Gludovatz: "War ein bisserl blauäugig"

Schon vor dem heutigen Heimspiel gegen Sturm wurde Ried Herbstmeister. Der Trainer erklärt dieses Phänomen.

Im Vorjahr hieß der Herbstmeister SV Ried. Eine Mannschaft, die eigentlich auf vielen Rechnungen als Fixabsteiger vorgesehen war. Auch heuer pfeift die Mannschaft von Trainer Paul Gludovatz auf irgendwelche vorgefassten Rollenspiele. Wieder ist diese Sportvereinigung aus dem Innviertel den sogenannten Favoriten ein Dorn im Auge und steht nach 18 Runden auf Rang eins der Liga. Gludovatz muss dafür Rechenschaft ablegen.

KURIER: Also, warum ist Ried schon wieder Herbstmeister?
Paul Gludovatz: Das war am Beginn der Meisterschaft so eh nicht erkennbar. Die Jungen hatten ihre Anfangsprobleme mit dem Positionsspiel, waren ziemlich verhalten. Aber wir legten kein Augenmerk auf die Punkteanzahl. Und jetzt? Jetzt spürt man ihren Biss.

Trotzdem, Ried hat im Sommer sieben mehr oder weniger wichtige Spieler abgegeben ...
Ich hab’ selbst den Mund nicht zugebracht. Wie auf einmal der Glasner aufhören musste, über Nacht war der Mader weg, dann Royer. Und der Radlinger fährt zum Probetraining nach Hannover und bleibt dort. Ich glaube, wir behalten dennoch den Überblick. Es kommen junge Spieler zu uns, deren Umfeld wir uns ganz genau angesehen haben. Passt der zu uns? Wie können wir jeden Einzelnen integrieren? Wie kann seine Leistung gesteigert werden?

Und schon hört man, dass wieder einige Ihrer Spieler auf anderen Wunschzetteln stehen. Frustrierend, oder?
Nein. Ich kann nix dagegen tun. Aber es sind andere Spieler nicht nur in meinem Kopf, sondern wir haben sie auch, sind gewissermaßen auf jeder Position doppelt besetzt. So gesehen ist Ried als Herbstmeister zwar verwunderlich, doch nicht vollkommen unerwartet.

Ohne die Rieder Leistung schmälern zu wollen, aber profitiert Ihre Mannschaft nicht auch vom mäßigen Niveau in der Liga?
Nein, das lass’ ich sowieso nicht zu. Österreich hatte drei Mannschaften in der Gruppenphase der Europa League, die Austria holte acht Punkte, Salzburg ist in der K.-o.-Phase. Das soll schlecht sein? Die ganze Liga nimmt daraus etwas mit. Wir haben endlich einen österreichischen Stil, und der ist halt ein wenige kampfbetonter.

Meister können Sie aber mit dem stetigen Rieder Umbau wohl nie werden.
Definitiv nicht. Vor einem Jahr war ich tatsächlich ein bisserl blauäugig und hab’ mir gedacht: ,Jetzt oder nie. Wir haben die einmalige Chance, auch am Ende ganz vorne zu stehen, wenn wir zwei, drei Verstärkungen dazubekommen.‘ Aber der Verein hat sich eindeutig dazu bekannt, einen anderen Weg einzuschlagen. Dem füge ich mich, und ich rede auch nach dieser Philosophie.

Aber würde es Sie nicht reizen, einmal zu einem Klub zu gehen, der den Meistertitel zu seinem klaren Ziel erklärt?
Ach, so etwas würde doch nur funktionieren, wenn beide Seiten davon wirklich überzeugt wären. Zu hundert Prozent. Wenn also ein Klub meint, der Pauli passt zu uns. Wenn das
allerdings nur die Hälfte eines Vereinsvorstands glaubt, spielt’s so etwas nicht. Auch für mich müsste alles stimmen.

Wie lange bleiben Sie also noch in Ried?
So lange beide Seiten wollen. Der Verein wäre gut beraten, mich gehen zu lassen, wenn ich das wünsche. Andererseits nützt es mir herzlich wenig, wenn ich bleiben will, aber der Verein von mir genug hat. Natürlich existiert ein Vertrag, aber eigentlich ist es ganz einfach, alles basiert auf einer Vertrauensgeschichte.

Nehmen wir an, das Unglaubliche passiert doch noch: Ried holt 2012 den Meistertitel. Was würden sie dafür tun? Etwa Haare lassen wie Sturm-Trainer Franco Foda im vergangenen Sommer?
Geh’ bitte, das zahlt sich doch überhaupt nicht aus. Viel gibt’s bei mir diesbezüglich nicht mehr zu holen. Aber egal, ich lasse solche Gedanken erst gar nicht an mich heran. Und übrigens, es gibt schließlich auch noch den Cup. Dort brauchst’ nur noch zwei Spiele gewinnen, und wir haben wieder die Chance auf einen Titel.

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