Maier geht auf die Funktionäre los

APA9001392 - 08082012 - LONDON - GROSSBRITANNIEN: OLYMPISCHE SPIELE 2012 IN LONDON - Hermann Maier (AUT) am Mittwoch, 08. August 2012, im Österreich Haus in London. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Auch das Ski-Idol sucht Antworten für die dürftigen WM-Auftritte der Österreicher.

Medienleute werden im Fall unbequemer Kritik der Ahnungslosigkeit bezichtigt. Nach den vier medaillenlosen Speed-Rennen aber legt einer los, dessen Worte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und sein linientreues Gefolge nicht so einfach vom Tisch fegen können: Hermann Maier.

Obwohl Romed Baumann dem ÖSV-Herren-Team mit Kombi-Bronze zum ersten Edelmetall verhalf, droht ein Nachbeben im Hause Ski Austria.

Zu deutlich ist die an die ÖSV-Granden gerichtete Online-Aufforderung Maiers, aus der Deckung zu gehen. Zu unmissverständlich fügt Marcel Hirscher mündlich hinzu, dass die Ausbeute in Relation zum Aufwand zu gering sei.

Wörtlich heißt es im Blog von Hermann Maier: "Es ist an der Zeit, das Umfeld, die Funktionäre und Trainer zu hinterfragen. Anstatt dem Team den Druck zu nehmen, haben sie ihn mit übertriebenen Erwartungen sogar noch erhöht. Unter den Funktionären vermisse ich auch nur einen Anflug von Selbstkritik. Das mit ungeheurem Aufwand betriebene Training gehört genau durchleuchtet. Ich würde mir mehr Kreativität wünschen. Die Freude sollte im Vordergrund stehen. Stattdessen versteckt man sich hinter den Sportlern – im beruhigenden Bewusstsein, dass man im Falle eines Scheiterns in anderer Funktion auftaucht.“

Seit 1987 sind Österreicher in WM-Speed-Rennen nie so wie in Schladming ausnahmslos am Podest vorbeigefahren. Die Fragen nach dem Warum:

Gibt es im ÖSV zu wenig Erfolgsgaranten?

Ja - Online-Kritiker Maier hat recht, wenn er nur in Anna Fenninger und Marcel Hirscher potenzielle Siegläufer sieht.

Werden die ÖSV-Stars von den Medien in Schladming zu sehr vereinnahmt und abgelenkt?

Nein - Bei erfolgreichen vergangenen Großereignissen war der Kontakt zwischen Rennfahrern und Reportern viel intensiver. Heute werden die WM-Starter im Quartier abgeschirmt. Einzelinterviews sind ohnehin nur dem ORF erlaubt.

Wurde falsch trainiert?

Jein - Das Übersee-Camp in Chile verlief so gut wie seit Jahren nicht. Aber wenn einer wie Maier, der über seine Ausrüster über Insiderwissen verfügt, die Betreuer scharf kritisiert, dann kann nicht alles optimal abgelaufen sein.

Führten Verletzungen bzw. Krankheiten zu einem Substanzverlust?

Ja - Klaus Kröll (Beinbruch beim Motocross) und Matthias Mayer (14 Kilo Gewichtsverlust nach einer Bakterieninfektion) versäumten das gesamte Sommertraining. Auch Joachim Puchner fehlten verletzungsbedingt die Trainingskilometer.

Stärken Österreicher die ausländische Konkurrenz?

Ja - Mit Ausnahme vom WM-Gold der Französin Marion Rolland steckt hinter jedem nicht-österreichischen WM-Erfolg österreichisches Know-how. Ob als Trainer, Firmenrennleiter oder Servicemann – bei fast allen ausländischen Teams haben Österreicher zum Missvergnügen des ÖSV-Präsidenten ihre Hände im Spiel.

Fehlt in den Kadern die Leistungsdichte?

Ja - Die Lücke konnte nach dem Abgang der Gold-Generation (Hermann Maier, Eberharter, Strobl, Knauß, Walchhofer) bis heute nicht geschlossen werden. Dazu kamen die verletzungsbedingten, frühen Rücktritte von Hans Grugger und Mario Scheiber, dem von Maier noch vor zwei Jahren die Nachfolger-Rolle zugetraut worden war.

Sind die rot-weißen-roten Speed-Damen zu schmächtig?

Ja.

Im Vergleich zu ausländischen Abfahrerinnen fehlen den österreichischen Mädels auf Pisten wie jener in Schladming die entscheidenden Kilogramm an Muskelmasse.

Gibt es im Österreichischen Ski-Verband Nachwuchsprobleme?

Ja.

Weibliche Renntalente hören bereits mit 15 oder 16 wieder auf. Auch bei den Burschen werden die Junioren-Weltmeisterschaften längst nicht mehr so dominiert wie in der Vergangenheit.

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