wegen Vettels Problemen verborgen geblieben. "Ich denke, dass wir sie im nächsten Rennen sehen", meinte Hamilton.

Dieses steigt in Spielberg, das freut besonders die österreichische Mercedes-Führung. "Für mich ist das immer ein ganz emotionaler Moment", erklärte Wolff. "Es ist ein schwieriges Rennen zu gewinnen", ergänzte Team-Aufsichtsratschef Niki Lauda. Ihm selbst ist es 1984 gelungen. Beim Comeback der Königsklasse im Vorjahr triumphierte Rosberg in der Obersteiermark.

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