Schöttel: "Ich will niemanden kopieren"

Schöttel: "Ich will niemanden kopieren"
Rekord-Rapidler Peter Schöttel will die Hütteldorfer wieder zum Erfolg führen. Wie tickt der neue Trainer?

Peter Schöttel schickt Rapid am Sonntag ab 17.30 Uhr gegen Hoffenheim im Hanappi-Stadion in den letzten Test für die Meisterschaft. Im KURIER-Interview spricht der 44-jährige Trainer über Gefühle, seine Frisur und den Platzsturm.

KURIER: Sie haben den Großteil Ihres Lebens bei Rapid verbracht. Fühlen Sie sich jetzt wie bei einer Heimkehr?
Peter Schöttel: Nein. Aber es macht mich stolz, dass ich erstaunlich rasch wieder zurückkehre. Seit 2006 habe mich verändert. Ich bin entschlossener geworden.

Präsident Edlinger meint, er erlebt den radikalsten Kaderumbau. Teuer wurde die Trennung von Vennegoor of Hesselink. Warum wurde der Vertrag vorzeitig aufgelöst?
Sein gesundheitlicher Zustand war durch die Abnützungserscheinungen einfach nicht mehr ausreichend für regelmäßige Einsätze.

Peter Pacult hatte zu seinem Antritt 2006 betont, dass er einen Neustart will und deshalb Vorgänger Zellhofer nicht um Informationen bittet. Wie haben Sie die Vergangenheit analysiert?
Mir ist es wichtig, zu hören, was der Trainer, der die Spieler jeden Tag sieht, denkt. Deshalb habe ich nicht nur mit Spielern und Funktionären gesprochen, sondern auch Pacult befragt.

Sie waren Verteidiger - wird das in Ihrer Trainer-Philosophie zu spüren sein?
Eine verbesserte Defensivarbeit ist mit unserer Offensiv-Qualität der Schlüssel zum Erfolg. Ich glaube, dass Verteidiger und zentrale Mittelfeldspieler durch ihr Spielverständnis später eine gute Basis als Trainer haben, weil sie nicht so egoistisch sein dürfen wie Stürmer.

Wie wichtig ist Taktik?
Sehr wichtig.

Es halten sie aber auch manche für überbewertet.
Diese Aussage würde Constantini heute nicht wiederholen. Taktik ist ein entscheidender Teil. Es gehören aber auch Puzzlesteine wie Fitness, Technik, Dynamik oder Siegeswillen dazu.

Haben Sie Vorbilder?
Ich hatte als Spieler keines, das ist auch jetzt so. Ich will authentisch bleiben, niemanden kopieren. Ich habe großen Respekt vor jenen, die sich lange oben halten.

Warum?
Weil du als Trainer im Zeitraffer lebst. Du hast jede Woche eine Prüfung, wirst genau beobachtet, musst dich rechtfertigen. Du wirst bewundert und ausgelacht. Du erlebst innerhalb von ein paar Tagen tiefste Trauer und Depression, aber auch Glücksmomente und unglaubliche Freude.

Wie gehen Sie mit Ihren Emotionen um?
Ich war als Spieler nur nach Siegen zufrieden, bei denen auch ich gut war. Ich habe nie verstanden, wie Kollegen sagen können, dass sie zu Hause die Tür aufmachen und alles ist vergessen. Ich nehme Niederlagen schon mit nach Hause.

Wie wirkt sich das aus?
Das Wochenende ist verpatzt. Ich bin wirklich z'wider und grantig. Erst ab Montag wird es mit Blick auf die neue Aufgabe besser. Deshalb könnte ich nie Slalomfahrer sein. Die trainieren das ganze Jahr für nur acht Rennen. Was denken sich die, wenn sie in den ersten beiden Rennen ausscheiden?

Dafür stehen Sie bei Rapid mit jeder Entscheidung im Fokus der Öffentlichkeit.
Von diesem besonderen Stellenwert für Rapid leben wir alle gut. Trotzdem wünsche ich mir mehr Beachtung für kleine Klubs. Wenn wir mit Wr. Neustadt Rapid geschlagen haben, war das nie ein Sieg von uns, sondern für die Medien immer eine Niederlage von Rapid. Egal, wie gut Wr. Neustadt war.

Das erste Trainer-Angebot an Sie kam aus Altach. Warum haben Sie es damals nicht angenommen?
Ich habe mit dem Zirkel von der Wiener Heimat einen Kreis nach Altach geschlagen und bin draufgekommen, dass ich mit dieser Entfernung auch in Polen sein könnte. Ich hab' mich nicht drübergetraut. Aber seit Wr. Neustadt weiß ich, dass ich überall Trainer sein könnte.

Sie sind auf jeden Fall der einzige Trainer in der Liga mit längeren Haaren ...
Wirklich? Das überrascht mich. Ich fühle mich so am wohlsten, wenn die Haare auch schon kürzer werden. Ich wiederhole jetzt aber nicht den Fehler von Franco Foda, für den Fall des Titels eine Glatze anzukündigen.

Sie müssen mit einem Geisterspiel gegen die Admira starten. Wie haben Sie den Derby-Platzsturm erlebt?
Wir haben parallel gegen Sturm gespielt. Deshalb war mir der Platzsturm an diesem Abend noch wurscht. Ich war selbst total fertig wegen des Handspiels von Salkic. Sturm hat gezittert, hätte uns wohl kein Tor mehr geschossen. Dann fehlt uns der Punkt und der Titelkampf wird auch noch beeinflusst.

Wie denken Sie jetzt über die Fan-Probleme?
Der Platzsturm ist durch sportlichen Misserfolg nicht zu rechtfertigen. Es musste daher Sanktionen geben. Im Derby hat sich wieder die Schattenseite des schwierigen Fan-Themas gezeigt. Es hat sich aber zuletzt auch viel Positives entwickelt: der Zuschauerschnitt, viele Frauen im Stadion, begeisterte Kinder. Auch das ist Rapid.

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