Marcel Hirscher bittet zum Finale Grande

Marcel Hirscher bittet zum Finale Grande
Der 23-Jährige hat am letzten Tag der Heim-WM 2013 die letzte Chance auf Einzel-Gold für Österreich.

Um 8.45 Uhr geben am Sonntag FIS-Präsident Gianfranco Kasper und ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel, die bei der letzten Österreich-WM 2001 in St. Anton einander noch spinnefeind gewesen waren, eine Pressekonferenz. ORF Sport + überträgt live.

Um 10 Uhr beginnt der Slalom, in dem Marcel Hirscher und Mario Matt die letzte Chance nutzen können, um Österreich bei der Heim-WM zur ersten Goldmedaille in einem Einzelbewerb zu verhelfen. ORFeins überträgt live.

Um 13.30 Uhr beginnt der zweite Durchgang, in dem hoffentlich auch noch die beiden Ex-Weltmeister Benjamin Raich und Manfred Pranger im Rennen sein werden. ORFeins überträgt live.

Anschließend sind im Zielstadion Planai die Siegerehrung und die Schlusszeremonie vorgesehen, bei der die FIS-Fahne an die amerikanischen Veranstalter der WM 2015 (Vail/Beaver Creek) übergeben wird. ORFeins überträgt live.

Marcel Hirschers Silber-Lauf im Riesenslalom sahen am Freitag bis zu 1,255 Millionen Ski-Fans, im Schnitt waren 954.000 bei 65 Prozent Marktanteil via ORF dabei. Das bedeutet die höchste Reichweite seit 2003. Was im Gegensatz zu den Übertragungszeiten des ORF noch nicht feststeht:

Wer die österreichische Fahne zur Schlussfeier tragen wird. Und ob Marcel Hirscher davor einen ähnlichen Hype auslösen wird wie am Freitagabend, als ihm in Anwesenheit von Freundin Laura und Hermann Maier auf der völlig überfüllten Medal Plaza Silber umgehängt wurde.

Papa fuhr heim

Marcel Hirscher bittet zum Finale Grande
Ferdinand Hirscher erlebte das kollektive Gekreische, das seinem Sohn und dessen Bezwinger Ted Ligety galt, nicht vor Ort mit. Der Mann mit dem eisgrauen Schnauzbart drängt nicht gern in den Mittelpunkt, auch wenn ihm TV-Interviews nicht erspart bleiben. Als Vater des Erfolges ist Papa Hirscher fachlich zu kompetent, um ihn journalistisch zu ignorieren. Ferdinand Hirscher hatte sich die Leitung der Skischule in Annaberg (im Salzburger Lammertal) mit zwei Partnern geteilt, um mehr Zeit für seinen älteren Sohn (Marcels Bruder Leon ist 16) zu haben. Gemeinsam mit Edi Unterberger, dem ehemaligen Atomic-Servicemann von Hermann Maier, verbringt Hirscher Senior unzählige Stunden im Ski-Keller. Aus dem hat derORF (noch) nicht live übertragen.

Die Material-Abstimmung (Ski, Schuh, Platte) ist inzwischen dermaßen heikel, das schon ein paar Millimeter über Sieg und Niederlage entscheiden. So ist Ski-Verbandspräsident Peter Schröcksnadel überzeugt, dass Hirscher nur deshalb von Ligety bezwungen wurde, weil man im ersten Riesenslalom-Lauf den falschen Ski erwischt habe.

Der Betroffene will das schon aus Fairnessgründen nicht so sagen. Hirscher respektiert vielmehr Ligetys Riesenslalom-Dominanz, ohne lauthals zu verkünden, dass diese Vormachtstellung ihm, Hirscher, umgekehrt im Spezialslalom zusteht.

Die Dichte unter den Kurzskiakrobaten, die mit 1,65-Meter-„Stumpen“ antreten, ist, weil es zum Training keines großen Berges vor der Haustür bedarf, noch größer als im Riesentorlauf.

Umso bemerkenswerter daher,

... dass sich doch noch etliche Läufer der Generation 30 plus an der Weltspitze halten;

... dass WM-Debütant Hirscher heute gleich auf vier Ex-Weltmeister (Mario Matt, Ivica Kostelic, Benjamin Raich, Manfred Pranger) plus den Titelverteidiger (Jean-Baptiste Grange) trifft;

... und dass Mario Matt sogar Ski-Geschichte schreiben kann, falls der Arlberger zwölf Jahre nach seinem ersten Titelgewinn als erster seit Ingemar Stenmark zum dritten Mal Slalom-Weltmeister werden sollte.

Marcel Hirscher bittet zum Finale Grande

WC SLALOM DER HERREN IN KITZBÜHEL: HIRSCHER
Marcel Hirscher bittet zum Finale Grande

Mario Matt
Marcel Hirscher bittet zum Finale Grande

ÖSV-TRAININGSKURS MIT BOXTRAINING: MANFRED PRANGE

Matt rekordverdächtig

Zuzutrauen ist das Kunststück dem Pferdezüchter Matt allemal, zumal ihn auf der Piste keine zehn Pferde aus der Ruhe bringen können, ihm der steile Hang auf der Planai (wie er mit Siegen beim Nacht-Weltcupslalom bewies) liegt und er zudem trotz unterschiedlicher Weltcup-Leistungen seinen Platz in der Startgruppe eins bewahren konnte.

Vordere Nummern gelten im Spezialslalom als extrem vorteilhaft. Selbst ab Nummer acht, neun reicht es immer häufiger kaum noch zur Bestzeit. Auch aus diesem Grund gehen Benjamin Raich und Manfred Pranger, der letzte österreichische Ski-Weltmeister (2009), nur als Außenseiter in ein Rennen, in dem – so sagen alle Hauptdarsteller im solidarischen Chor – auf der Planai „die Fetzen“ fliegen werden. Denn:

Anders als im Weltcup wird bei einer WM nicht taktiert. Dementsprechend hoch ist die Ausfallsquote, zu der bei den letzten Ski-Großereignissen auffallend häufig „Hausherren“ beigetragen haben: Giorgio Rocca 2006 in Sestriere, die Schweden 2007 in Åre, Jean-Baptiste Grnge 2009 in Val d’Isère, der Deutsche Felix Neureuther 2011 in Garmisch. Letzterem traut Hirscher zu, dass er heute die Hoffnung auf eine Medaille erfüllt, die Neureuther auf seinem bayrischen Haushang versagt geblieben war.

Hirscher fühlt sich seit dem Riesenslalom befreit von diesem Erwartungsdruck auf einen Lokalmatador. „Dank der Silbernen ist mir um 300 Kilo leichter.“

Gestern Nachmittag trainierte Hirscher ganz allein am Hauser Kaibling, ehe er sich zur Startnummernauslosung nach Schladming und danach heim nach Annaberg begab.

Von dort hat der ORF ausnahmsweise nicht live übertragen. Noch nicht.

25.000 Zuschauer erlebten den Damen-Slalom in Schladming. 35.000 werden am Sonntag beim Herren-Slalom erwartet. Auch Alberto Tomba wird wieder anwesend sein. Der italienische Olympiasieger schwärmt vom Rennstil Marcel Hirschers und nennt den Salzburger in Anspielung auf den Gewichtsunterschied den „halben Tomba“. Tomba wiegt 100 Kilo, Hirscher nur 70. Tomba wäre nicht überrascht, würden seine Landsleute Hirscher den Erfolg streitig machen. Tatsächlich verfügt Italien mit Olympiasieger Razzoli, Riesenslalom-Bronzemedaillengewinner Mölgg, Gross und Thaler auch im Slalom über starke Leute. Wie überhaupt das Starterfeld Medaillenanwärter aus so vielen verschiedenen Ländern aufweist wie sonst keine andere Disziplin.

Stets zu beachten sind auch die Schweden sowie die Deutschen Fritz Dopfer und Felix Neureuther, auch wenn Letzteren noch Prellungen am rechten Schienbein plagen, die er bei der Kollision mit dem Kroaten Filip Zubcic im Teambewerb erlitten hat.

Auch Ivica Kostelic ist einiges zuzutrauen, zumal im Tagesverlauf die Temperaturen erneut über den Gefrierpunkt steigen, was dem stabilen Stil des Kroaten entgegenkommen dürfte.

Titelverteidiger Jean-Baptiste Grange (F) hat zuletzt drei Tage in Innerkrems trainiert, ist allerdings nach seiner Kreuzband-Operation im April nicht viel mehr als ein namhafter Außenseiter. Dafür könnte Teamkollege und Jungstar Alexis Pinturault, 21, einspringen.

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