Gludovatz: "Bin schon unruhig geworden"

Gludovatz: "Bin schon unruhig geworden"
Vor einem Jahr ein Teamchef-Kandidat, jetzt in Hartberg: Paul Gludovatz über seine überraschende Rückkehr nach der Auszeit.

Hinter Paul Gludovatz liegt ein turbulentes Jahr. Als Erfolgscoach in Ried war der Burgenländer ein Teamchef-Kandidat. Im Frühjahr wurde der 66-Jährige Sportchef bei Sturm – und nach nur zwei Monaten nicht nur vom Burn-out ausgebremst. Im KURIER-Gespräch gewährt der Hartberg-Trainer Einblicke.

KURIER: Vor einem Jahr waren Sie ein Teamchef-Kandidat. Jetzt übernehmen Sie einen Abstiegskandidaten der zweiten Spielklasse. Eitel dürften Sie bei Ihrer Arbeitsplatzwahl nicht sein, oder?
Paul Gludovatz: Eitelkeit liegt mir fern. Ich habe eine realistische Einschätzung dessen, wo ich mich als Trainer derzeit befinde. Es gibt in Österreich ja eine Überproduktion an Trainern und Spielern. Mir geht es nicht um die Spielklasse, ums Geld oder um die Entfernung zum Heimatort. Und ich muss auch niemandem mehr etwas beweisen. Es geht um die innere Zufriedenheit mit einer Arbeit. Und da ist mir auf diese Anfrage die Zusage fast rausgerutscht.

Ihr Vorgänger Andreas Moriggl war durchaus erfolgreich. Warum wurden Sie überhaupt kontaktiert?
Sonntagabend kam der Anruf, am Montag habe ich schon das Training geleitet. In Hartberg gibt es 22 Vollprofis, Herr Moriggl und sein Assistent haben das aber nur nebenberuflich gemacht. Diese Unvereinbarkeit wurde jetzt korrigiert.

Welche Ziele haben Sie?
Es geht mir immer darum, Spieler und das ganze Team weiterzuentwickeln. Jetzt beschnuppern wir uns. Ich möchte schon lange bleiben und dazu im Umfeld helfen. Etwa, um Sponsoren zu finden.

Ist Ihnen bewusst, dass das Geschäftsmodell von Hauptsponsor Lopoca aus der Glücksspielbranche mit Sitz auf Malta als Tochter einer Gesellschaft aus Zypern sehr umstritten ist?
Nein. Ich kannte die gar nicht. Mir ist es sogar passiert, dass ich den Sponsor "Lopatka"“, so wie den Herrn Staatssekretär, genannt habe.

Der Staatsanwalt hat wegen früherer Ergebnisse von Hartberg wie dem 0:7 gegen die Red Bull Juniors ermittelt. Hatten Sie deswegen Bedenken?
Da erwischen Sie mich auf dem falschen Fuß. Das wusste ich wirklich nicht. Darüber muss ich noch mit dem Verein reden.

Es ist Ihr erster Job in der zweiten Spielklasse. Sind Sie aufgeregt?
Das nicht. Aber drei Monate ohne Aufgabe im Fußball sind für mich schon lange. Meine Frau hat es auch gespürt: Ich bin schon unruhig geworden.

Hätten Sie im Frühjahr nicht besser in Ried bleiben sollen? Sie waren dort extrem erfolgreich.
Nein. Es war der richtige Zeitpunkt zu gehen.

Kann man Ihre Zeit als sportlicher Leiter bei Sturm als großes Missverständnis abhaken?
Ich nehme das für mich als wichtige und positive Lebenserfahrung mit. Die Arbeit als Sportdirektor interessiert mich weiter, auch wenn ich in Verhandlungen mit Spielerberatern vielleicht zu undiplomatisch bin. Ich habe damals selbst die Reißleine gezogen und meine Akkus wieder voll aufgeladen.

Sturm verkündete, Sie sollten als Chef-Scout bleiben, andererseits wurden Sie nicht zum Saisonstart gegen Salzburg eingeladen. Da stimmt doch etwas nicht.
Schwamm drüber. Bitte stellen Sie die nächste Frage.

Sie haben den ÖFB lange mitgeprägt. Wie beurteilen Sie die Arbeit unter Teamchef Marcel Koller?
Positiv. Es gibt eine starke Professionalisierung. In diese Richtung habe ich auch versucht, Herrn Windtner im damaligen Gespräch zu orientieren, auch wenn ich gespürt habe, dass ich nicht Teamchef werden kann.

Sie haben Koller als "Facebook-Trainer" begrüßt. Tut Ihnen das heute leid?
Es ist mir darum gegangen, dass ich nach den vielen Jahren bei uns im Fußball so viele Leute kenne, dass ich direkt mit ihnen reden kann. Ich schreibe statt auf Facebook lieber SMS – auch an Marcel Koller.

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