„Der Zeugwart ist der Wichtigste“

Wiener-Neustadt-Trainer Heimo Pfeifenberger erklärt, wie er wieder den Klassenerhalt schaffen will.

KURIER: Gratulation, Sie sind mit 13 Monaten und elf Tagen Amtszeit der längstdienende Bundesliga-Trainer. Wie fühlt sich das an?
Heimo Pfeifenberger:
Das ist ein bisserl kurios. Ja, die letzte Saison war turbulent, speziell für uns Trainer. Sehr viele Wechsel, auch ein paar freiwillige wie Peter Stöger und Dietmar Kühbauer. Aber sonst ist das nicht normal, dass so viel rochiert wird.

Ist das Zufall, oder orten Sie einen Trend?
Sicher auch Zufall, es ist aber auch ein Zeichen dafür, dass der Trainerjob nicht einfach ist. Aber gerade deshalb ist er ja auch so interessant.

Auch nach einem Jahr noch?
Auf alle Fälle. Das Jahr war für mich eine Riesenerfahrung. Was sich da abgespielt hat, vor allem im Finish, war ja wirklich gigantisch.

Was haben Sie persönlich aus den turbulenten Wochen am Saisonende mitgenommen?
Während der Meisterschaft habe ich das gar nicht so extrem registriert. Nach dem vorletzten Spiel gegen den WAC habe ich zwei, drei Tage gebraucht, um von den Emotionen wieder herunterzukommen. So extrem habe ich das als Trainer noch nie empfunden. Ich habe auch im Urlaub noch lange gebraucht, um runterfahren zu können.

Was war letztendlich ausschlaggebend?
Unser großes Plus war, dass es immer sehr ruhig war im Umfeld. Das kommt mir als Trainer zugute. Wir waren von vornherein Abstiegskandidat Nummer eins, haben uns mit damit auseinandergesetzt und gesagt: Wir schaffen das! Wir sind zusammengewachsen.

Ist die Ausgangssituation heuer die gleiche?
Für mich schon. Es wird wieder eine beinharte Saison, aber nicht nur für uns. Jetzt trauen uns vielleicht schon einige ein bisschen mehr zu, aber für den Großteil sind wieder wir Abstiegskandidat Nummer eins.

Ist das ein Problem für Sie? Oder zusätzliche Motivation?
Weder noch. Wenn du als Spieler oder Trainer in der Bundesliga sein kannst, muss das Motivation genug sein. Wir haben eine Mannschaft, die bestehen kann. Aber wir müssen uns wieder auf unsere Tugenden besinnen. Ich bin sehr positiv.

Sie müssen wieder ein paar Abgänge verkraften.
Wir sind aber wieder sehr eng, was die Leistungsdichte betrifft. Da hat sich im Vorjahr keiner sicher sein können, und das ist auch heuer so. Da gibt es für keinen einen Freibrief – und das ist gut.

Mit Grödig hat ein Klub den Aufstieg geschafft, bei dem Sie früher Trainer waren. Hat Sie das gefreut?
Ja, klar. Wir waren auch viel in Kontakt zu Saisonende. Da sind die Glückwünsche gegenseitig immer gekommen. Sie haben es sportlich geschafft, und sie haben es sich verdient, dass sie in der Bundesliga spielen.

Verstehen Sie negative Zurufe, weil wieder ein „Dorfklub“ den Aufstieg geschafft hat?
Nein, überhaupt nicht. Wer es sportlich schafft, hat es verdient. Es gibt so viele Traditionsklubs, die nicht seriös arbeiten. Das ist traurig, weil wir als kleines Land diese Klubs und ihre Fans brauchen. Vielleicht nutzen kleine Vereine jetzt die Chance, etwas aufzubauen. Wir gehören da ja auch dazu.

Wo sehen Sie Wiener Neustadt in drei Jahren?
Es ist eine Aufbruchstimmung erkennbar. Ich wohne im Stadtzentrum und werde oft angesprochen. Ich merke, dass sich die Leute in Neustadt wieder mit Fußball auseinandersetzen.

War das vor einem Jahr noch nicht so?
Überhaupt nicht. Jetzt gilt es, diese Menschen wieder ins Stadion zu bekommen. Ich traue dem Verein zu, dass er sich in der Bundesliga etabliert.

Wie soll das gelingen?
Die Außendarstellung ist wichtig. Wenn wir so bodenständig bleiben, so authentisch, dann kann sich etwas entwickeln.

Wie müssen sich Ihre Spieler präsentieren?
Wir müssen immer wissen, wo wir herkommen, alle miteinander. Wir haben überhaupt keine Berechtigung abzuheben, nur weil wir in der Bundesliga spielen.

Leben Sie das auch vor?
Das muss ich. Ich war auch einmal ein junger Spieler, ich weiß, wie das ist: Auf einmal fühlst du dich wie der Größte. Aber du wirst von der Realität eh sehr schnell runtergeholt. Bei uns ist der Zeugwart der Wichtigste.

Der Zeugwart?
Ja, wenn die Spieler den g’scheit behandeln, dann haben sie Charakter. Zum Präsident kann ich leicht nett sein.

Freuen Sie sich auf die neuen Kollegen in der Liga, wie Toni Polster einer ist?
Auf jeden Fall. Toni gehört in die Bundesliga. Er ist eine Kultfigur und hat sich das verdient. Man muss auch mit Wiener Viktoria erst einmal Meister werden. Schade, dass Didi Kühbauer nicht mehr dabei ist, der ist ein guter Typ.

Man sagt Ihnen einen jugendlichen Kleidungsstil nach. Kleiden Sie sich bewusst?
Natürlich. Man kann in der Bundesliga auch nicht einfach anziehen, was man will. Wenn du mit zu zerrissenen Jeans dastehst, kommt das nicht gut. Ich weiß eh selber, dass ich bezüglich Mode phasenweise einen Vogel habe. Aber ich lass’ mich da nicht ändern. Letztendlich kommt es nicht darauf an, wie du ausschaust. Das habe ich schon bewiesen.

Schon im Vorjahr wurde der Klub von vielen zum Fixabsteiger gestempelt. Der Verein hat sich aber nach dem Abgang von Frank Stronach zu einer Familie entwickelt und mit dem kleinsten aller Budgets die Sensation Klassenerhalt geschafft. Die Aufgabe wird aber nicht leichter. Auch heuer muss man wieder Abgänge von Stammkräften (Ramsebner, Offenbacher etc.) verkraften.

KURIER-Prognose: Platz 10

Kommentare