ÖFB-Teamspielerin Zadrazil: "Fair ist das sicher nicht"

Sarah Zadrazil führte Österreichs Frauen erstmals zu einer EM.
Teamspielerin Zadrazil über ihre Bezahlung, die USA und die Zukunft als Kindergärtnerin.

Mit 17 Jahren debütierte Sarah Zadrazil im Nationalteam. Heute gehört die Salzburgerin mit 24 zu den Routiniers und den wenigen, die noch nicht im Nationalen Zentrum für Frauenfußball in St. Pölten ausgebildet wurden.

Die zentrale Mittelfeldspielerin mit Bachelor-Titel fand ihren Weg via USA, ist Stammspielerin beim deutschen Leader Turbine Potsdam und führte Österreich zur ersten EM-Endrunde.

KURIER: Sind Sie aufgrund Ihrer ungewöhnlichen Karriere anders als Ihre Kolleginnen?

Sarah Zadrazil: Nein, das glaube ich nicht. Jede hat ihre eigene Geschichte, aber wir kämpfen gemeinsam, haben die gleichen Ziele und sind im Team ähnlich.

Sie haben die Kindergartenschule besucht. Kann man da etwas mitnehmen für eine spätere Karriere als Fußballerin?

(lacht) Ich glaube, man könnte eher etwas für den Trainerbereich mitnehmen: Der soziale Umgang ist in diesen Jobs sehr wichtig. Mir macht die Arbeit mit Kindern viel Spaß, ich werde das nach der Karriere auch als Kindergärtnerin ausüben.

Sie sind mit 19 Jahren in die USA übersiedelt. Wie haben Sie diesen Sprung empfunden?

Es war ein riesiges Abenteuer. Am Anfang war es nicht immer leicht, mit der Sprache und der fremden Kultur. Aber es hat sich ausgezahlt!

Sie waren die erste Fußballerin aus Österreich in den USA. Warum waren Sie so mutig?

Ich hatte immer diesen Traum vom Frauenfußball in den USA. Nach dem Angebot bin ich mit meinem Vater hin und war begeistert.

Wird dort anders gespielt?

Es wird extrem viel Wert auf das Körperliche und die Ausdauer gelegt. Ich hatte technisch eine sehr gute Ausbildung, aber bei der Fitness musste ich im College zulegen, um international mithalten zu können. Das hilft mir jetzt in Deutschland. Wobei in der deutschen Liga auch das Tempo und die Technik noch einmal besser sind.

Sie waren bei den Profis in Portland und wechselten dann doch zu Potsdam nach Deutschland. Wie ist das abgelaufen?

Ich wurde zu einem Try-out der Profis in Portland eingeladen, das war spannend und auf extrem hohem Niveau. Dann kam aber das Angebot aus Deutschland. Mit dem Vorteil, dass auch die Abstellzeiten für das Nationalteam immer geregelt sind.

Leben Sie als Profi?

Ich kann ganz gut davon leben, aber man braucht für später ein zweites Standbein. Ich verdiene ausreichend, aber für die Zukunft wäre das nicht genug, deswegen ist mein Abschluss als Bachelor auch wichtig. Es gibt hier auch viele Halb-Profis: Studentinnen oder Spielerinnen mit einem Zweitjob.

Ist die Bezahlung in der Kabine ein Thema? Oder finden Sie es fair, dass die Männer ein Vielfaches verdienen?

Nein, fair ist das sicher nicht. Aber ein Thema ist das Gehalt trotzdem nicht, weil wir nicht fürs Geld spielen. Wir wissen natürlich um den Stellenwert der männlichen Fußballer. Auch wenn’s spürbar ist, dass es für Frauenfußball in der öffentlichen Wahrnehmung bergauf geht.

Spüren Sie den Unterschied in der Anerkennung zwischen Deutschland und Österreich?

Ja, auf jeden Fall. In Deutschland ist der Frauenfußball ein viel größeres Thema, auch wegen der großen Erfolge. In Österreich wird es seit der Qualifikation für die EM besser. Trotzdem ist noch viel Luft nach oben.

ÖFB-Teamspielerin Zadrazil: "Fair ist das sicher nicht"
ABD0155_20160606 - HORN - ÖSTERREICH: Sarah Zadrazil (AUT) am Montag, 6. Juni 2016, anl. des Frauen-EM-Qualifikationsspiels zwischen Österreich und Israel in Horn. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Werden Sie auch noch mit Vorurteilen konfrontiert?

Selten. Es wird zumindest akzeptiert, dass Fußball ein Frauensport sein kann.

Wenn ich bei Endrunden Frauenfußball schaue, kommt mir vor, als würde die taktische Ordnung genauer umgesetzt und eingehalten als bei Männern. Ist Ihnen das auch aufgefallen?

Ja. Die Taktik spielt im Frauenfußball eine extrem große Rolle. Mit Taktik kann man extrem viel erreichen, taktische Disziplin ist für uns im Team ganz wichtig, und ich sehe die Bedeutung immer mehr. Auch bei der Herren-EM war das zu sehen. Da schauen sich unsere Trainer sicher wieder einiges ab.

Was können Sie vom Turnier auf Zypern mitnehmen?

Ergebnisse sind jetzt zweitrangig, wir arbeiten sehr prozessorientiert. Und da können wir für die EM sicher wieder einiges mitnehmen. Bei der Endrunde in den Niederlanden sind wir dann der Underdog, diese Rolle wollen wir annehmen und das Beste rausholen.

Wenn Sie später als Kindergärtnerin arbeiten: Würden Sie jedem talentierten Mädchen raten, alles daranzusetzen, Profifußballerin zu werden?

Zum Fußball würde ich auf alle Fälle raten. Das ist ein toller Mannschaftssport, in dem wir wichtige Erfahrungen machen. Ich würde aber jedem Mädchen dazu raten, auf ein zweites Standbein nicht zu vergessen.

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