Otto Baric, ein Mann der Österreich abgeht

VIE05:FUSSBALL:WIEN,19AUG99 - Der Trainer der oesterreichischen Fussballnationalmannschaft Otto Baric zeigte sich heute bei seiner Pressekonferenz mit dem gestrigen Spiel gegen Schweden relativ zufrieden. Baric meinte, dass das Ergebnis eine Riesenerleichterung sei und man nun auch wieder in die Zukunft schauen koenne. Im Bild Baric waehrend der Pressekonferenz. lf/REUTER OESTERREICH/Photo by Achim Bieniek REUTERS
Die vielleicht schillerndste Trainerfigur in Österreichs Bundesliga wurde am Mittwoch 80.

Da ist es wieder. Dieses liebenswürdig quirlige, wegen seiner grammatikalischen Attraktionen so einzigartig gewordene Mitteilungsbedürfnis. Für die Jüngeren im Publikum: Otto Baric spricht, pfeift wie eh’ und je auf die Taktik in seiner Satz- und Wortstellung und hält den schulmäßigen Gebrauch eines Artikels grundsätzlich für überbewertet. Unverändert. Unverkennbar.

80 Jahre alt ist er soeben geworden – Feiertag auf der kroatischen Insel Krk. Dennoch, das eine oder andere „Hicks“, welches den Redeschwall manchmal zerhackt, hat wohl weniger damit zu tun. Der Jubilar redet klar, genießt die Lawine der Gratulationen , zieht nach dem ersten Teil der Feierlichkeit ein zufriedenes Resümee:

„Perfekte Fisch, perfekte Wein.“

Was denn an diesem 19. Juni noch auf dem Programm steht? Mit Freunden Karten spielen, dazwischen eine Abkühlung im Meer und am Abend werde ohnehin alles „maximal perfekt“ sein. Und wenn Otto Baric etwas für ziemlich „maximal“ befindet – und dies geschieht Minimum noch immer in jedem zehnten Satz – kommt der zum konzentrierten Hinhören zwingende Hinweis: „Schauen Sie, ...“

„Schauen Sie“, meint Baric über den gemütlich ausgerichteten Geburtstag, „das habe ich mir verdient.“

Otto Baric, ein Mann der Österreich abgeht
epa000214124 Croatian coach Otto Baric gives instructions to the Croat team during their Group B Croatia vs France European Championships game at the Dr. Magalhaes Pessoa stadium in Leiria , Portugal Thursday 17 June 2004. The game ended in a 2-2 draw. EPA/ANTONIO SIMOES +++ NO MOBILE APPLICATIONS +++
Unwidersprochen. Dem jüngeren Fußball-Konsumenten sei an dieser Stelle noch einmal verdeutlicht: Der 1933 geborene Otto Baric war in den Siebzigern, Achtzigern und Neunzigern der wohl erfolgreichste, unterhaltsamste und polarisierendste Trainer, den Österreichs Bundesliga je gesehen hat. Dort, wo er gerade war, geriet alles in Bewegung, entstand ein Spektakel im Fokus maximaler medialer Aufmerksamkeit. Egal, ob in Salzburg, Steyr, Wien, Graz oder Linz. Insgesamt sieben Mal wurde er Meister: mit Innsbruck (2), Rapid (3), Salzburg (2). Zwei Mal hätte der Kroate in einem Europacup-Finale (1985 mit Rapid, 1994 mit Salzburg) beinahe die österreichische Fußballgeschichte umgeschrieben.

Erfolgsverwöhnt

Baric fühlte die Taktik im Bauch, hatte das Gespür für die Situation im kleinen Finger. Unglaublich seine Präsenz, unermüdlich sein Trampeln auf den Nerven des jeweiligen Klubchefs, wenn es galt, einen Wunsch zu erfüllen. Nur ihm konnte es gelingen, sich bei der Austria als Berater hineinzureden, gleichzeitig die Unverzichtbarkeit seiner Anwesenheit mit der bis dahin branchenfremden Bezeichnung „Visitator“ zu unterstreichen.

Otto Baric, ein Mann der Österreich abgeht
Legendär seine Monologe, vorgetragen mit erhobenem Zeigefinger, weit aufgerissenen Augen, Worte, die wie Pistolenschüsse aus spitzer Mündung in die Zuhörerschaft gefeuert wurden. Ein Ventil, wenn sich Baric einer himmelschreienden Ungerechtigkeit ausgeliefert sah, manchmal als fröhlich vor sich hin sprudelnde Quelle, wenn es das Showgeschäft gerade verlangte. Authentisch war die Marke Baric dabei allemal.

Kreativ bis verwirrend die Gesetzmäßigkeiten, die der Meistermacher im Laufe der Jahre in die Öffentlichkeit transportierte. Ein Klassiker: Diese Spieler, was können nicht, können nicht deshalb nicht, weil sie nicht wollen.

In jeder Coaching Zone, in der sich Baric aufhielt, herrschte Explosionsgefahr. Schwer zu kontrollieren war manchmal, was da auf der Zunge lag. Bespuckt hat er Kakhaber Tskhadadze in Salzburgs Europacup-Viertelfinalspiel gegen Frankfurt und die gerechte Geldstrafe der UEFA ereilte ihn für abfällige Aussagen über homosexuelle Fußballer.

Oft regte seine Begeisterung aber zum Schmunzeln an. 1998, in der Funktion als – hoch geschätzter – KURIER-WM-Kolumnist mündete seine Schwärmerei über den Franzosen Djorkaeff und den Niederländer Bergkamp in der genialen Personalunion Djorkamp.

Tierisch

Was er in seiner beruflichen Laufbahn bereut hat? „Schauen Sie, mein größter Fehler war, dass ich 1988 kein Angebot aus dem Ausland angenommen habe, bin von Rapid zu Sturm gegangen. Hab’ ich damals praktisch getauscht gutes Pferd gegen – wie sagt man? – ah ja, Esel. Aber immerhin: war sehr gute Esel.“

Ja, es gibt keinen mehr wie Otto Baric in der Bundesliga. Und das ist schon maximal schade.

Otto Baric wurde 1933 in Eisenkappel geboren, aufgewachsen ist er in Zagreb. Der Trainer-Job wurde seine Berufung. Österreichischer Meister wurde er mit Wacker Innsbruck (1971, ’72), Rapid Wien (1983, ’87, ’88) und mit Austria Salzburg (1994, ’95).

Mit Rapid erreichte er das Finale im Europapokal der Pokalsieger (1:3 gegen Everton 1985), mit Salzburg das UEFA-Cup Finale gegen Inter Mailand (0:1, 0:1, 1994.) Von 1999 bis 2001 war Baric österreichischer Teamchef.

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