Tagebuch: Freunderlwirtschaft

Wolfgang Winheim
Den Job, aber nicht die Sympathien verloren. Zu dieser Erkenntnis gelangt nach Constantini auch Daxbacher.

Verhaberung! Zum Fußball-Unwort des Jahres wurde soeben der wienerische Begriff für Kumpanei vom Internet-Portal 90 Minuten gewählt. Fußball-Journalisten sind überzeugt, dass nichts weitergeht, solang sich die Kicker-Generation 50 plus gegenseitig die Amterln zuschiebt.

ÖFB-Präsident Leo Windtner widerlegte mit der Bestellung des Schweizers Marcel Koller zum Teamchef dieses Vorurteil, indem er nicht auf Wiener Einflüsterer, sondern auf den Sportdirektor des deutschen Fußballbundes, Matthias Sammer, hörte.

Und Austria-Vorstand Thomas Parits trennte drei Tage vor Weihnachten zwischen Freundschaft und Job, als er seinen langjährigen, ehemaligen Mannschaftskameraden Karl Daxbacher im kühlen Konzernstil abservierte. Erst elf Stunden nach dem neuen Austria-Trainer (Ivica Vastic) erfuhr der bisherige vom Trainerwechsel.

"Die da drunten in Wien"

Daxbacher blieb, als Parits ihn und seinen Co Sepp Michorl im Weltcuport Flachau telefonisch über ihre Absetzung informierte, das Frühstücksei im Hals stecken. Danach schaltete er sein Handy ab, weshalb auch Dietmar Constantinis tröstende Worte vorerst auf der Mailbox landeten.

Constantini hat nach seinem unfreiwilligen Teamchef-Ende auf verbale Rundumschläge verzichtet. Ihn irritierten nur Äußerungen von Spielern, die Kollers Arbeit als ungleich professioneller würdigten, was sich so anhörte, als habe man unter ihm, Constantini, in Badeschlapfen trainiert.

Daheim in Tirol hat Constantini trotz seines Hinauswurfs "durch die da drunten in Wien" ohnehin kaum Sympathien verloren, war er doch oft schon zur Stelle, wenn einer seiner Freunde in Not geriet. Zudem benötigt der Vater zweier Töchter nicht nur den Fußball zu Erfolgserlebnissen. So fuhr Constantini trotz künstlicher Kniegelenke, die bei jedem Flughafen-Scanner ein Piepsen auslösen, in der Woche, in der Daxbacher eliminiert wurde, erstmals Snowboard.

Constantinis Vorvorgänger Josef Hickersberger versuchte von der Wüste aus den in die Wüste geschickten Daxbacher zu erreichen. Auch Sir Josef schätzt den violetten Sir Karl charakterlich über alle Maßen.

Vor Maradona

Am 30. Dezember kommt’s in Abu Dhabi zum Liga-Duell mit Diego Maradona, dessen Elf Al Wasl Dubai zwei Punkte hinter Hickerbergers Mannschaft Al Wahda rangiert. Selbst den Heiligen Abend erlebte Hickersberger auf dem Trainerbankerl, zumal der finanziell lukrativste Vertrag seiner Karriere den Ex-Teamchef dazu verpflichtet, auch die Reserve von Al Wahda zu coachen, obwohl bloß Verwandte der Spieler zusehen.

Im Gegensatz zum fünffachen Opa Hickersberger kann der dreifache Opa (und vierfache Mädchen-Papa) Daxbacher Weihnachten im großen Kreis seiner eigenen Verwandtschaft feiern.

Im Jänner wird sich Daxbacher dann nicht – wie von ihm fix eingeplant gewesen – mit Austrias Spieler-Kader ins Camp, sondern mit der alten Austria-Familie (inklusive Wortführer Herbert Prohaska) auf gemeinsamen Skiurlaub zu Ex-Weltcup-Abfahrer Uli Spieß nach Mayrhofen begeben.

Prohaska und Daxbacher machen’s möglich, dass auch Alfred Drabits, 52, mit von der Ski-Partie ist. Der einstige Torjäger und beste Skifahrer unter Alt-Kickern, der mit Skischuhen einen Salto rückwärts aus dem Stand beherrschte, muss nach einem Schlaganfall zurück ins normale Leben finden. Das Sprechen bereitet noch Probleme Daxbacher wird Drabits nach Tirol chauffieren, Prohaska ihn seelisch aufbauen. Haberer können auch wahre Freunde sein.

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