Historische Pleite der Deutschen

epa03742192 Montenegro's Mirko Milasevic (R) in action against Germany's Stefan Kneer during the Handball European Championship qualification match between Montenegro and Germany in Podgorica, Montenegro 12 June 2013. EPA/BORIS PEJOVIC
Der größte und wichtigste Nationalverband der Welt verpasst erstmals eine EM-Endrunde

Zehn Jahre nach dem EM-Titel und sechs Jahre nach dem Wintermärchen im eigenen Land (WM-Gold) haben Deutschlands Handballer erneut für einen Eintrag ins Geschichtsbuch gesorgt: Sie sind nicht für die EM 2014 in Dänemark qualifiziert.

Die historische Dimension daran? Noch nie zuvor hat der größte und bedeutendste Handball-Verband der Welt eine EM-Endrunde verpasst. Ein 38:19-Heimsieg am Samstag gegen Außenseiter Israel genügte den Deutschen nicht zur Qualifikation als Gruppen-Zweiter, da zeitgleich Tschechien gegen die bereits zuvor qualifizierten Montenegriner gewann. An das mehr als unrealistische Szenario als bester Dritter der sieben Qualifikationsgruppen nach Dänemark zu fahren, glaubte bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe keiner der Deutschen.

Mahnender Kapitän

„Dass wir nicht dabei sind, ist natürlich ganz schlimm, nicht nur für die Nationalmannschaft, sondern auch für die Bundesliga. So etwas darf uns nie wieder passieren“, sagte Kapitän Oliver Roggisch.

Kann es aber. Denn durch das Scheitern in der EM-Qualifikation muss sich die deutsche Auswahl erstmals in der Geschichte durch die mühselige Vorqualifikation zur WM 2015 in Katar kämpfen. Diese Vorausscheidung sollten die Deutschen zwar mühelos überstehen, im Play-off wartet dann allerdings mit einem der Viert- bis Zwölft-Platzierten der EM 2014 ein harter Brocken.

Misslingt auch diese Qualifikationsrunde, findet im Jahr 2016 in Rio de Janeiro zum zweiten Mal nacheinander ein olympisches Handball-Turnier ohne die einstige Großmacht statt.

Angezählter Coach

Im Zentrum der öffentlichen Kritik steht der Bundestrainer: Martin Heuberger hatte erst vor zwei Jahren das schwere Erbe von Langzeit- und Meister-Trainer Heiner Brand angetreten. Nun könnte sein ehemaliger Assistent Heuberger bereits im Sommer seinen Job verlieren.

Rückendeckung bekommt er von den Spielern: „Wir brauchen jetzt nicht über den Trainer zu reden“, sagt Tormann Silvio Heinevetter. „Es war Unvermögen. Wir haben keine Alternativen, keine Optionen, denn die guten jungen Spieler versauern in der Regionalliga oder in der zweiten Liga.“

Die Lage wirkt grotesk. Die Deutsche Bundesliga ist die alles überstrahlende Spielklasse im Welt-Handball. Zum zweiten Mal in Folge stellt Deutschland mit dem Hamburger SV den Champions-League-Sieger. Mit Vorjahressieger THW Kiel schaffte auch ein zweiter deutscher Klub den Sprung ins Final Four. Doch die Top-Klubs der Bundesliga setzen auf Legionäre. Heuberger forderte einmal mehr eine freiwillige Selbstbeschränkung der Vereine. „Wir haben keine Überflieger in der Mannschaft, keine internationalen Stars“, klagt Heuberger.

Ob sein Flehen erhört wird, ist ungewiss. Erst am Sonntag hat Champions-League-Sieger Hamburg eine Neuverpflichtung bekannt gegeben: Davor Dominikovic, 35, aus Kroatien.

Während die deutschen Herren ihrer verpassten EM-Chance nachtrauerten, freuten sich Deutschlands Damen über ihr WM-Los für das Turnier im Dezember (6. bis 22.) in Serbien.

Am Samstag wurden die vier Sechser-Gruppen für die WM-Endrunde ausgelost, Deutschland bekommt es mit Ungarn, Rumänien, Tschechien, Tunesien und Australien zu tun. Die besten Vier jeder Gruppe ziehen in das Achtelfinale ein. Titelverteidiger ist Norwegen. „Nach vielen Jahren, in denen wir kein Losglück hatten, können wir uns diesmal nicht beklagen“, sagte die deutsche Nationalspielerin Anja Althaus vom Thüringer HC.

Beim deutschen Meister steht mit Herbert Müller der österreichischen Damen-Teamchef an der Seitenlinien. Die rot-weiß-rote Auswahl hatte die Qualifikation schon in der Vorausscheidung verpasst, in der Vierer-Gruppe mit den Niederlanden, Slowenien und Israel belegte die Mannschaft Rang drei. Nur der erste Platz hatte zur Teilnahme an den Play-offs berechtigt.

Im Herbst starten Österreichs Damen in die Qualifikation zur nächsten EM im Dezember 2014 in Ungarn und Kroatien. Gruppengegner sind Dänemark, die Ukraine und Litauen. Die Top zwei sind qualifiziert.

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