Jungwirth: "Es waren alle glücklich"

Dem einst mächtigen Sportfunktionär wird der Prozess gemacht. Dabei wird ein fatales Bild von den ÖOC-Praktiken gezeichnet.

Er ging mit einem Lächeln – und wortlos. Viel hatte Heinz Jungwirth, 60, zuvor gesprochen, sprechen müssen. Zwei Stunden lang war der über ein Vierteljahrhundert mächtigste Mann im österreichischen Sport am Montag dem Schöffengericht in Wien Rede und Antwort gestanden. Die Vorwürfe wiegen schwer.

Dem langjährigen Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC) und seiner ehemaligen Stellvertreterin wird zu Last gelegt, bis 2009 ÖOC-Gelder in Höhe von über drei Millionen Euro über diverse Konten und Sparbücher verteilt und schließlich in die eigene Tasche gesteckt zu haben, "... zu privatem Zwecke", zitiert der Richter aus der Anklageschrift. Jungwirth schüttelt den Kopf.

Beide Angeklagten plädieren auf nicht schuldig, für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Fehlende Belege

"Das wird ein Buchhalter-Prozess," sagt Jungwirths Verteidiger. Es geht um den Fuhrpark von Jungwirth und seiner Familie, um einen Pferdetransporter im Wert von 77.096,25 Euro, aber auch etwa um Reparaturen am Rasentraktor und an einer Motorsäge.

Alles über ÖOC-Konten abgewickelt. Gedeckt sei dies, laut Jungwirth, durch jährliche Bonifikationszahlungen gewesen, den Differenzbetrag habe er stets ausgeglichen. Belege dafür fehlen allerdings bis zum Jahr 2009.

Desolat

Nach und nach entsteht im Verhandlungssaal 303 ein Bild von der jahrzehntelang gelebten Geschäftsgebarung des ÖOC, die man eher bei einem Stocksport-Verein in der Provinz vermutet hätte denn in der wichtigsten Sportbewegung des Landes.

Mündliche Vereinbarungen hier, lasche Kontrollen dort. Ein 2001 eröffnetes Konto für täglich anfallende Transaktionen wurde erst gar nicht im Jahresabschluss angeführt – auf Wunsch des damaligen ÖOC-Präsidenten Leo Wallner, wie Jungwirth erklärte. Zeichnungsberechtigt waren die Angeklagten. "Es waren alle glücklich", sagt Jungwirth, der Richter kontert: "Ein merkwürdiges Gremium."

Brisanz verspricht der Dienstag: In den Zeugenstand treten der ehemalige Kassier des ÖOC und der von Jungwirth belastete Wallner.

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