Ralph Hasenhüttl: "Ich bin eingedeutscht"

Der Ex-Stürmer und jetzige Aalen-Trainer im Interview über deutsche Tugenden und fehlendes Heimweh.

Es ist halb neun Uhr am Abend, als Ralph Hasenhüttl zurückruft. "Ich sitze in meinem Büro, mein Arbeitstag ist jetzt zu Ende und ich hätte Zeit für das Interview", sagt der 44-jährige Steirer, der Österreich 1996 verlassen hat. Seit 1998 inhaliert er neben dem Dialekt auch die oft zitierten "deutschen Tugenden" und möchte mit Aalen in die zweite Liga aufsteigen.

KURIER: Herr Hasenhüttl, von den wenigen Trainer-Legionären sind Sie bei dem sportlich derzeit wohl relevantesten Verein beschäftigt. Warum sind Sie in der österreichischen Öffentlichkeit überhaupt nicht präsent?
Ralph Hasenhüttl: In der vierten Liga gibt’s ja noch Peter Pacult, über den sicher mehr geschrieben wird. Aber das hängt wohl auch mit seinen Erfolgen in Österreich zusammen. Um ohne Kontakte nach Österreich in der Heimat anerkannt zu werden, muss man im Ausland schon sehr viel leisten. Aber mich stört das wirklich nicht.

Fühlen Sie sich Österreich nach 13 Jahren in Deutschland noch verbunden?
Ich fühle mich schon noch als Österreicher. Aber ich bin eingedeutscht, was den Fußball betrifft. Ich habe mir hier schon einen Namen gemacht, während sich in Österreich nur noch ein paar an mich als Spieler erinnern.

Was fällt Ihnen auf, wenn Sie als Österreicher den deutschen Fußball betrachten?
Dass es hier mittlerweile sehr viele gute Österreicher gibt. Bis hinunter in die dritte Liga. Ich werde sicher auch mal welche holen. Wir haben in der Vorbereitung gegen die Stuttgart Amateure gespielt und ein gewisser Holzhauser hat uns zwei super Tore gemacht. Ich habe erst danach erfahren, dass er ein Österreicher ist.

Er hat 2009 mit 16 Jahren Rapid verlassen, um sich in Deutschland weiterzuentwickeln.
Das ist sicher kein schlechter Weg. In Deutschland bist du brutal im Fokus. Wenn du es hier schaffst, hast du für deine Karriere alle Möglichkeiten.

Welche Ziele verfolgen Sie mit Aalen?
Unser mittelfristiges Ziel ist die zweite Liga. Als ich vor einem Jahr gekommen bin, ging es noch gegen den Abstieg. Im Sommer habe ich im Alleingang eine neue Mannschaft zusammengestellt. Weil Markus Schupp, den ihr ja noch von Sturm kennt, erst später als Sportdirektor dazugekommen ist. Jetzt spielen wir vorne mit und wollen auch rauf.

Ist eine Rückkehr als Trainer nach Österreich denkbar?
Ich wurde bei Unterhaching im Februar 2010 freigestellt und habe dann einige Angebote - auch aus Österreich - abgelehnt, weil ich auf einen so ambitionierten Klub wie
Aalen gewartet habe. Ich möchte auf jeden Fall hier in Deutschland meinen Weg machen.

Sie haben vor zehn Jahren noch für die Bayern Amateure gestürmt. Was haben Sie aus München für ihre Karriere mitnehmen können?
Das hat mir sehr viel gebracht. Ich habe seither meinen Hauptwohnsitz in München und jetzt noch gute Kontakte zum Klub, etwa zu Co-Trainer Hermann Gerland. Ich durfte noch als Spieler mit unglaublichen Talenten wie Schweinsteiger und Lahm kicken. Seither weiß ich, wie weit die Jungen schon sein müssen, um ganz nach oben kommen zu können. Jetzt versuche ich, Talente besonders zu fördern.

Ihre "Hasi-Rolle" ist legendär. Ist dieser Torjubel auch in Deutschland bekannt?
Nur einmal hat einer meiner Spieler etwas von damals entdeckt, das ist in unserer multimedialen Gesellschaft ja mittlerweile möglich. Aber sonst ist die "Hasi-Rolle" in Deutschland nicht bekannt.

Aalen oder Ahlen - gibt es zwischen diesen Vereinen auch in Deutschland Verwechslungen?
Ja, laufend. Wenn ich in München erzähle, dass ich Aalen trainiere, sagen die meisten: `Oh, das ist aber weit weg.‘ Weil sie an Ahlen in Westfalen denken. Mittlerweile ist mein Aalen erfolgreicher und steht so gut da wie noch nie.

Ralph Hasenhüttl wurde am 9. August 1967 in Graz geboren und spielte für den GAK, Austria und Salzburg, ehe der achtfache Teamspieler als Legionär für Mechelen, Lierse (jeweils Belgien), Köln, Fürth und Bayerns Amateure stürmte.

Ab 2004 trainierte der vierfache Meister Unterhachings Jugend, 2007 stieg er für drei Jahre zum Chefcoach auf. Im Jänner 2011 übernahm er Aalen (in Württemberg). Heuer liegt er mit Platz drei auf Aufstiegskurs. Ein Geldgeber ist Grödigs Hauptsponsor "Scholz".


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