Gustafsson: "Es gibt in Salzburg keinen Druck"

Nach der Talfahrt seines Klubs spricht Salzburg-Goalie Eddie Gustafsson im KURIER-Interview Klartext.

Titelfavorit Salzburg ist nur mehr biederes Mittelmaß. Nach neun sieglosen Wochen ist der reichste Klub nur Tabellenfünfter in der Bundesliga.

Sogar Schlusslicht Kapfenberg, am Samstag Gast in der Salzburger Red-Bull-Arena, hat in den letzten sieben Runden um drei Punkte mehr als Salzburg gemacht. Vor dem Spiel spricht Kapitän Eddie Gustafsson über die Gründe der Talfahrt.

KURIER: Warum läuft es bei Salzburg in der Bundesliga momentan überhaupt nicht?
Eddie Gustafsson: Wir treten zu wenig als Mannschaft auf. Dass wir das können, haben wir in der Europa League gezeigt. In der Bundesliga hingegen sind wir elf Einzelspieler. Das geht nicht. Wir haben viele gute Spieler, aber wir sind nur stark, wenn wir zusammenarbeiten.

Bis zur neunten Runde wart ihr ungeschlagen. Dann begann mit der Niederlage bei der Admira die Negativserie. Was ist damals passiert?
Das ist schwer zu erklären. Wir haben einige Verletzte gehabt, aber das darf bei unserem großen Kader keine Rolle spielen. Jeder Spieler muss sich fragen: Habe ich alles gemacht? Bin ich in jedem Spiel 100 Prozent konzentriert gewesen? Tue ich alles für die Mannschaft und nicht nur für mich? Wir haben keine Zeit mehr, wir müssen jetzt beginnen, Spiele zu gewinnen. In der letzten Saison haben wir damit zu spät begonnen, dann war der Titel weg.

Die Erkenntnis, dass das Spiel bei der Admira eines Klubs wie Salzburg unwürdig war, hatten einige Spieler schon kurz nach Schlusspfiff. Trotzdem sind die Leistungen seitdem noch schlechter geworden . . .
Nur reden hilft uns nicht. Wir müssen was tun. Wir müssen Leistung bringen. Für mich ist Fußball alles. Für mich ist Red Bull Salzburg alles. Man kann jedes Spiel verlieren. Aber man muss in jedem Spiel alles geben - nicht einzeln, sondern zusammen.

Haben Sie das Gefühl, dass sich jeder Spieler mit dem Klub identifiziert?
Jeder muss sich diese Frage selbst beantworten. Ich bin zu 100 Prozent Salzburger. Ich bin stolz, dass ich hier spielen darf. Als Spieler repräsentiert du den Verein und nicht dich selbst. Deshalb musst du alles geben.

Ist in Salzburg das Umfeld vielleicht zu perfekt?
Manchmal sag ich ja. Bei meinem letzten Verein in Norwegen war die Kabine in einer Schule. Wir hatten nicht annähernd die Bedingungen, die wir hier haben. Wenn es einem zu gut geht, dann kann es sein, dass du glaubst, alles läuft von selbst. Aber das tut es nicht. Du musst für den Erfolg arbeiten.

Sie sind im Jänner drei Jahre in Salzburg. Vom gesamten 29-Mann-Kader sind nur Christoph Leitgeb und Ibrahim Sekagya noch länger dabei. Ist die Spielerfluktuation nicht einfach zu hoch?
Das ist auch meine Meinung. Jeder Verein muss langfristig denken und etwas aufbauen. Es muss einen Stamm geben. Wenn nur zwei Spieler länger als drei Jahre bei einem Klub sind, braucht man kein Einstein zu sein, um zu erkennen, dass es schwierig ist, eine Einheit zu werden.

Es heißt oft, der Druck sei zu groß in Salzburg. Ist das nicht nur eine Ausrede?
Das finde ich auch. Es gibt in Salzburg keinen Druck. Den haben wir im Vergleich mit vielen anderen Vereinen nicht. Die Bayern-Spieler etwa, die haben Druck. Wir nicht. In Salzburg habe ich mir den Druck immer selbst gemacht, weil es für mich ein großer Verein ist.

Es scheint, als würden viele Spieler nur wegen der Verdienstmöglichkeiten nach Salzburg kommen. Täuscht der Eindruck?
Das kann schon so sein. Ich höre oft in Salzburg: "Ihr seid so verwöhnt, ihr verdient so viel Geld!" Ich würde lieber weniger Geld, aber dafür mehr Erfolg haben. Es gibt genug Vereine, wo die Spieler weniger verdienen, die noch weniger Erfolg haben. Dann sagt man, das ist kein Wunder, die haben keine guten Spieler, weil man dort nichts verdienen kann. Ich muss damit leben, dass die Leute so reden in Salzburg. Für mich ist Geld nicht wichtig. Ich liebe den Fußball, ich will Erfolg haben. Nach Niederlagen drehe ich durch, dann ist mir schlecht. Ich habe Kopfweh. Jeder Fußballer muss sich dann so fühlen. Wir sind ja Leistungssportler. Am Sonntag habe ich mir das Rapid-Spiel nach unserer Rückkehr noch einmal angeschaut, habe studiert, was habe ich für Fehler gemacht, was haben wir als Mannschaft für Fehler gemacht. Ins Bett bin ich erst um vier Uhr gekommen.

Wie ist das Verhältnis der Spieler zu Trainer Moniz?
Wir arbeiten gut zusammen. Jeder Spieler hat sich persönlich um ein paar Prozent verbessert.

Euer Trainer soll die Südamerikaner bevorteilen. Schadet dies nicht dem Mannschaftsklima?
Wir sind alles verschiedene Persönlichkeiten mit unterschiedlichem Background. Somen Tchoyi zum Beispiel war ein ganz eigenes Individuum. Man musste ihm helfen, dass es ihm gut geht, damit er seine Leistung bringen konnte. Dass ein Spieler aber wirklich bevorzugt wird, glaube ich nicht.

Sie sprechen sehr gut Deutsch, andere Spieler können hingegen überhaupt kein Deutsch. Ist das nicht ein großes Problem?
Das ist nicht optimal. Für die Kommunikation wäre es wichtig, dass alle dieselbe Sprache sprechen. Fußball ist aber ein internationaler Sport mit einer eigenen Sprache. Die muss jeder können.

Wie sind Sie mit ihren Leistungen zufrieden?
Sicherlich bin ich nicht zufrieden, ich habe zu viele Tore kassiert. Für mich ist es das Wichtigste, das wir zu Null spielen. Vor zwei Jahren habe ich das Glück gehabt, dass mich jeder Ball getroffen hat. Das ist heuer nicht so. Aber ich kann mir kein Loch graben und reinspringen. Ich muss noch mehr die Brust rausstrecken, damit ich der Mannschaft helfe, damit wir aus der Negativspirale herauskommen.

Man hat von außen den Eindruck, dass Sie nicht mehr so präsent sind. Es schaut auch so aus, als hätten die Gegner den Respekt vor Ihnen verloren …
Das ist Fußball. Nehmen wir das dritte und vierte Tor von Rapid: Vor zwei Jahren hätte mich Burgstaller wahrscheinlich angeschossen, am Sonntag musste ich mein Kapperl ziehen und zu zwei super Schüssen gratulieren. Wir müssen schauen, dass der Gegner nicht so leicht zu solchen Chancen kommt. Oder der Freistoß-Trick von Rapid: Da waren wir nicht wach. Wenn jeder dort gestanden wäre, wie es ausgemacht war, dann hätten wir dieses Tor nicht bekommen. So einfach ist das. Wir machen Fehler, die früher nicht passiert sind. Wenn man alles tut und ein Gegner ist besser, dann kann man eh nur gratulieren, dann kann man auch verlieren.

In der Europa League tretet ihr wesentlich konzentrierter als in der Bundesliga auf …
Genau! Und das ärgert mich auch wirklich. Wir können das, das haben wir gezeigt. Wir wissen, was man im Fußball tun muss. Also muss es eine Kopfsache sein. Das hört sich jetzt kritisch an gegenüber meinen Kollegen. Aber wir müssen uns untereinander etwas sagen können. Sonst kommen wir nie aus der Krise raus.

Wie geht es Ihrem Bein, das Sie ja gebrochen hatten?
Super. Ich spüre nichts mehr. Wenn man mich nicht darauf ansprechen würde, würde ich nie daran denken. Der Beinbruch ist ja auch schon lange her.

In Salzburg laufen die Zuschauer in Scharen davon. Gibt das einem Spieler nicht zu denken?
Das ist ganz einfach: Wenn du tollen Fußball spielst und gewinnst, dann kommen auch die Leute. Ich wäre genauso. Wenn Champions League im Fernsehen ist, dann suche ich mir auch das Spiel aus, von dem ich denke, dass es das beste sein wird. Sonst würde ich nicht schauen. Unsere Fans sind kritisch, aber es ist ihr Recht, Leistung von uns zu fordern.

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