Vertrag verlängert: Koller bleibt ÖFB-Teamchef

Marcel Koller bleibt.
Der Schweizer verlängert seinen Vertrag und nominiert mit Schöpf einen Debütanten.

Was als routinemäßige Kaderbekanntgabe für die Testspiele gegen Albanien und die Türkei angekündigt war, hat am Dienstag einen Paukenschlag gebracht: Marcel Koller verlängerte seinen Vertrag als Teamchef von Österreichs Nationalmannschaft bis zum Ende der Qualifikation für die WM 2018. Sollte sich die ÖFB-Auswahl für das Event in Russland qualifizieren, läuft der Kontrakt bis Sommer 2018.

Der ursprüngliche Vertrag des Schweizers wäre nach der EURO 2016 in Frankreich ausgelaufen. ÖFB-Präsident Leo Windtner hatte schon nach der erfolgreichen Qualifikation angekündigt, dass es das Ziel sei, noch vor der EM zu wissen, wer nach der Endrunde als ÖFB-Coach fungiert.

Dieses Versprechen wurde nun vorzeitig eingelöst - sehr zur Freunde von Windtner. "In den viereinhalb Jahren unter Koller ist viel aufgebaut worden. Wir haben die EM-Qualifikation souverän geschafft und sind Zehnter der Weltrangliste", sagte der Oberösterreicher und zeigte sich zufrieden, dass schon knapp drei Monate vor EM-Beginn alle Spekulationen beendet sind. "Wir können uns jetzt voll auf eine optimale Vorbereitung konzentrieren."

"Verhandlungen waren kein Kinderkaffeekränzchen"

Vertrag verlängert: Koller bleibt ÖFB-Teamchef
ABD0052_20160315 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.n.r.) ÖFB-Generaldirektor Alfred "Gigi" Ludwig, ÖFB-Präsident Leo Windtner, Teamchef Marcel Koller und sein Manager Dino Lamberti am Dienstag, 15. März 2016, nach Ende einer Pressekonferenz des ÖFB anl. der Kaderpräsentation vor den Länderspielen gegen Albanien und Türkei in Wien. Koller hat seinen Vertrag bis Ende 2017 verlängert. Bei erfolgreicher Qualifikation für die WM 2018 in Russland verlängert sich die Zusammenarbeit bis nach dem Turnier. - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT
Laut Koller-Manager Dino Lamberti erfolgte die Einigung "schon vor langer Zeit", am Montag wurden letzte Details fixiert. "Die Verhandlungen waren kein Kinderkaffeekränzchen, aber wir haben einen fairen Kompromiss geschafft", sagte Windtner und betonte, mit der Verlängerung von Koller sei auch "dem Wunsch von Spielern, Fans und Öffentlichkeit" entsprochen worden. "Jetzt freuen wir uns auf die Fortsetzung unseres Weges, eine gute EM und eine gute WM-Quali."

ÖFB-Generaldirektor Alfred Ludwig ergänzte: "Wir hoffen, dass Koller noch viele Jahre bei uns ist. Er tut der Mannschaft gut."

Auch Koller selbst war die Erleichterung über die nun erfolgte Zukunftsentscheidung anzumerken. "Es ist sehr gut, dass wir uns so früh gefunden haben, das lässt uns in Ruhe arbeiten und wir können uns auf das Fußballerische konzentrieren", erklärte der Schweizer.

In der Weltrangliste so gut wie nie

Die bisherige ÖFB-Bilanz des 55-Jährigen steht seit seinem Amtsantritt im November 2011 bei 19 Siegen, 7 Remis und 9 Niederlagen in 35 Partien bei einem Torverhältnis von 60:35. Die jüngsten neun Pflichtspiele wurden allesamt gewonnen - auch deshalb ist die ÖFB-Auswahl mit Rang zehn in der FIFA-Weltrangliste so gut wie noch nie platziert.

Für Koller ist das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht. "Das Team hat weiterhin die Möglichkeit, gut zu spielen, wenn alle fit und bereit sind, den Weg mitzugehen", erklärte der Coach und ergänzte: "Es ist schwierig zu sagen, wo es noch hingehen könnte. Wir sind jetzt Weltranglisten-Zehnter, das ist für Österreich außergewöhnlich, dortzubleiben wird schwierig genug. Doch wir wollen versuchen, den erfolgreichen Weg beizubehalten und nicht aus Nachlässigkeit zurückzufallen."

Koller, dem anfänglich viel Skepsis entgegengebracht worden war, fühlt sich in Österreich und beim ÖFB offenbar sehr wohl. "Wir haben etwas geschaffen, das verbindet. Und wenn es gut läuft, gibt es keinen Grund, auseinanderzugehen", sagte Koller. Über die finanziellen Modalitäten wurden keine Angaben gemacht, der Schweizer gab aber zu: "Geld spielt auch eine Rolle."

Im Schatten seiner Vertragsverlängerung gab der Schweizer auch den Kader für die freundschaftlichen Länderspiele gegen Albanien (26. März, 17.30 Uhr) und die Türkei (29. März, 20.30 Uhr) bekannt. Erstmals in den Kader schaffte es der 22-jährige Alessandro Schöpf (mehr dazuhier), der im Winter von Nürnberg zu Schalke 04 gewechselt war.

Der Kader

Tor: Robert Almer (Austria Wien/26 Länderspiele), Heinz Lindner (Eintracht Frankfurt/7), Ramazan Özcan (FC Ingolstadt/5)

Abwehr: Aleksandar Dragovic (Dynamo Kiew/43/1 Tor), Christian Fuchs (Leicester City/72/1), György Garics (SV Darmstadt/40/2), Martin Hinteregger (Borussia Mönchengladbach/10/0), Florian Klein (VfB Stuttgart/33/0), Sebastian Prödl (FC Watford/55/4), Markus Suttner (FC Ingolstadt/14/0), Kevin Wimmer (Tottenham Hotspur/2/0)

Mittelfeld: David Alaba (Bayern München/42/11), Marko Arnautovic (Stoke City/48/10), Julian Baumgartlinger (1. FSV Mainz/42/1), Martin Harnik (VfB Stuttgart/55/13), Stefan Ilsanker (RB Leipzig/12/0), Jakob Jantscher (FC Luzern/20/1), Zlatko Junuzovic (Werder Bremen/44/6), Marcel Sabitzer (RB Leipzig/16/3), Alessandro Schöpf (Schalke 04/0)

Angriff: Lukas Hinterseer (FC Ingolstadt/7/0), Rubin Okotie (1860 München/14/2), Marc Janko (FC Basel/50/25)

Auf Abruf: Daniel Bachmann (Stoke City/0) - Michael Madl (Fulham FC/0), Emanuel Pogatetz (Union Berlin/61/2), Stefan Stangl (Rapid Wien/0), Christopher Trimmel (Union Berlin/3/0), Andreas Ulmer (RB Salzburg/3/0) - Guido Burgstaller (1. FC Nürnberg/7/0), Florian Grillitsch (Werder Bremen/0), Andreas Ivanschitz (Seattle Sounders/69/12), Florian Kainz (Rapid Wien/0), Veli Kavlak (Besiktas Istanbul/31/1), Valentino Lazaro (RB Salzburg/4/0), Yasin Pehlivan (RB Salzburg, 17/0), Philipp Schobesberger (Rapid Wien/0) - Michael Gregoritsch (Hamburger SV/0), Karim Onisiwo (1. FSV Mainz/1/0)

Die Karriere des Marcel Koller

Marcel Koller: "Ich freue mich sehr, dass wir - der ÖFB und ich - uns im Rahmen der Verhandlungen gefunden haben und die Vertragsverlängerung geklappt hat. Wir haben in den vergangenen viereinhalb Jahren ein homogenes Team aufgebaut, das seinen Zenit noch nicht erreicht hat. Jetzt können wir in Ruhe arbeiten, uns auf die kommenden Höhepunkte vorbereiten und uns ganz auf den Fußball konzentrieren."

Leo Windtner (ÖFB-Präsident): "Ich habe immer betont, dass wir vor der EM wissen, wer nach der EM Teamchef ist, und das habe ich auch gehalten. Wir hatten sehr intensive, aber faire Verhandlungen mit Marcel Koller und seinem Berater Dino Lamberti. Es war ein klarer Wunsch der Spieler ebenso wie der Öffentlichkeit, dass wir mit Marcel Koller weiterarbeiten. Damit setzen wir auf Kontinuität. Ich hoffe, dass wir nun eine gute EM spielen und auch die Qualifikation für die WM 2018 schaffen. Marcel Koller hat viel aufgebaut und ein solides Fundament für weitere Erfolge geschaffen."

Alfred Ludwig (ÖFB-Generaldirektor): "Wir sind sehr froh, dass wir den Vertrag mit Marcel Koller zeitig verlängern konnten. Somit ist die Zukunft des Nationalteams geregelt und die Mannschaft kann sich in Ruhe nicht nur auf die EURO 2016, sondern auch auf die Qualifikation zur FIFA WM 2018 in Russland vorbereiten. Ich wünsche Marcel Koller und seinem Team alles Gute für die Zukunft und drücke die Daumen, dass der Teamchef für seine Entscheidung, bei uns zu bleiben, belohnt wird."

Christian Fuchs: "Diese Verlängerung des Vertrages mit dem Teamchef ist sehr gut für unseren eingeschlagenen Weg, denn es ist ein Zeichen von Kontinuität. Es ist sehr wichtig, dass die Abläufe und der Umgang miteinander sehr gut passen und wir können darauf aufbauen und müssen nicht von vorne beginnen. Das gesamte Team, Spieler wie Betreuer, sind eine eingeschworene Truppe und wir können uns nun intensiv und gewissenhaft auf die EURO vorbereiten. Es ist gut, dass diese Entscheidung schon vor Beginn der Vorbereitung gefallen ist."

Julian Baumgartlinger: "Ich freue mich über die Verlängerung. Ich denke, er fühlt sich sehr wohl, er merkt, dass etwas weitergeht und wir vielleicht noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht haben. Und das war wahrscheinlich der Grund dafür, dass er bleibt. Er hat viel an Abläufen und vermeintlichen Kleinigkeiten verändert, und das war im Endeffekt ein Teil der letzten Erfolge."

Zlatko Junuzovic: "Das ist eine sehr positive Nachricht. Wir sind schon einen vierjährigen Weg miteinander gegangen, und diesen Weg wollen wir so weitergehen. Er kennt uns und wir kennen ihn, es funktioniert sehr gut. Er fühlt sich in Österreich sehr wohl, hat sich einen unglaublichen Status erarbeitet und war sehr entscheidend für unsere Entwicklung."

Ramazan Özcan: "Wir sind alle sehr glücklich über die Vertragsverlängerung. Wir haben immer gehofft, dass er bleibt, denn wir wissen, was wir an ihm haben. Er hat ein Team geformt, das hervorragend funktioniert und viel Spaß hat."

Es war vor einer Woche, in den Räumlichkeiten des ÖFB im Bauch des Ernst-Happel-Stadions. Dort, wo der Teamchef seinen Arbeitsplatz hat. Interview mit Marcel Koller.

Nicht ganz einfach. Weil der Schweizer so seriös ist. Zu korrekt jedenfalls, um von ihm Sätze zu erhoffen, deren Worte nicht wohlbedacht auf der Waagschale landen, bevor sie aus seiner streng abgeschotteten Gedankenwelt entlassen werden.

Koller meinte, es sei noch zu früh für eine Entscheidung. Immerhin wird er nicht müde zu betonen: "Ich fühle mich sehr wohl in Österreich."

Warum eigentlich? Die Mannschaft habe noch immer eine Perspektive, Spaziergänge seien ohne öffentliche Wahrnehmung unmöglich geworden, das Essen in Wien sei fein, noch feiner das kulturelle Angebot. Sagt es und seine Hände spielen mit einem als Schweizer Souvenir erkennbaren Kaffeehäferl den Doppelpass. Sonst schweigt der Teamchef zum Thema. Kein "Ich will unbedingt bleiben", kein Zwischenstand im Verhandlungspoker. Publik wurde die Entscheidung auf einer Pressekonferenz, als Knalleffekt inszeniert. Er bleibt in Österreich, der Schweizer.

Funkstille herrschte in den letzten Wochen auf beiden Seiten. Es gebe Gespräche, verlautbarte die ÖFB-Spitze gebetsmühlenartig. Fad, aber in der Sache doch professionell. Nach interner Einigung haben sie alle dichtgehalten.

Alleine dieser in früheren Zeiten undenkbare Umstand bestätigt die Richtigkeit, einen Mann wie Koller zu halten. Österreichs Fußball hat sich durch ihn in den letzten viereinhalb Jahren weiterentwickelt. Nicht nur auf dem Spielfeld. Koller überlässt nichts dem Zufall. Er selbst will tatsächlich Teamchef in Österreich bleiben, wohl auch, weil er diesen Job als Sprungbrett in seiner weiteren Trainerkarriere sieht.

Das stimmt optimistisch. Zunächst für die EM.

von Bernhard Hanisch

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