Tivolistadion: Wo der Gast kein König ist

Prächtige Kulisse: Die Nordkette bildet den Rahmen für das Innsbrucker Tivolistadion, die Nordtribüne sorgt für die lauten Nebengeräusche.
Das Tivolistadion ist die nächste Station der Bundesliga-Serie.

Man könnte es natürlich auch von dieser Seite sehen: Wer geht schon in ein Fußballstadion, um dort seinen Hunger und Durst zu stillen? Andererseits: Gehören Wurst und Bier nicht zu einem Stadionbesuch, wie das Pfeiferl zum Schiedsrichter?

In Innsbruck empfiehlt es sich jedenfalls, selbst den Proviant ins Stadion mitzunehmen, oder: überhaupt zu fasten. Es sei denn, man hat ein Faible für Bier ohne Schaum oder geschmacksneutrale Hotdogs. Die Verköstigung im Tivolistadion ist seit Jahren Stoff hitziger Diskussionen und Nahrung für die Proteste der Anhänger. Erst im Frühjahr hatten die Fanklubs per Flugblatt ihrem Unmut Ausdruck verliehen: Kalte Würstl, nein danke! Die Kritik richtet sich an den Stadionbetreiber Olympiaworld, der für Speis und Trank verantwortlich ist.

Geheimtipp

Tivolistadion: Wo der Gast kein König ist
Nicht von ungefähr überlegt die neue Wacker-Klubführung, die Imbissstände in Zukunft selbst zu betreuen. Und nicht von ungefähr kochen die Fans mittlerweile selbst auf: Die Grillspezialitäten, die sie im Wacker-Zelt neben dem Westeingang anbieten, sind ein Geheimtipp.

Tauben stehen dort übrigens nicht auf der Speisekarte, auch wenn sie im Tivolistadion heimisch sind, wie unschwer an den Fassaden und Geländern zu erkennen ist. Die Haustauben sind eine so große Plage, dass Kameraleute lange sogar mit Schirmen und Bodyguards vor Attacken aus der Luft beschützt werden mussten. Das Ansiedeln von Falken scheiterte am Veto der Tierschützer.

Ein Veto legten auch die Wacker-Fans ein. Ihnen ist es zu verdanken, dass bei Toren der gegnerischen Teams auf der Tivoli-Vidi-Wall Mattscheibe herrscht, während Innsbrucker Treffer in Superzeitlupe betrachtet werden dürfen. So sieht dann also die berühmte Tiroler Gastfreundlichkeit aus. Warum Gegentore dem Publikum vorenthalten werden? Die Fans auf der Nordtribüne würden schlichtweg ausrasten, wenn sie sich diese Schmach noch einmal ansehen müssten, heißt es dazu aus der Wacker-Geschäftsstelle.

Skurrilitäten

Das ist nicht das einzige Kuriosum in diesem Stadion, das auf den ersten Blick zwar einem Schmuckkästchen gleicht, bei näherer Betrachtung scheint freilich einiges nicht wirklich durchdacht.

So wurde die Tiefgarage unter dem Stadion so konzipiert, dass es nicht möglich ist, direkt ins Stadion-Innere zu gelangen, weshalb Spieler und VIPs nun die ganze Arena umrunden müssen.

So wurde im VIP-Bereich auf eine Klimaanlage verzichtet, weshalb die Wohlfühlzone im 3. Obergeschoß bei Sonnenschein klimatisch einer Saunalandschaft ähnelt.

Und so befindet sich die Hälfte des Spielfeldes in einem Wasserschutzgebiet, weshalb eine Fläche des Rasen häufiger in Mitleidenschaft gezogen wird, da dieser nur mit biologischen Mitteln behandelt werden darf.

Abgesehen davon haben Besuche im Tivolistadion aber immer einen gewissen Unterhaltungsfaktor. Ein Mit-Verdienst der Fans von der Nordtribüne, die zwar immer wieder einmal mit Wurfgeschossen über das Ziel hinausschießen, aber für eine Stimmung sorgen, die man in vielen heimischen Bundesligastadien (Neustadt, Grödig, Südstadt, Wolfsberg) nur vom Hörensagen kennt.

Fakten

Heimvorteil: Red Bull Salzburg.

Kapazität: 30.188 Zuschauer.

Nächstes Heimspiel: 22.9., 19 Uhr (live Sky Austria) gegen den WAC.

Geschichte

Nach langen Diskussionen erfolgte am 8. März 2003 der Spatenstich für das EM-Stadion in Wals-Siezenheim. 2006 wurde die Arena auf 30.000 Sitzplätze ausgebaut, dabei wurde das gesamte Stadiondach um 10,5 Meter angehoben (Gewicht rund 2150 Tonnen). Die Baukosten werden auf 70 Millionen Euro geschätzt. Der Bundesligist (früher SV Austria Salzburg) ist siebenfacher Meister, der letzte Erfolg gelang 2012.

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