Handball-Ass Szilagyi: "Das Nationalteam ist ein Privileg"

Wurfkräftig: Viktor Szilagyi (re.) spielte zuletzt bei der WM im Jänner 2015
Österreichs Teamkapitän außer Dienst im Gespräch über Verletzungen und Visionen.

Seit einem Jahr hat Österreichs erfolgreichster Handballer nicht mehr das Trikot des Nationalteams getragen. Und auch die Fortsetzung der WM-Qualifikation Mittwochabend in Italien (18 Uhr) wird Viktor Szilagyi vor dem Bildschirm verfolgen. Der 37-Jährige gab nach einer halbjährigen Verletzungspause erst Ende Dezember sein Comeback in der deutschen Bundesliga. An einen Rücktritt denkt der Champions-League-Sieger von 2007 aber nicht.

KURIER: Herr Szilagyi, Sie haben das letzte Mal vor einem Jahr bei der WM im Nationalteam gespielt. Fühlen Sie sich noch als Teil dieser Mannschaft?

Viktor Szilagyi: Für mich war immer klar: Solange ich als Profi spiele und fit bin, stehe ich auch für das Nationalteam zur Verfügung. Sofern ich gebraucht werde. Natürlich hat sich das Gesicht der Mannschaft stark verändert, einige Namen der jungen Teamspieler muss ich erst zwei Mal lesen. Aber der Charakter des Teams ist gleich geblieben. Der Umbruch nach der WM 2015 war groß und mutig, aber auch wichtig, weil man als Fernziel die Heim-EM 2020 hat. Auch deshalb ist die bisherige Leistung in der WM-Qualifikation sehr hoch einzustufen.

Ist eine WM-Endrunde für Sie überhaupt noch ein Ziel?

Für mich persönlich nicht mehr, so ehrlich muss ich sein. Aber mir ist nicht egal, was mit dem österreichischen Handball passiert. Das Nationalteam war und ist ein Privileg. Deshalb kann man immer mit mir reden, sofern man glaubt, dass ich helfen kann. Aufgrund meiner Verletzungspause stellt sich diese Frage derzeit nicht.

Nerven die ganzen Fragen zu Ihrer Gesundheit mittlerweile?

Natürlich würde ich lieber über etwas anderes sprechen. Die Fragen sind genau so angenehm wie jene, wenn man außer Form ist. Das gehört zum Profitum dazu. Ich merke, dass mir mein Körper immer öfter Zeichen sendet. 15 Jahre deutsche Bundesliga gehen nicht spurlos an einem vorbei. Es zwickt eben ein bisschen mehr als sonst.

Wie sieht denn Ihre Zukunftsplanung aus?

Ich muss einfach schauen, dass ich rasch vollkommen fit werde. Dann bin ich noch immer davon überzeugt, einer Mannschaft helfen zu können. Aber persönliche Ziele sind derzeit zweitrangig. Der Bergische HC befindet sich im Abstiegskampf. Für den Verein und die gesamte Region geht es dabei um sehr, sehr viel.

Nehmen Sie mit 37 Jahren den Abstiegskampf gelassener?

Abstiegskampf ist immer unglaublich hart und manchmal einfach nur schrecklich. Erst recht, wenn man Kapitän einer Mannschaft ist und wegen einer Verletzung nur zusehen kann. Auf dem Spielfeld weiß ich fast immer, was zu tun ist, aber außerhalb? Da fehlt mir die Gelassenheit.

Zwei Österreicher spielen ab Sommer bei Ihrem Ex-Verein in Kiel, der als Nonplusultra im Handball gilt. Raul Santos wechselt innerhalb Deutschlands, Nikola Bilyk aus Österreich. Wie bewerten Sie die Transfers?

Für beide ist es ein logischer Schritt, auch wenn er für Nikola der wesentlich größere ist von den Fivers nach Kiel. Aber jedes weitere Jahr in Österreich wäre für ihn ein verlorenes. Bei allem Respekt vor der Handball Liga Austria. Ein Ausnahmespieler wie Nikola muss einfach bei einem Ausnahmeverein spielen. Und Kiel ist der außergewöhnlichste Verein, den es im Handball gibt.

Warum?

Die ganze Stadt lebt dort für den Handball. Bei jedem Spiel sind mehr als 10.000 Zuseher in der Halle. Man hat schon sehr viel erreicht, wenn man einen Vertrag in Kiel bekommt. Aber eines muss den beiden klar sein.

Was denn?

Kiel holt einen Spieler aus gutem Grund. Der Klub verlangt eben auch außergewöhnliche Leistungen.

Einige Klubs, auch in Deutschland, plagen finanzielle Probleme. Ist es schwieriger geworden, Handball-Profi zu sein?

Die absoluten Topspieler bei den Topklubs verdienen immer noch sehr gutes Geld. Aber man merkt schon, dass sich Unternehmen Sponsorausgaben genauer ansehen als früher.

Für Österreichs Herren ist die Marschroute vor dem WM-Qualifikationsspiel am Mittwoch in Italien (18 Uhr/live ORF Sport +) klar: „Ich erwarte mir von der Mannschaft, dass wir zwei Punkte holen“, sagt Teamchef Patrekur Johannesson. Österreich führt die Gruppe nach zwei Spieltagen und zwei Siegen an, Gegner Italien ist Außenseiter: „Österreich hat bei der WM eine gute Figur gemacht“, lobt Italiens Coach Fredi Radojkovic.

Das Gesicht des WM-Achtelfinalisten hat sich seit der Endrunde in Katar im Jänner des Vorjahres aber stark verändert: Johannesson muss derzeit den Ausfall von fünf Stammkräften verkraften.
Mit der Partie in Triest beginnt die entscheidende Phase im Kampf um ein Play-off-Ticket der WM-Qualifikation, am 9. Jänner gastieren die Italiener in der Südstadt. Das Duell mit Rumänien in Baia Mare am 14. Jänner dürfte dann zum vorentscheidenden um Platz eins werden. Nur der Gruppensieger erreicht das WM-Play-off.

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