Zu Besuch bei Aleksandar Dragovic

Zu Besuch bei Aleksandar Dragovic
Was Aleksandar Dragovic in Basel sonst so treibt, außer Schweizer Meister zu werden. Ein Lokalaugenschein.

Völlig ungestört kann Aleksandar Dragovic durch das Stadtzentrum von Basel spazieren. Nicht unbedingt deshalb, weil der 21-jährige Abwehrchef des FC Basel auf der Straße nicht erkannt wird. "Aber die Schweizer reden dich nicht an. Sondern sie respektieren die Privatsphäre", erklärt der Wiener, der im Jänner 2010 von der Wiener Austria zum Schweizer Topklub gewechselt ist, der in dieser Saison auch in der Champions League für Furore sorgen konnte.

Mit in Basel ist die Familie von Dragovic. Auf deren Unterstützung zählt der 15-fache Teamspieler: "Von 15 bis 18 ist ein gefährliches Alter. Wenn man da nicht die richtige Erziehung hat, geht man unter", weiß Dragovic, der zu seinem leiblichen Vater keinen Kontakt hat.

"Ich verdanke viel meinem Großvater. Er war immer da. Auch, als es meine Mutter mit meinem Stiefvater und meinen zwei Halbgeschwistern aus beruflichen und privaten Gründen für drei Jahre in die Karibik gezogen hat.“

Schlachtenbummler

Zu Besuch bei Aleksandar Dragovic

Großvater Zlativoje ist auch Aleksandars größter Fan. "Er war schon dabei, als ich mit sieben Jahren im Austria-Nachwuchs gespielt habe, und er fährt oder fliegt auch heute noch zu den meisten Auswärtsspielen."

Das 3:3 der Basler in der Champions League im Old Trafford Stadium gegen Manchester United erlebte er ebenso hautnah wie die wohl bitterste Stunde in der jungen Karriere seines Enkelsohnes – das 0:7 in München gegen die Bayern im Achtelfinale der Königsklasse. Weitaus erfreulicher war für Dragovic der Sonntag : Nach dem 3:1-Sieg gegen Lausanne ist der Wiener zum zweiten Mal Schweizer Meister.

KURIER: Gratulation. Fünf Runden vor dem Saisonende bereits Meister – sieht so aus, als wären Sie mit Ihrem Team nicht voll gefordert.
Das mag so aussehen, es ist aber nicht so. Wir haben hart dafür gearbeitet.

Kann man das Niveau der österreichischen mit der Schweizer Liga vergleichen?
In der Schweiz wird mehr Wert auf das Offensivspiel gelegt. Das spielerische Niveau ist ein wenig besser, im Großen und Ganzen ist es aber sehr ähnlich, deshalb bin ich ja auch für eine gemeinsame Liga.

Ist das Ihr Ernst?
Absolut. Wir haben in Basel auch schon in der Kabine darüber geredet. Die Kollegen haben sich über das Niveau in Österreich erkundigt. In kleinen Ländern wie Österreich und der Schweiz gibt es nur wenige Topklubs wie Basel, Zürich, Rapid, Austria oder Salzburg. In einer gemeinsamen Liga könnten sich diese miteinander messen. Davon würden alle profitieren.

Wird bei Klubs wie der Austria oder Basel auch ähnlich gearbeitet?
Nein. Zusätzlich zum Mannschaftstraining wird bei Basel viel intensiver im individuellen Bereich trainiert. Ich zum Beispiel arbeite ständig mit dem Co-Trainer an der Zielgenauigkeit meiner Kopfbälle. Das ist noch ein bisserl meine Schwäche. Diese Details können unterm Strich den Unterschied ausmachen.

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Gibt es sonst noch Schwächen, an denen Sie arbeiten?
Man kann sich immer und überall verbessern. Ich mache auch Poweryoga. Das muss man natürlich mit dem Training abstimmen, weil es an die Substanz geht. Es ist für Geist, Seele und Körper sehr gut.

Sie arbeiten also intensiv an Ihrer Karriere.
Na klar. Von nix kommt nix. Im Fußball braucht man auch ein wenig Glück, aber das kann man sich genauso gut erarbeiten.

Es wird viel über Ihre Zukunft spekuliert. Klubs wie Barcelona, Inter Mailand, Marseille, Dortmund oder Arsenal sollen Interesse haben. Alles nur Gerüchte?
An den Klubnamen ist schon etwas dran. Mit einer Ausnahme: Barcelona. Man muss schon Mensch bleiben. Aktuell gibt es aber sieben Interessenten. Sogar zwei aus Russland sind darunter. Finanziell sehr lukrativ, aber auf’s Geld schau ich jetzt nicht. Daher ist das kein Thema.

Die Zeichen stehen also auf Abschied aus Basel?
Das muss nicht sein. Mein Vertrag läuft noch bis 2015, daher wird ein Klub, der mich will, schon ein bisserl Geld auf den Tisch legen müssen. Außerdem fühle ich mich hier sehr wohl und habe mich in eineinhalb Jahren zwei Mal so weit entwickelt wie ich das in Österreich hätte tun können.

Worauf legen Sie Wert?
Ganz klar: Der Klub muss mindestens in der Europa League vertreten sein. Denn mit Basel habe ich die Chance, in der Champions League zu spielen.

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Bei einem größeren Klub würden Sie sich aber vielleicht nicht ganz so schnell durchsetzen wie in Basel.
Das macht überhaupt nichts. Um ein ganz Großer zu werden, muss man auch einmal lernen, sich richtig durchzubeißen. In der Schweiz wurde ich als Österreicher Anfangs auch ein wenig belächelt. Aber ich habe mir den Respekt hart erarbeitet.

Sie haben offiziell keinen Berater. Warum?
Weil ich schlechte Erfahrungen gemacht habe. Ich habe mit Vladimir Jugovic eine mündliche Vereinbarung. Das reicht. Wenn jemand anderer kommt und mir ein Angebot von Dortmund auf den Tisch legt, dann werde ich mir das natürlich genauso ansehen.

Mit Dortmund würden Sie wieder auf Bayern-Stürmer Gomez treffen, dessen Qualitäten Sie vor dem 7:0 und seinen vier Toren gegen Basel infrage gestellt haben sollen.
Ich habe damals in diesem Interview viel mehr Positives als Negatives über ihn gesagt. Zum Beispiel, dass er vor dem Tor Weltklasse ist. Da wurden gewisse Dinge aus dem Zusammenhang gerissen. Es war ein gefundenes Fressen. Aber ich nehme es auf meine Kappe.

Haben Sie daraus etwas gelernt?
Sicher sehr viel. Zum Beispiel, dass ich vor dem Spiel meine Fresse nicht mehr so weit aufreißen werde.

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