Kletter-WM: Rätselkönig greift nach Gold

Kletter-WM: Rätselkönig greift nach Gold
Mit Fingerfertigkeit, Köpfchen und guten Nerven will Kilian Fischhuber auch bei der WM am Gardasee dominieren.

Nicht, dass Kilian Fischhuber auf der faulen Haut liegen würde. Um Gottes Willen, nein. Er wäre den Handwerkern, die Anfang der Woche bei ihm daheim gearbeitet haben, wirklich gerne zur Seite gestanden, fingerfertig, wie er nun einmal ist. Doch Fischhuber machte keinen Finger krumm. Sicher ist sicher. Nicht auszudenken, der Niederösterreicher hätte sich irgendwo eingeklemmt oder einmal mit dem Hammer das Ziel verfehlt. "Die Finger sind mein Kapital", erklärt Kilian Fischhuber, der fünffache Weltcup-Gesamtsieger im Boulder-Klettern, der an diesem Wochenende bei der WM in Arco am Gardasee nach Gold greift. "Denen darf nichts passieren."

Hautsache

Ohnehin hat der 27-Jährige alle Hände voll zu tun, dass er seine Finger in den Griff bekommt. Seit Jahren begleitet ihn eine hartnäckige Sehnenscheiden-Entzündung, eine Folge des intensiven Trainings. "Äußerlich siehst du nichts, aber es wirft dich aus der Bahn", sagt der Niederösterreicher. Genauso verpönt unter Kletterern sind Schweißhände ("zu rutschig, du kriegst keinen Halt") oder trockene Haut an den Fingerkuppen ("da entstehen schmerzhafte Risse"). "Aber ich habe eine gute Haut fürs Klettern", weiß Fischhuber.

Doch Fingerfertigkeit und kräftige Muskeln allein machen noch keinen trittsicheren Kraxler. Klettern ist auch und vor allem eine Herausforderung für den Geist. "Auf diesem Niveau spielt sich sehr viel im Kopf ab", meint Kilian Fischhuber. Nur zwischen fünf und sechs Minuten hat er Zeit, das Hindernis, den sogenannten Boulder, zu überwinden. Was auf den ersten Blick wie eine Kraftprobe aussieht, ist tatsächlich eine Denkaufgabe. "Das ist jedes Mal Neuland. Im Idealfall siehst du sofort, wie du den Boulder knackst", berichtet Fischhuber, "im dümmsten Fall findest du die Lösung nicht und bleibst am Boden."

Fingerübung

Im Kampf gegen die Wand setzt der 27-Jährige auf seinen Erfahrungsschatz und sein Bewegungstalent. Damit lassen sich auch die kniffligsten Aufgaben lösen. "Wichtig ist, dass man unter Zeitdruck nicht die Nerven wegschmeißt und nicht zu viele Kräfte vergeudet", weiß Kilian Fischhuber, dem oft nur ein schmaler Vorsprung genügt, um Halt zu bekommen. Im Training lässt er sich deshalb gerne von einer Leiste hängen, die lediglich fünf Millimeter breit ist - eine Fingerübung, aber eine der schmerzhaften Art.

Mit seinen 27 Jahren zählt der Student zu den Pionieren seiner jungen Sportart. Einer Sportart, die im Aufwärtstrend begriffen ist: Bei der Weltmeisterschaft in Arco stellen sich heute 150 Boulder-Spezialisten der Qualifikation, 2020 soll Klettern ins Olympia-Programm aufgenommen werden. "Wir haben es in Österreich gut erwischt", meint Kilian Fischhuber, der als Heeressportler praktisch ein Profi-Kletterer und mittlerweile begehrter Actionheld in Filmen ist. Nach der WM geht es für ihn und seine Freundin Anna Stöhr, ebenfalls eine Boulder-Weltmeisterin ihres Faches, zu Filmaufnahmen in die USA.

Die Kollegen der Boulder-Spezialisten sind erst nächste Woche im WM-Einsatz. Die Formkurve der österreichischen Vorstieg-Kletterer zeigt aber bereits steil nach oben. Beim Weltcup-Auftakt in Chamonix sorgten die Tiroler Angela Eiter und Jakob Schubert für österreichische Gipfelsiege.

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