F1-Konzerne wollen Indien-Boom nutzen
Viele wollen von der Formel-1-Premiere in
Indien profitieren: Die Autokonzerne hinter den Teams, das aufstrebende Land selbst und nicht zuletzt Chefvermarkter Bernie Ecclestone. Für die Königsklasse des Motorsports ist dieser neue Markt enorm wichtig, deshalb war sich die Formel 1 noch nie so einig wie diesmal: Es gibt kaum einen wichtigeren Markt für die Konzerne hinter der Motorsport-Königsklasse als Indien.
Längst überfällig erscheint den Teams und ihren Geldgebern die Grand-Prix-Premiere im nach China bevölkerungsreichsten Land der Erde, um endlich am enormen Aufschwung des einst bitterarmen Subkontinents teilzuhaben. "Sehr wichtig" sei das Rennen für Mercedes, bestätigte auch Motorsportchef Norbert Haug der Nachrichtenagentur dpa vor der Premiere am Sonntag in Greater Noida in der Nähe der Elf-Millionen-Einwohner-Metropole Neu Delhi. "Wir wissen, dass die Formel 1 in Indien mit großer Begeisterung empfangen wird."
Für Haugs Arbeitgeber geht es neben sportlichen Aspekten diesmal vor allem auch um zusätzliche Absatzchancen. "Es gibt eine dynamische, wachsende Mittelklasse und ein rasches Marktwachstum für die Autos von Mercedes-Benz", sagte Haug.
Wachstum
Die Zahlen sprechen für sich. Das Wachstum auf dem Markt der Luxuskarossen lag in Indien 2010 im Vergleich zum Vorjahr zwischen 70 und 80 Prozent. Zwar muten die absoluten Zahlen von etwa 15.000 Limousinen bescheiden an, doch für Indien ist der Anstieg gewaltig. Noch liegen keine endgültigen Zahlen für das laufende Jahr vor, doch laut Branchenverband SIAM hält der Boom an. Vor allem dieses Segment wird von deutschen Herstellern dominiert: BMW, Mercedes und Audi.
Mit Hilfe der Formel-1-Präsenz wollen die Schwaben BMW überholen. "Indien ist ein wichtiger und stark wachsender Markt für uns und unsere Kollegen vor Ort werden die Formel-1-Premiere mit unserer Unterstützung entsprechend nutzen", sagte Haug. Mercedes ist der einzig verbliebene deutsche Autobauer in der
Formel 1.
Noch größer sind die Dimensionen bei den verkauften Kleinwagen in Indien: 2010 waren es rund zwei Millionen Neuwagen - ein Plus von 31 Prozent zum Vorjahr. "Für die kommenden Monate erwarten wir eine weitere Steigerung im Bereich von 14 bis 16 Prozent", hatte SIAM-Sprecherin Rinki Verma vor wenigen Monaten angekündigt. Die Erwartung wurde übertroffen. Bisher liegt die Steigerungsrate in diesem Jahr bei über 32 Prozent. Kein Wunder, dass alle Teams den Expansionskurs von Ecclestone unterstützen.
Kein Platz neben Cricket?
"Es ist sicher gut, ein Rennen in einem neuen, aufstrebenden Markt zu haben", sagte etwa Renault-Teamchef Eric Boullier dem Internetdienst "Motorsport-total.com". Besonders überschwänglich äußerte sich die indisch-stämmige Österreicherin Monisha Kaltenborn. "Neue Partnerschaften mit indischen Unternehmen können entstehen, und gleichzeitig erweitert sich die Plattform für die bestehenden Partner um einen bedeutenden Markt", sagte die Sauber-Geschäftsführerin.
Auch für Indien, das neben dem Volkssport Cricket eigentlich kaum Platz für andere Sportarten lässt, ist die Premiere eine Chance. "Der Grand Prix könnte ein Türöffner sein, damit mehr indische Ingenieure und Firmen den Weg in die Formel 1 finden", sagte Kaltenborn.
Trotz des Aufschwungs vom Entwicklungsland zur Wirtschaftsmacht: Noch gibt es große soziale Unterschiede. Während etwa Sahara-Force-India-Teamchef Vijay Mallya gern mit seinen Milliarden protzt, herrscht gerade auch im Moloch Neu Delhi teilweise noch große Armut. Das Pro-Kopf-Einkommen der Inder im Jahr liegt bei nicht einmal 1.000 Euro im Schnitt. Doch auch dort hofft
Mercedes dank der Formel 1 auf Besserung. "Die von der Formel 1 begleitete wirtschaftliche Weiterentwicklung Indiens wird helfen, Arbeitsplätze zu schaffen und Armut zu lindern", sagte Haug optimistisch.
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