Rapid: Das doppelte Debakel hat ein Nachspiel

Fan-Transparent mit Folgen: Die Valencia-Beschimpfung wird Rapid viel kosten
Auf das 0:10 gegen Valencia wird noch eine Strafe wegen der Fans folgen. Was ist passiert?

Sportlich demoliert, als Verein sanktioniert. Der Abschied aus der Europa League wurde für Rapid zum Albtraum. Auf das 0:6 in Valencia folgte vor fast 40.000 (!) Zuschauern in Wien ein ebenso peinliches 0:4 – und internationale Aufregung.

Das "Revanchefoul" der "Ultras" für die Vorkommnisse in Valencia ruft die UEFA auf den Plan: Rapid wird für die beleidigenden Transparente im Fanblock bestraft werden. Ein Gesamtscore von 0:10 und der Fan-Wickel – nach dem doppelten Debakel stellen sich viele Fragen. Der KURIER versucht, acht Antworten zu finden:

Welche Konsequenzen drohen Rapid?

Im eingeleiteten UEFA-Verfahren wird "Beleidigung" als Delikt angeführt. Am wahrscheinlichsten ist eine Geldstrafe und/oder eine Sektorsperre. Das heißt, im ersten Heimspiel der kommenden Europacup-Saison könnte der Fanblock gesperrt werden. Das würde auch für das Allianz Stadion gelten. Die entsprechende Sitzung samt Urteil wird für den März erwartet.

Wie konnte das riesige "Puta Valencia"-Transparent ins Stadion gelangen?

"Nach unseren Erkenntnissen dachten die zuständigen Ordner, es würde sich um das große ,Weststadion‘-Transparent handeln", sagt Geschäftsführer Christoph Peschek. Dieses wird stets zu Beginn der Rapid-Viertelstunde entrollt. "Als Konsequenz daraus werden diese Ordner nicht mehr bei Rapid zum Einsatz kommen."

Gibt es vergleichbare Vorfälle?

Bei zwei Europacup-Heimspielen der Austria hielten violette Fans ein (wesentlich kleineres) Transparent mit "Puta Bilbao" hoch. 2009 musste die Austria dafür 5000 Euro zahlen, 2013 schon 12.000. Seither hat die UEFA die Konsequenzen nochmals verschärft. Außerdem gab es gegen Valencia eine Beschimpfung in drei Akten. "Die Vorfälle von 2009 waren für die Austria der entscheidende Punkt, um in der Fanszene einen Schnitt zu machen", betont Austria-Sprecher Christoph Pflug. "Seither verfolgen wir eine restriktivere Fan-Politik."

Wird der Verein die Fan-Politik verschärfen?

Nein. "Wir lehnen Beleidigungen wie dieses Revanchefoul der Ultras entschieden ab", hält Peschek fest, das wird auch in einer Stellungnahme betont. Aber: "In zehn von zwölf Europacupspielen wurden wir von der UEFA und den Gegnern für unsere Fans gelobt. Wir werden deshalb jetzt nicht die ganze Fan-Arbeit über den Haufen werfen."

0:10: War Valencia so gut oder Rapid so schlecht?

Am ehesten beides. Mario Sonnleitner erkannte: "Valencia gehört in die Champions League, wir in die Europa League." "Rapid ist nicht so schlecht, das zeigen die Gruppenergebnisse", meint Valencia-Coach Neville. "Jetzt sind sie auf ein brillantes Valencia getroffen. Wir waren in beiden Spielen fantastisch."

Rapid-Coach Barisic glaubt: "Das Duell ist um ein, zwei Jahre zu früh gekommen. Valencia kann die Europa League gewinnen." Um in der Zukunft auf diesem Niveau eine Chance zu haben, müsste laut Barisic "der Großteil unserer Mannschaft noch länger zusammen bleiben". Und das ist höchst unrealistisch.

Hat Rapid aus den Fehlern beim 0:6 gelernt?

Nur in Hälfte eins, als durch eine defensivere Ausrichtung die Lücken zwischen Abwehr und Mittelfeld besser geschlossen wurden. Mit Blick auf den für den fünften Europacup-Startplatz nötigen Sieg wurde Rapid dann offensiver – und schonungslos zerlegt. Die Startelf war beim 0:4 im Schnitt nur knapp über 23 Jahre jung – taktisch überlegen wäre Valencia aber auch gegen mehr Routiniers gewesen. Sportdirektor Müller ärgerte "das fehlende Durchsetzungsvermögen" besonders. Barisic hob die "perfekte Technik" der Spanier hervor: "Auch wenn es wehtut, das zu akzeptieren – es gibt bei der Spielerqualität einen großen Unterschied zu Valencia."

Was bleibt von dieser Europacup-Saison?

Hauptsächlich viel Geld. Zumindest wurde durch die fünf Gruppensiege der Komplettabsturz von Österreich in der Fünfjahreswertung verhindert. Der angestrebte 15. Platz ist in den nächsten Jahren aber noch weiter entfernt. Für Rapid endete eigentlich die erfolgreichste Europacup-Saison seit 20 Jahren. Das blamable Ende droht die Erinnerung daran aber ins Negative zu drehen.

Wie geht’s weiter?

Bereits morgen im Prater gegen Grödig, zur ungewohnten, aber familienfreundlichen Ankick-Zeit um 14 Uhr. Das Reizwort "Doppelbelastung" ist Vergangenheit. Für den angepeilten Pflichtsieg gegen den Abstiegskandidaten wird eine komplett veränderte Elf einlaufen. Steffen Hofmann und Kainz sollten wieder fit sein, Dibon brennt auf sein Comeback. Nutz hätte schon gegen Valencia spielen sollen, war aber nach einer Grippe noch geschwächt. Auch Stangl könnte wieder fit werden. Nur Sonnleitner (Fieber) droht neu auszufallen.

Natürlich beeilte sich Rapid mit der Feststellung, dass der Anteil des Wahnsinns in der eigenen Fan-Masse ein sehr beschränkter ist. Logisch ist das Verbot zu pauschalieren. Das bedarf eigentlich keiner besonderen Erwähnung. Zur Sicherheit sei auch an dieser Stelle festgehalten: Menschen, die zu Rapid-Spielen ins Stadion kommen, tun dies, um in großer Mehrheit Stimmung für ihre Mannschaft zu machen.

Dennoch, man wird den Eindruck nicht los, dass der Klub, der sich bis 2019 unter den Top-50-Klubs Europas etablieren will, zu gnädig mit seinen altbekannten Störenfrieden umgeht.

Wie konnte es passieren, dass eine Gruppe, die ihre höchst fragwürdigen, ultra-kindischen bis zutiefst beleidigenden Spielregeln zum wiederholten Male höher hängen darf, als es die Gesetze des Klubs erlauben?

Wie ist möglich, dass es eben dieser Gruppe wieder einmal locker gelingt, ein riesiges Transparent ins Stadion zu schmuggeln, als sei es ein zusammengeknülltes angerotztes Papiertaschentuch in der Hosentasche irgendeines Besuchers? Und warum kann es sein, dass Rapid sich zwar entschuldigt für die Peinlichkeit einiger seiner Fans, aber gleichzeitig versucht, das vereinsschädigende Verhalten irgendwie zu erklären?

Rapid bekommt ein neues Stadion, wird gut gefüllte Tribünen haben. Und das gelingt auch ohne den Anteil des Wahnsinns. Dementsprechend muss endlich gehandelt werden.

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