Teamchef-Frage: Alle für einen – fast

Alle lieben Marcel: Der Teamchef aus der Schweiz steht bei Reservisten wie Manuel Ortlechner ebenso hoch im Kurs wie bei David Alaba, dem Star des Teams.
Die Nationalspieler machen sich für Marcel Koller stark, doch der Verband zögert.

Irgendwie könnte man glauben, in einer völlig verkehrten Fußball-Welt zu leben. Noch selten zuvor in der Geschichte des österreichischen Nationalteams – und das existiert nun doch schon einige Zeit – wurde einem Teamchef nach einer gescheiterten Qualifikation dermaßen der Rücken gestärkt wie derzeit Marcel Koller. Von den Fans, von den eigenen Spielern, die unmittelbar nach dem 3:0-Erfolg auf den Färöern noch im Stadion verbal für den Schweizer aussagten, als hätten sie die prekäre Lage erkannt und müssten zu einem Schlussplädoyer ansetzen.

Nicht Anwesende wie Marc Janko äußerten sich via Facebook (siehe unten) und verdeutlichten, was sie über die Teamchef-Frage denken: „Lieber Marcel, hier spricht dein Gewissen, dein Herz: Bleib doch zumindest für die kommende Quali bei den Österreichern ...“

Deutlicher geht es nicht.

Kapitän Christian Fuchs sprach stellvertretend für die Mannschaft: „Wir wollen mit ihm weiterarbeiten. Wir haben einen guten Weg eingeschlagen. Es wäre fatal, jetzt alles über den Haufen zu werfen.“ Martin Harnik, in wichtigen Situationen nicht um ein klares Wort verlegen: „Wir hoffen, dass es nicht an Vertragsdetails oder Gehaltsvorstellungen scheitert. Dieser Rückschlag wäre riesig – so als ob wir David Alaba vor die Tür setzen würden. Das können wir uns nicht erlauben. Es wird schwierig, so einen guten Trainer noch einmal zu finden.“

Pokern

Die Spieler können argumentativ das Zünglein an der Waage sein. Allein: Entscheiden können sie nicht, ob Kollers Vertrag eine Verlängerung erfährt. So sieht es auch ÖFB-Präsident Leo Windtner: „Wir werden noch reden. Aber es bricht beim ÖFB jetzt keine Panik aus. Und Romantik ist in diesem Geschäft jetzt fehl am Platz.“

Seit einem halben Jahr wird verhandelt, intensiv, dann wieder aus verhärteten Positionen. Zuletzt wollte sich Koller ausschließlich auf das Finish der WM-Qualifikation konzentrieren. Ab sofort darf also weitergesprochen und gefeilscht werden.

Natürlich geht es ums Honorar, das Koller geschickt in die Höhe trieb. Die öffentlichen Zurufe seiner Schützlinge spielen ihm freilich in die Karten und setzen den ÖFB unter Druck. Zudem kommt das Interesse von Nürnberg, der noch in dieser Woche den neuen Trainer vorzeigen will. Ist es Koller? Doch der Niederländer Verbeek?

Koller geht es in den Gesprächen mit dem ÖFB nicht ums Geld allein (Nürnberg soll laut Schweizer Medien 1,4 Millionen Euro im Jahr bieten), es sind auch andere Dinge aus der zweijährigen Vergangenheit, die der Schweizer im internen Ablauf anders gestaltet haben möchte. Nach außen hin gibt sich Koller smart, er fühlt sich geehrt von dem Zuspruch. Er freute sich über die Koller-Gesänge der mitgereisten Fans in Torshavn. „Das spielt bei meiner Entscheidung sicher eine Rolle, ist aber nur Teil des Ganzen.“

Positiv

18 Spiele hat der 52-Jährige als ÖFB-Teamchef absolviert – 8 Siege, 3 Remis und 7 Niederlagen. Somit ist er der erste Langzeit-Teamchef seit Herbert Prohaska, der eine positive Bilanz vorweisen kann. Koller muss wohl abwägen zwischen der täglichen Arbeit eines Klubtrainers und der völlig unterschiedlichen Aufgabe eines Teamchefs. Koller: „Am Anfang hatte ich große Probleme, nicht täglich auf dem Platz zu stehen. Mittlerweile kann ich mich mit beide Aufgaben anfreunden.“

Fortsetzung folgt.

Die WM-Quali im Zeitraffer

17 Punkte aus zehn Spielen, dazu ein Torverhältnis von 20:10. Die Leistungen der Österreicher waren ordentlich, wenn auch zum dritten Mal in Serie bei einer WM-Qualifikation nur Platz drei herausschaute und der große Coup ausblieb. Das unterstreicht auch die Tatsache, dass die Österreicher mit ihrer Ausbeute der beste aller Gruppen-Dritten waren und mit zehn Treffern ebenso wenige erhalten haben wie die Deutschen. Dazu hat das Team von Marcel Koller mit 17 Punkten mehr Zähler erreicht als vor vier (14 Punkte) bzw. acht Jahren (15).

Der Blick ist aber in die Zukunft gerichtet. Nach der Rückreise zu den Klubs kommen die Teamspieler bald wieder zusammen. Während auf anderen Schauplätzen das Play-off zur WM 2014 steigt, kommt es am 19. November in Wien zum Test gegen die USA mit Teamchef Jürgen Klinsmann und Assistent Andreas Herzog.

Nach dem Jahreswechsel kommt es erst am 5. März wieder zum nächsten Länderspiel. Wer der Gegner ist, steht im Gegensatz zum Spielort noch nicht fest. Die Partie wird im Klagenfurter EM-Stadion ausgetragen.

Die Qualifikation für die EM 2016 erfolgt dann im September des nächsten Jahres. Die Auslosung der Gruppen findet am 23. Februar 2014 in Nizza statt. Erstmals teilnehmen an der Qualifikation wird Gibraltar.

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