Wandel im niederländischen Klub-Fußball

Einstige Topklubs wie Ried-Gegner Eindhoven hinken der Klasse ihres Nationalteams hinterher.

Ganz ehrlich: Kennen Sie Ola Toivonen? Oder Georginio Wijnaldum? Oder vielleicht Jeremain Lens? Wohl nicht.

Toivonen, Wijnaldum und Lens sind die drei teuersten Fußballer von PSV Eindhoven, heute, Donnerstag, Abend Gegner der SV Ried im Play-off der Europa League (21.05 Uhr, live ORF eins; KURIER.at-Ticker).

Vergangen sind die Zeiten, als der "Philips' Sport Vereniging", Fußball spielender Werbeträger der niederländischen Elektronik-Industrie, Weltstars wie Ronaldo, Romario, Ronald Koeman, Ruud van Nistelrooy, Arjen Robben oder Ruud Gullit die exklusive Note verliehen.

Mittlerweile versucht der Meistercup-Sieger von 1988 mit einem Team der Namenlosen an die Erfolge der Vergangenheit anzuschließen. Doch das gelingt nicht so wirklich. Zwar reichte es seit der Jahrtausendwende zu sieben niederländischen Meistertiteln. In Europa muss man sich aber damit abfinden, nur noch besserer Durchschnitt zu sein.

Durststrecke

In der vergangenen Saison erreichte PSV in der Europa League zwar das Viertelfinale, war in diesem gegen Benfica Lissabon aber chancenlos. In der Champions League überstand Eindhoven zuletzt vor fünf Jahren die Gruppenphase.

Die Ergebnisse von PSV sind ein Spiegelbild der Europacup-Resultate der niederländischen Vereine. Seit der Saison 2006/'07, seit Eindhoven im Viertelfinale gegen Liverpool ausgeschieden ist, hat kein Klub aus den Niederlanden mehr die Gruppenphase der europäischen Eliteliga überstanden.

Das war einmal ganz anders. Von 1969 bis in die 1990er-Jahre gehörten die drei niederländischen Topklubs wie auch das Nationalteam zu den Großen in Europa. Ajax Amsterdam, PSV Eindhoven und Feyenoord Rotterdam gewannen zusammen sechs Mal den Meistercup bzw. die Champions League.

Doch während das Nationalteam - die Elftal wurde 2010 Vize-Weltmeister - noch immer Weltklasse ist, dribbeln die Klubs dieser Einschätzung schon ein Jahrzehnt hinterher.

Finanzloch

Vielschichtig sind die Gründe. Aber wie immer spielt das Geld eine große Rolle. Die Ehrendivision hat den Kampf gegen die vier Top-Ligen Europas (England, Spanien, Deutschland, Italien) verloren - nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich. Man wollte bei den Gehältern und Ablösesummen mitbieten, verpflichtete Fußballer aus aller Herren Länder, hatte aber dafür die Ressourcen nicht.

Dass aus der gesamten Ehrendivision mit Twente Enschede nur ein einziger Klub in einer Finanz-Analyse des niederländischen Fußballverbandes KNVB als wirtschaftlich gesund eingestuft wurde, ist kein Zufall.

"Vereine wie Ajax haben auf ihre Philosophie vergessen, durch die sie erfolgreich wurden", meint Ricardo Moniz. Der Salzburg-Trainer arbeitete auch schon in den Nachwuchsakademien von PSV Eindhoven und Feyenoord Rotterdam.

Auch PSV Eindhoven ging es finanziell schon besser. Ibrahim Afellay, der letzte Vertreter eines Starensembles, konnte nicht gehalten werden. Der niederländische Teamspieler, der bei PSV ausgebildet wurde, wechselte im Jänner 2011 zum FC Barcelona. Im Alter von 24 Jahren. Afellay blieb damit länger in seiner Heimat als viele andere große niederländischen Talente. Die sind ein Exportschlager; schon mit 15, 16, oder 17 werden viele von Europas Topklubs abgeworben.

Erfolgsweg

Sehnsüchtiger Rückblick in die Mitte der 1990er: Ajax erblühte im Finale 1995 im Wiener Prater zum Champions-League-Sieger, der praktisch nur aus Eigengewächsen bestand.

Der Wandel zeigt sich auch im Nationalteam: Von der Mannschaft, die vor einem Jahr im WM-Finale stand, spielt mit Gregory van der Wiel (Ajax) noch ein einziger in der Heimat. 1988, als die Niederländer Europameister wurden, bestand nur die Hälfte des Teams aus Legionären.

Damals stellte PSV mit Tormann Hans van Breukelen, Ronald Koeman, Berry van Aerle und Gerald Vanenburg vier Teamstützen. 2010 kam im Finale kein Eindhovener zum Einsatz.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Aufstellungen

  • Hintergrund

Kommentare