Massenpanik in Turin: Kritik an Behörden

Schreckliche Szenen spielten sich am Samstagabend in Turin ab.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Das Sicherheitskonzept soll mangelhaft gewesen sei.

Als Folge der Massenpanik beim Public Viewing in Turin mit über 1.500 Verletzten wird zunehmend Kritik an Behörden laut. Der Kommune wird vor allem vorgeworfen, dass Glasflaschen auf dem Platz verkauft oder mitgebracht wurden. Viele der Opfer erlitten Schnittverletzungen.

"Sehr viele Verletzte haben sich an Glas geschnitten, und das hätte leicht vermieden werden können", sagte der Gesundheitsbeauftragte der Region Piemont, Antonio Saitta. Die Kommune erklärte, es werde untersucht, ob und warum Schwarzhändler Flaschen verkauften und wer dafür verantwortlich sei. Die Kritik richtete sich auch gegen Bürgermeisterin Chiara Appendino, weil das Sicherheitskonzept mangelhaft gewesen sei.

Zeitgleich wird nach möglichen Verursachern der Panik gesucht. Die Staatsanwaltschaft prüft auch, ob ein Knallkörper gezündet worden war und die Leute danach die Flucht ergriffen haben. Medien berichteten von umgefallenen Absperrgittern und Menschen, die "Bombe" gerufen hätten. Fans berichteten von vollkommener Planlosigkeit und versperrten Fluchtwegen. Der gesamte Platz war mit Glasscherben und Schuhen übersät.

Auf der Piazza San Carlo waren an dem Samstagabend rund 30.000 Menschen. Viele von ihnen hatte beim Public Viewing des Champions-League-Finales zwischen Juventus Turin und Real Madrid vermutlich ein Geräusch und die Angst vor einem Anschlag die Leute in die Flucht getrieben. Die Masse sei von einer "Angstpsychose" vor einem Terrorangriff ergriffen gewesen, heißt es in einer Mitteilung der Präfektur Turin. Augenzeugen berichteten von Chaos und mangelnden Fluchtwegen.

Rom will mehr Sicherheit bei Großevents

Das Innenministerium in Rom will nun für mehr Sicherheit bei Großevents, wie Kundgebungen, Sommerkonzerten und Veranstaltungen sorgen. 1.700 größere Veranstaltungen sind in diesem Sommer in Italien geplant, berichteten italienische Medien am Montag.

Kontakte wurden aber auch zu Veranstaltern von Megakonzerten in Stadien aufgenommen, um die Sicherheitsvorkehrungen effizienter zu planen. Genau wie bei wichtigen Fußballmatches sollen Polizeichefs bei Konzerten die Anti-Terrormaßnahmen verschärfen. Die Zahl privater Aufseher solle bei Großkonzerten von den Veranstaltern aufgestockt werden. Barrieren, um Fahrzeugen den Zugang zu Stadien oder Fußgängerzonen zu versperren, sollen installiert werden. Zu den größten Ereignissen zählt das Konzert der Gruppe Coldplay am 3. und 4. Juli in Mailand.

Die italienische Regierung will sich drüber hinaus auch verstärkt gegen die Verbreitung von Fundamentalismus unter nordafrikanischen Häftlingen in den Gefängnissen des Landes einsetzen. Die Zahl der radikalisierten Muslime oder der IS-Kämpfer sei wesentlich geringer im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, man müsse jedoch durchaus wachsam sein, verlautete es aus dem Innenministerium.

365 Gefängnisinsassen seien wegen ihrer Radikalisierung aufgefallen. 44 Personen seien wegen des Vorwurfs des internationalen Terrorismus in Hoch-Sicherheitsgefängnissen in Haft, geht aus einem Bericht des Verbands Antigone hervor.

Kommentare