Melzer träumt vom Wimbledon-Halbfinale
Fabio Fognini, Julian Reister und Federer-Bezwinger Sergij Stachowskij. Mit drei Vier-Satz-Siegen hat Jürgen Melzer zum fünften Mal in seiner Karriere das Einzel-Achtelfinale bei einem Major-Turnier erreicht. Und nicht zuletzt dank des sensationellen Turnierverlaufs mit vielen frühen Niederlagen der Stars hat der 32-jährige Niederösterreicher bei seinem Lieblings-Event in Wimbledon Lunte gerochen. Denn knackt er am Montag auch den als Nummer 24 gesetzten Polen Jerzy Janowicz, dann ist selbst das Halbfinale keine Utopie mehr.
Normalerweise ist es fast ein Mantra, viele Spieler sprechen nur über den nächsten Gegner, denken von "Runde zu Runde". Doch diesmal kommt man gar nicht daran vorbei. Das bestätigt auch Österreichs Nummer eins. "Es ist so viel darüber gesprochen worden, das kannst du nicht ignorieren. Aber ich weiß, dass Benoit Paire der am höchsten gesetzte (mögliche, Anm.) Spieler wäre, wenn ich Janowicz schlage", gestand Melzer, in dessen Tableau-Viertel neben Federer auch Rafael Nadal (ESP-5), Stanislas Wawrinka (SUI-11) und John Isner (USA-18) vorzeitig gescheitert waren.
Eine solche Chance bietet sich einem freilich nicht so oft. "Wir werden schauen, ob es das Halbfinale wird oder nicht", sagte der Niederösterreicher, der aber den Teufel tun und Janowicz unterschätzen wird. Der 2,03-m-Riese aus Lodz verfügt über krachende Aufschläge und überhaupt ein sehr aggressives Spiel. "Man kann beim Return nur spekulieren, aber auch ihm muss man ein paar mit Pace reinknallen, damit er anfängt, nachzudenken", sieht Melzer diesbezügliche Parallelen zum Match gegen Stachowskij.
Routine
Diese Coolness beschrieb Melzer mit einer kleinen Geschichte vom doch wieder recht verregneten Freitag: "Vor zehn Jahren wäre ich wahrscheinlich nicht in mein Apartment gegangen und hätte mich für 45 Minuten hingelegt." Stattdessen hätte er die Zeit auf der Anlage mit Warten verbracht und dabei Energie verloren. Und Melzer wusste ebenso wie Stachowskij über die gute Chance auf das Achtelfinale. "Ich bin gut mit diesem Druck umgegangen und habe in engen Momenten gut gespielt. Das kommt mit der Erfahrung."
Gegner in Reichweite
Und die hat Melzer, er spielt immerhin schon sein 45. Grand-Slam-Turnier. Nach der dritten Runde bei den Australian Open und dem enttäuschenden Erstrunden-Aus gegen Igor Sijsling in Roland Garros bedeutet dieses erste Major-Achtelfinale seit fast zweieinhalb Jahren schon einen großen Erfolg. Während Melzer vor drei Jahren als krasser Außenseiter ins Wimbledon-Achtelfinale gegen Roger Federer ins Match gegangen war, ist der nunmehrige Gegner zumindest in Reichweite.
Für den dreifachen Wimbledon-Champion Melzer (Junioren-Einzel-Sieger sowie im Mixed und Doppel mit seiner nunmehrigen Frau Iveta bzw. Philipp Petzschner) geht es aber am Montag nicht nur um sein zweites Major-Viertelfinale seit dem tollen Lauf von Paris 2010 (Halbfinale). Gewinnt er, dann ist ihm eine Setzung bei den US Open Ende August wohl sicher. Und gegen das Preisgeld von über 239.000 Euro hätte der ÖTV-Davis-Cup-Spieler wohl auch nichts einzuwenden.
Was man über Wimbledon wissen muss
Die Faust. Jene von Jürgen Melzer hat man lange nicht gesehen. Gestern Nachmittag war sie wieder da, im Minutentakt. Dazu das Funkeln in den Augen, die Entschlossenheit, wie man sie lange nicht gesehen hat: Österreichs Topmann ist einmal mehr Mr. Wimbledon. Der 32-jährige Niederösterreicher schlug den Ukrainer Sergej Stachowski 6:2, 2:6, 7:5, 6:3 und steht zum zweiten Mal in seiner Karriere im Achtelfinale von Wimbledon, zum fünften Mal unter den besten Sechzehn bei einem Grand-Slam-Turnier.
Österreichs Nummer eins ließ sich vom Roger-Federer-Bezwinger nicht überraschen, verlor im zweiten Satz und zu Beginn den dritten Satzes den Faden, spielte aber sonst Rasentennis vom Feinsten. In der Ass-Statistik lag der Ukrainer, die Nummer 116 der Welt zwar mit 14:9 voran, Melzer returnierte aber sehr stark und zeigte sich am Netz sehr sicher. Wimbledon zählt zu den Lieblingsturnieren von Österreichs Bestem. Es gibt nur wenige, die drei Mal auf dem heiligen Rasen über den Titel jubeln konnten. 1999 gewann Melzer den Juniorenbewerb, 2010 im Doppel an der Seite des Deutschen Philipp Petzschner, 2011 gemeinsam mit Iveta Benesova im Mixed. Benesova, mittlerweile Frau Melzer, drückte ihrem Gatten an der Seite von ÖTV-Präsident Ronnie Leitgeb auch die Daumen.
Melzer trotzt Leistenbruch
Die Chance, zum zweiten Mal nach den French Open 2010 in ein Einzel-Viertelfinale (damals ging’s sogar bis ins Semifinale) einzuziehen, ist groß: Es wartet der erst 22-jährige Pole Jerzy Janowicz, der den spanischen Sandplatz-Spezialisten Nicolas Almagro 7:6,6:3,6:4 abservierte und dabei in drei Sätzen 29 Asse servierte. Janowicz ist übrigens ein Großer, nicht nur, weil er bereits die Nummer 22 im Ranking ist, sondern weil er auf 2,03 Meter hinaufgeschossen ist.
Die Form passt beim Deutsch-Wagramer, dabei hatte es vor Turnierbeginn ein großes Fragezeichen hinter dem Antreten gegeben. Ein Leistenbruch behinderte Melzer. Jedoch: Vor seinem größten Einzel-Turniersieg in Memphis 2012 sorgte ein Zehenbruch für viel Gesprächsstoff. Und dann gewann er das Turnier. Auch die Fitness stimmt, Melzer setzt ja seit ein paar Monaten auf das deutsche Betreuerduo Alexander Waske und Christian Rauscher. In der Weltrangliste wird es für die derzeitige Nummer 37 auch nach oben gehen. 135 Netto punkte kann sich Melzer auf sein Punktekonto schreiben lassen, dazu kommen umgerechnet rund 123.000 Euro.
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