Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt gegen Beckenbauer

Franz Beckenbauer steht wieder im Fokus der Justiz.
Die Ermittlungen laufen laut "Spiegel" im Zusammenhang mit der WM-Affäre.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt im Zusammenhang mit der Affäre um die Vergabe der Fußball-WM 2006 gegen Franz Beckenbauer. Gegen ihn wurde ein Verfahren wegen des Verdachts auf Untreue und Geldwäsche eingeleitet.

Bereits am 6.11.2015 seien auch Verfahren gegen die früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie Ex-DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt eröffnet worden, teilte die Behörde in Bern am Donnerstag mit. Alle vier saßen im Organisationskomitee der WM 2006.

Verdacht auf Betrug und Geldwäscherei

Eine Reaktion von Beckenbauer, der einen Wohnsitz in Salzburg hat, oder seinem Management zu den Ermittlungen gab es vorerst nicht. Zwanziger sagte der Deutschen Presse-Agentur zum Strafverfahren, er sehe dem mit großer Gelassenheit entgegen und betonte: "Das hat keine Substanz." Er habe von den fraglichen Vorgängen nichts gewusst.

Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt gegen Beckenbauer
(FILES) This file photo taken on March 21, 2013 shows then FIFA executive committee member Theo Zwanziger during the press conference following a meeting of the FIFA executive comittee in Zurich. Former German FA (DFB) president and ex-FIFA official Theo Zwanziger is due in court on Tuesday, February 2, 2016 over comments he made last year, claiming Qatar is "the cancer of world football". / AFP / SEBASTIEN BOZON
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft wird das Strafverfahren "insbesondere wegen des Verdachts des Betrugs, der ungetreuen Geschäftsbesorgung, der Geldwäscherei sowie der Veruntreuung geführt". In enger Koordination und Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden Österreichs sowie Deutschlands hätten am Donnerstag an insgesamt acht Orten zeitgleich Hausdurchsuchungen stattgefunden, hieß es weiter. "Zudem wurden verschiedene Beschuldigte durch die Bundesanwaltschaft, oder im Auftrag der Bundesanwaltschaft einvernommen."

Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehe die Mitfinanzierung "einer Galaveranstaltung in der Höhe von EUR 7 Mio., die später auf EUR 6.7 Mio. herabgesetzt worden war", teilte die Behörde mit. Mit der Galaveranstaltung ist ein zunächst im Rahmen der WM geplantes Kulturprogramm gemeint, das dann nicht stattgefunden hatte. Es bestehe der Verdacht, "dass die Beschuldigten wussten, dass der Betrag nicht der Mitfinanzierung der Galaveranstaltung diente, sondern der Tilgung einer Schuld, die nicht durch den DFB geschuldet war".

Ermittlungen auch in Österreich

Im Zuge der Ermittlungen sind am Donnerstag auch österreichische Behörden aktiv geworden. "Es wurden mehrere Hausdurchsuchungen in Österreich durchgeführt", sagte Oberstaatsanwalt Konrad Kmetic, Mediensprecher der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft mit Sitz in Wien. "Ich kann bestätigen, dass heute von unserer Behörde über Ersuchen der Schweizerischen Bundesanwaltschaft Rechtshilfe geleistet wurde."Es sollen auch Hausdurchsuchungen in Salzburg stattgefunden haben. Ob Beweismittel sichergestellt wurden, war vorerst nicht bekannt.

Hintergrund sind zwei Zahlungen über insgesamt 6,7 Millionen Euro. Mithilfe des früheren Adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus überwiesen Beckenbauer als damaliger OK-Chef und sein Manager Robert Schwan diese Summe 2002 zunächst über ein Konto in der Schweiz an eine Firma des früheren FIFA-Funktionärs Mohamed bin Hammam in Katar. 2005 zahlte das WM-OK die 6,7 Millionen verschleiert an Louis-Dreyfus zurück.

Welchen Zweck dieses Geld hatte, ist bisher fraglich. Auch eine Untersuchung im Auftrag des Deutschen Fußball-Bundes durch die Kanzlei Freshfields hatte keine endgültige Klärung gebracht. DFB-Ehrenkapitän Beckenbauer hat juristisches Fehlverhalten bisher stets von sich gewiesen.

Mai/Juni 2015: Der damalige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach erhält im Zuge des FIFA-Skandals Informationen über Ungereimtheiten rund um eine DFB-Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro an den Weltverband - und behält sie für sich.

16. Oktober 2015: Der Spiegel berichtet über schwarze Kassen beim DFB und einen möglichen Stimmenkauf durch die deutschen WM-Organisatoren bei der Vergabe der Endrunde 2006.

03. November 2015: Die Steuerfahndung durchsucht die DFB-Zentrale sowie die Privatwohnungen von Niersbach, seines Vorgängers Theo Zwanziger und des früheren DFB-Generalsekretärs Horst R. Schmidt.

09. November 2015: Niersbach tritt unter dem Druck der WM-Affäre von seinem Posten zurück. Als Interimschefs rücken die Vizepräsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch an die DFB-Spitze.

17. November 2015: Das Amateurlager kürt Schatzmeister Reinhard Grindel einstimmig zum Kandidaten für die Niersbach-Nachfolge. Mit ihrem Vorpreschen in der wichtigsten Personalfrage widersetzen sich die Landeschefs dem Wunsch des Profifußballs, der mehr Zeit eingefordert hatte. Der Verbandsfrieden ist empfindlich gestört.

11. Februar 2016: Das Profilager erklärt, Grindel bei der Wahl zum DFB-Präsidenten zu unterstützen. Im Gegenzug erklärt das Amateurlager, den Forderungen des Profibereichs nach einer Strukturreform nachkommen zu wollen.

26. Februar 2016: Der DFB gibt die Trennung von Generalsekretär Helmut Sandrock bekannt. Friedrich Curtius wird drei Wochen später zum Nachfolger ernannt.

04. März 2016: Die vom DFB mit der Untersuchung der WM-Affäre betraute Kanzlei Freshfields veröffentlicht ihren Bericht. Beweise für einen Stimmenkauf können nicht vorgelegt werden. Allerdings wird er auch nicht ausgeschlossen. Zudem präsentieren die Ermittler eine neue Spur. Diese führt über Franz Beckenbauer nach Katar.

22. März 2016: Die FIFA-Ethikkommission leitet Ermittlungen gegen Beckenbauer, Niersbach, Zwanziger, Schmidt, Sandrock und den früheren stellvertretenden DFB-Generalsekretär Stefan Hans ein.

15. April 2016: Auf dem außerordentlichen Bundestag wird Reinhard Grindel zum neuen DFB-Präsidenten gewählt.

20. April 2016: Die Untersuchungskammer der FIFA-Ethikkommission fordert eine Sperre von zwei Jahren und eine Geldstrafe von 30 000 Schweizer Franken für Niersbach. Die Rechtsprechende Kammer eröffnet ein Verfahren.

25. Juli 2016: Die FIFA-Ethikkommission sperrt Niersbach für ein Jahr von allen Ämtern im nationalen und internationalen Fußball. Er legt gegen die Suspendierung Berufung ein.

1. September 2016: Die Schweizer Bundesanwaltschaft bestätigt Ermittlungen gegen Beckenbauer. Zuvor hatte der Spiegel berichtet, dass gegen Beckenbauer wegen des Verdachts auf Untreue und Geldwäsche ermittelt werde.

Kommentare