Herzog: "Ich bin immer in der Verlosung"

Klingsmanns rechte Hand: Andreas Herzog.
Ein Trainer mit möglichen Perspektiven – zwischen Havanna und Bremen.

Eine US-Flagge an der Wand, daneben ein Foto vom US-Nationalteam mit Andreas Herzog im Weißen Haus. Und ein US-Teamtrikot mit seinem Namen, dass der Wiener zur Erinnerung an den Finalsieg im Goldcup bekam, in dem Herzog anstelle des gesperrten Jürgen Klinsmann die US-Boys gecoacht hatte. Der österreichische Rekordinternationale sitzt in einem zum Sekretariat umfunktionierten Bungalow am Rand vom Wienerwald.

Andreas Herzog, 48, macht Heimaturlaub – und sich nicht nur wegen seiner Rolle als Vater zweier fußballnarrischer Buben rar gegenüber Medien. Immer wieder läutet das Handy. Immer wieder lehnt er TV-Statements gegenüber deutschen Bittstellern ab. Zumal es auf der Gerüchtebörse heißt, dass der ÖFB-Rekordinternationale neben Peter Stöger (Köln) und Ralf Hasenhüttl (Leipzig), die am Sonntag als Gegner auf der Kommandobrücke stehen, bald der dritte österreichische Trainer in der deutschen Bundesliga sein werde.

Tatsache ist, dass Norddeutschlands Traditionsklubs in die Krise schlitterten und einen Feuerwehrmann suchen. Mit Werder Bremen war Herzog als Spieler (und Regisseur) Meister gewesen. In Hamburg ist mit Dietmar Beiersdorfer ein einstiger Bremer Klubkollege der Entscheidungsträger.

KURIER: Wo werden Sie am 7.Oktober sein? In Kuba oder in Deutschland?

Andreas Herzog: In denke in Havanna. Unser Teammanager hat meine Flüge schon gebucht.

Soll mit dem Freundschaftsspiel KubaUSA das Ende der politischen Eiszeit signalisiert werden?

Sieht so aus. Auf kubanischem Boden ist es jedenfalls das erste US-Gastspiel im Fußball überhaupt. In den USA haben wir gegen Kuba hingegen wiederholt gespielt. Danach sind kubanischen Spieler abgesprungen. So wie früher in Europa die DDR-Fußballer. Nach dem letzten Match sind – eigentlich traurig – vom kubanischen 23-er-Kader nur 18 heimgekehrt.

Sie werden auch bald einen neuen Pass brauchen.

Weil so viele Visa im Pass drin sind. Außer in Belize war ich in Amerika überall.

Per Business Class?

Ja. So wie alle US-Nationalspieler. In ihrem Fall ist es eine Bedingung der Gewerkschaft, dass so geflogen wird. Ich hab’s im Vertrag.

Laut dem sollen Sie 2018 mit Teamchef Jürgen Klinsmann als dessen Co auch noch zur WM nach Russland fliegen.

Davor gilt es, in der Qualifikation unter sechs Nationen unter die ersten Drei zu kommen. Für uns geht es im November los – mit dem Heimspiel in Ohio gegen Mexiko.

... wenn in den USA gerade der neue Präsident gewählt geworden und in Bremen der Ruf nach Ihnen vielleicht noch immer unüberhörbar ist?

Mein Name ist schnell einmal im Gespräch. So wie beim österreichischen Nationalteam bin ich auch in Bremen jedes Mal bei der Verlosung dabei. Gerüchte um mich entwickeln schon eine gewisse Eigendynamik. Diesmal haben sie auch in den USA für Aufsehen gesorgt.

Der US-Nationalspieler und Frankfurt-Legionär Timothy Chandler hat sich soeben via Sky über Sie höchst lobend geäußert. Ihr einstiger Bayern-Klubkollege Strunz hingegen bemängelte in der TV-Fußballtalkshow "Doppelpass", dass Sie noch nie einen Verein trainiert haben. Ärgert Sie das?Wen hat der Pep Guardiola trainiert, bevor er Barcelona zum Champions League-Sieger machte? Ich war mittlerweile bei fünf Endrunden als Trainer. Allein bei denen werde ich wohl mehr gelernt haben, als andere, die solche Topereignisse nur vom Fernsehen kennen. In Wahrheit zählt die Persönlichkeit. Wenn Dir die Autorität fehlt, schaffst Du es weder bei Real Madrid noch beim Admira-Nachwuchs.

Täuscht der Eindruck? Oder quält Sie mehr denn je die Frage: Auswahl oder Klub? USA oder Europa? Länderspiele oder Tagesgeschäft?

Mir ist bewusst, ich muss bald einmal eine Entscheidung treffen. Wenn Vereine die Überzeugung haben, dass sie mich wollen, ist das schön. Doch ich hab jetzt auch einen Superjob. Zudem sehe ich die Dinge nicht mehr so eng. Als Trainer musst bei Ungerechtigkeiten lockerer bleiben.

Merken Sie im Ausland, dass österreichische Trainer dank Stöger und Hasenhüttl viel mehr Ansehen bekamen?Zweifellos. Auch Adi Hütter macht einen guten Job, obwohl er in der Champions-League-Quali mit Bern in Gladbach unterging. Vor Stöger und Hasenhüttl zieh’ ich den Hut. Die gingen beide einen anderen Weg. Haben bei kleinen Klubs angefangen. Hasi in Deutschland. Der Peter trainierte GAK und Vienna. Wie Peter Stöger beim FC Köln, der für Trainer als das ziemlich gefährlichste Pflaster galt, Spieler, Medien und zum Teil verrückte Fans unter Kontrolle bekam, das ist ein Zeichen von besonderer Qualität und Intelligenz.

Sie hatten vor einem halben Jahr in einem KURIER-Gespräch angedeutet, dass es zu einer, zur Weltliga ausgedehnten Champions League kommen könnte. Sind Sie Hellseher oder hatten sie konkrete Hinweise? Zumal mittlerweile im Ausland von großen Medien in die gleiche Richtung berichtet wird.Was ich weiß ist, dass Europas Topklubs alle in den amerikanischen Markt drängen. Die acht Größten fliegen jetzt schon zu Tourneen rüber. Verkaufen ist schön, doch es fehlt der sportliche Reiz. Wenn der Ronaldo zum Beispiel einmal für L. A. spielt oder Messi für Miami – dann bin ich mir sicher, dass Europas Große einen kontinentübergreifenden Bewerb erfinden werden. Weil mit einer Partie gegen New York ist für Real viel mehr Geld drin als gegen Warschau, Austria oder sogar Lyon.

Stichwort Messi. Einen Ausnahmetechniker wie ihn hat das große Nordamerika bei allem Respekt vor Laufwundern wie Bradley noch nicht herausgebracht. Oder sehen Sie einen?

Wir haben schon richtig Gute. Und bei Christian Pulisic hat Jürgen Klinsmann wie so oft richtig geschaltet, als die Kroaten den 19-Jährigen für ihre Nationalmannschaft anbaggern wollten. Pulisic spielt bei Dortmund. Ist ein echter Hoffnungsträger. Messi aber ist unvergleichlich. Ich hab’s im Semifinale vom America-Cup, als wir gegen Argentinien verloren, heuer hautnah erlebt. Messi steht Minuten herum und du denkst dir: Was ist mit dem los? Sobald jedoch der Ball in seiner Nähe ist, bewegt er sich. Und du musst als Trainer in höchster Angst sein, dass es in den nächsten zehn Sekunden einschlägt. Dieses Gefühl hat man sonst nicht einmal bei Ronaldo.

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