Loch auf, Loch zu: Das Finanzsystem von Rapid

APA9238468 - 29082012 - WIEN - ÖSTERREICH: Rapid-Präsident Rudolf Edlinger , am Mittwoch, 29. August 2012, anl. einer Pressekonferenz zum Thema " Ausschreitungen während der Fußball-Europa-League zwischen PAOK Saloniki und Rapid " in Wien. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER
Warum das aktuelle Minus kein Zufall ist.

Der Offenbarungseid am Dienstag übertraf die schlimmsten Befürchtungen. Rapid muss so radikal sparen, dass der Kader ohne neue Spieler lediglich Stückwerk bleiben wird.

Sportdirektor Schulte wurde in der jüngsten Kuratoriumssitzung dafür – in Zusammenhang mit der nun kostspieligen Verlängerung von Ex-Trainer Schöttel – attackiert. Doch Präsident Edlinger stellte sich hinter den Deutschen: Das Präsidium mit ihm an der Spitze hätte den Wunsch einer Vertragsverlängerung geäußert, Schulte sei schuldlos.

Hasardspiel

Und wer trägt die Hauptschuld am aktuellen Finanzdebakel, das weit über die Zusatzkosten in der Trainerfrage hinausgeht? Die KURIER-Analyse muss mit einer Richtigstellung beginnen: Das öffentliche Image von Ex-Finanzminister Edlinger als Sparefroh ist grundfalsch.

Tatsächlich installierten Edlinger und Manager Kuhn als sein engster Vertrauter ein System des „kalkulierten Risikos“ (manche sehen darin einen Widerspruch in sich): Jede Saison beginnt mit einem Budget mit zehn bis 15 Prozent Unterdeckung. Was bei Ausgaben von rund zehn Millionen Euro pro Jahr noch einen überschaubaren Fehlbetrag von maximal 1,5 Millionen ergibt, wächst sich bei den aktuell veranschlagten Ausgaben von 19,5 Millionen zum Hasardspiel aus.

Ein Beispiel: Wenn Rapid letzte Saison nicht durch einen umstrittenen Elfer in der 94. Minute gegen Novi Sad im Europacup aufsteigt, gibt es keine Einnahmen aus der Gruppenphase der Europa League. Die Bundesliga-Lizenz hätte gewackelt.

Wie sich die Hütteldorfer über ein Jahrzehnt mit diesem Konzept durchschwindeln konnten, klingt im Rückblick abenteuerlich. Zuerst halfen die EADS-Millionen, deren Annahme unter dem Motto „Geld stinkt nicht“ zu verstehen ist. Dann begann die Phase der Budget-Vorgriffe: Sponsoren wurden gebeten, früher als vereinbart Geld zu überweisen – mit der Hoffnung, in der Zwischenzeit neue Quellen zu finden.

In der Ära von Sportdirektor Hörtnagl waren das Spielerverkäufe. Anfang 2007 betrug das negative Eigenkapital rund fünf Millionen Euro. Bis Ende 2010 konnte er mit Transfers einen Netto-Gewinn von rund acht Millionen erwirtschaften. „Unter Hörtnagl wurde der Verein gesund“, lobte Edlinger nach dessen Rücktritt 2011.

In den letzten Saisonen wurde das alljährliche Loch mit den drei Einzügen in die Europa League gestopft.

Sponsorenflucht

Heuer und 2012 hat Rapid jeweils fünf teure Spieler verabschiedet. Beginnt dadurch endlich eine Saison bei Null? Im Gegenteil. Die OMV reduzierte den früheren Jahresbetrag von 1,8 Millionen massiv; statt „orange“ (1,4 Millionen) will „3“ nur „stark eingeschränkt sponsern“. Großsponsoren suchte Kuhn stets vergeblich. Die Europa League wäre nötig, ist aber mit diesem Kader fraglich.

Und warum wird jetzt das Risiko durch den Transferstopp eingeschränkt? Weil das abtretende Präsidium bei der Hauptversammlung im Herbst die Zahlen veröffentlichen muss und entlastet werden will. Rien ne va plus.

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