Hamilton vs. Vettel: Zwei Raser und nur ein Ziel

Hamilton hat die Nase vorn - aber in Singapur könnte es wieder kippen.
Sebastian Vettel und Lewis Hamilton sind die besten Piloten ihrer Zeit. 2017 spitzt sich das Duell zu.

Drei Punkte trennen Spitzenreiter Lewis Hamilton und Sebastian Vettel in der Formel-1-WM. Sieben Rennen sind noch zu fahren, das erste heute, Sonntag, in Singapur (14 Uhr MESZ/live ORFeins, RTL und Sky Sport).

Freilich gab es auch in der jüngeren Vergangenheit ähnlich enge Auseinandersetzungen um den Titel in der Königsklasse: 2008 zwischen Hamilton und Felipe Massa, 2012 zwischen Vettel, Fernando Alonso und Mark Webber oder erst im Vorjahr zwischen Hamilton und Nico Rosberg.

Und dennoch ist das diesjährige Duell ein ganz besonderes. Weil erstmals seit Ewigkeiten zwei potente wie prominente Werkteams um den Titel fahren; und weil die Anwärter Lewis Hamilton und Sebastian Vettel heißen. Es ist eine Rivalität, die sich seit dem Einstieg der beiden in die Formel 1 vor zehn Jahren von Saison zu Saison aufgebaut hat.

Einzigartige Bilanzen

In den vergangenen neun Saisonen gab es nur zwei Mal einen Weltmeister, der nicht Vettel oder Hamilton hieß (Button 2009, Rosberg 2016). Der Deutsche und der Brite sind die prägenden Fahrer der vergangenen zehn Jahre. Seit beide ein fixes Cockpit in der Formel 1 haben, wurden 184 Grands Prix ausgetragen. Vettel und Hamilton gewannen davon 101 Rennen, bei den Polepositions gingen 112 an das Duo. Dennoch kamen sich die zwei Chefpiloten vor 2017 nur selten nahe. Zunächst dominierte Vettel mit Red Bull, ehe Hamilton und Mercedes das Tempo bestimmten.

2017 aber nimmt das Wettrennen noch einmal so richtig Fahrt auf. Es geht um den Status des Chefpiloten und um die Frage, wer der beste Fahrer einer gesamten Generation ist. Für die Medien und die Eigentümer der Rennserie ist diese Rivalität ein wahrer Segen nach Jahren der einseitigen Dominanz. "Es ist ein Kampf für die Ewigkeit", schrieb das Fachmagazin F1 Racing.

Doch welcher der Titelanwärter hat die besseren Karten für die Fahrt ins Glück? Geht es nach Paddy Lowe, dem ehemaligen technischen Direktor von Mercedes, dann ist Hamilton auf der Rennstrecke der schnellere Mann: "In einem WM-Finish erwacht Lewis erst so richtig. Je größer der Druck wird, desto fokussierter wird er. Er geht einfach auf die Strecke und erledigt seinen Job", sagt Lowe über seinen Landsmann, der die meisten Polepositions aller Formel-1-Piloten eingefahren hat.

Auch Weltmeister Nico Rosberg würdigt den Rennspeed seines langjährigen Teamkollegen: "Wenn du gegen Lewis um den Titel fährst, musst du dein gesamtes Leben danach ausrichten und all deine Arbeitsweisen überdenken."

Siegbringende Details

Für Sebastian Vettel spricht dessen Akribie, wie Helmut Marko, sein langjähriger Förderer bei Red Bull, bereits 2011 dem KURIER verriet. Bei den Rückflügen von den Grands Prix beobachtete der Steirer im Charterflieger oft die Piloten: "Die meisten spielen am Computer, schauen einen Film oder schlafen gleich. Wissen Sie, was Sebastian immer als Erstes macht? Er arbeitet anhand der Daten sein Rennen auf. Egal, ob er gewonnen hat oder ausgeschieden ist. Das ist ein Detail, das den Unterschied ausmacht."

Vettels ehemaliger Teamkollege bei Red Bull, Daniel Ricciardo, erkennt darin sowohl eine Stärke als auch eine Schwäche des Deutschen: "Er investiert unglaublich viel Energie in den Sport, manchmal vielleicht zu viel, in dem er alles überanalysiert."

Mit kühler Analyse ist es in der Hitze des Gefechts manchmal rasch vorbei. In Barcelona gab es die erste kleine Berührung zwischen Vettel und Hamilton, in Baku kam es hinter dem Safety-Car dann zum großen Knall. Nach der Kollision schleppten sich Vettel und Hamilton als Vierter bzw. Fünfter ins Ziel. Es war bislang das einzige Mal, dass keiner der beiden auf das Podest fuhr. Jedes weitere Blackout könnte ab sofort titelentscheidend sein.

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