Gheorghe Hagi: Der Karpaten-Maradona

Gheorghe Hagi war der typische Zehner, ein Spielmacher aus dem Lehrbuch.
Salzburg spielt am Donnerstag bei Viitorul Constanta, dem Verein, bei dem die rumänische Fußball-Legende Gründer, Eigentümer, Präsident und Trainer in Personalunion ist.

Die 1990er-Jahre wurden von vielen tollen Fußballern geprägt: Der brasilianische Ronaldo, sein Landsmann Romario, der Italiener Roberto Baggio, der Franzose Zinedine Zidane, der Argentinier Gabriel Batistuta, der Deutsche Lothar Matthäus und so weiter und so fort.

Einer, der ganz sicher auch zu den größten Fußballern dieses Jahrzehnts gehört hat, ist Gheorghe Hagi, der "Maradona der Karpaten". Dass der Rumäne just bei jenem Turnier seine sportliche Sternstunde erlebte, in dem für Diego Maradona fußballerisch die Stunde schlug, ist ein Wink des Schicksals.

Gheorghe Hagi: Der Karpaten-Maradona
epa04468127 (FILES) A file picture dated 23 November 1999 of Swedish player Klas Ingesson (L) of Bologna and Galatasaray Istanbul's Romanian playmaker Gheorghe Hagi during their UEFA Cup 3rd round, 1st leg match in Bologna, Italy. Former Sweden midfielder Klas Ingesson died 29 October 2014 at age 46 after a long battle with cancer, the Swedish Football Association and his Swedish club Elfsborg said. EPA/GIORGIO BENVENUTI *** Local Caption *** 99395258
Bei der WM 1994 führte Hagi die Rumänen bis ins Viertelfinale. Auf dem Weg unter die besten acht Teams bei der Endrunde in den USA schalteten Hagi und Kollegen auch Argentinien aus. Der weltbeste Fußballer der 1980er-Jahre war beim 3:2 für Rumänien im Achtelfinale nicht mehr dabei, Maradona war kurz zuvor des Dopings überführt worden.

Fußballkünstler

Hagi war der typische Zehner, ein Spielmacher aus dem Lehrbuch, einer, der immer und überall den Ball wollte, mit dem er aber auch alles machen konnte, was er machen wollte. Der Rumäne war ein Meister des ruhenden Balles, aber auch ein König der perfekten Passes.

Der Linksfuß war aber auch einer mit Ecken und Kanten. Seine Ausraster machten ihn fast ebenso berühmt wie seine Fußballkünste. "Ich bin auf dem Land mit Tieren aufgewachsen. Da galten andere Umgangsformen", erklärte er einmal die vielen Eklats, die seine Karriere begleiteten.

Begonnen hat diese an der Schwarzmeerküste. Bei Farul Constanta wurde er geformt, zum internationalen Star wurde Hagi allerdings erst bei Steaua Bukarest. Aber das kommunistische Regime ließ ihn nicht ins Ausland.

Erst 1990 klappte es mit einem Wechsel in eine große Liga. Real Madrid holte den damals 25-Jährigen. Vor dem Bosman-Urteil, als es in Europa noch strenge Legionärsbeschränkungen gab, standen ausländische Spieler unter einem besonderen Druck. 16 Tore in zwei Saisonen waren Real zu wenig, Hagi wurde in die italienische Provinz zu US Brescia abgeschoben.

Nach der glanzvollen WM 1994 gab ihm Johan Cruyff beim FC Barcelona noch einmal die Chance bei einer ganz großen Nummer des Weltfußballs. Doch auch bei den Katalanen konnte sich Hagi nicht wirklich durchsetzen.

Zur Klublegende wurde er erst bei seiner letzten Karrierestation. Bei Galatasaray lagen die Fans dem Fußballkünstler zu Füßen. Hagi führte die Istanbuler nicht nur zu vier Meistertiteln in Folge, sondern 2000 auch zum UEFA-Cup-Sieg – dem ersten großen europäischen Titel für einen türkischen Klub.

Dass Hagi beim Höhepunkt seiner Klubkarriere ausgeschlossen worden ist, weil er den Arsenal-Haudegen Tony Adams niederschlug, war ein Abziehbild seiner Laufbahn. Ein Jahr später war mit 36 Schluss.

Publikumsmagnet

Wie beliebt er in seiner Heimat war, Hagi wurde in Umfragen mit großer Mehrheit als Wunschkandidat für das Präsidentenamt genannt, bewies auch sein Abschiedsspiel. 60.000 kamen an einem verregneten Apriltag ins alte Bukarester Nationalstadion. Die Einnahmen spendete Hagi bedürftigen Kindern in Constanta.

Gheorghe Hagi: Der Karpaten-Maradona
Coach Gheorghe Hagi (C,R) of Viitorul Constanta celebrates with the team and trophy the victory against CFR Cluj and winning of the Championship after the play off football match between Viitorul Constanta and CFR Cluj in Constanta, southeastern Romania, on May 13, 2017. / AFP PHOTO
Im Nachbarort Ovidiu ließ er – umgeben von Wiesen und Äckern – die "Academia de fotbal Gheorghe Hagi" aus dem Boden stampfen. Elf Millionen Euro kostete die 2009 eröffnete, größte Fußballschule Südosteuropas mit neun Trainingsfelder für 300 Talente und einem Stadion mit 5000 Sitzplätzen.

Hagi sorgte aber auch dafür, dass seine Schüler eine Spielwiese im Profifußball bekommen. Die Lizenz des Drittligisten CSO Ovidiu wurde übernommen. Seit 2012 ist Viitorul Constanta in der rumänischen Topliga.

Zwei Jahre später übernahm Hagi auch die sportliche Verantwortung. Er ist seither Trainer, Präsident und Eigentümer in Personalunion beim Salzburger Europa-League-Play-off-Gegner.

Viitorul (das rumänische Wort für Zukunft) ist der Gegenentwurf zu vielen anderen rumänischen Erstligisten, bei denen Dutzende maximal durchschnittliche Legionäre unter Vertrag stehen. Constanta hat 32 Rumänen im 35-Mann-Kader.

Der Großteil stammt aus der Hagi-Akademie, aus der mittlerweile drei rumänische A-Teamspieler und jeder dritte U-21-Teamspieler kommen. Der Meistertitel 2017 war nicht geplant, wie der 52-Jährige zugibt. Der sportliche Erfolg ist auch nicht sein primäres Ziel: "Meine Mission ist es, jungen Menschen zu helfen, dass sie ihre Träume im Fußball erfüllen können."

Der Mensch

Hagi wurde am 5. Feber 1965 in Sacele geboren. Er ist zum zweiten Mal verheiratet und zweifacher Vater. Sein Sohn Ianis (18) spielt bei Fiorentina.

Der Spieler

Hagi kam von Farul Constanta über Sportul Studentesc zu Steaua Bukarest. Valentin Ceaucesu, Sohn des Diktators, schenkte ihm einen Mercedes mit Chauffeur und eine Villa mit Pool. Bei Real konnte er sich nicht durchsetzen, wechselte 1992 zu Brescia. Nach zwei Jahren bei Barcelona kickte er bis 2001 bei Galatasaray.

Der Trainer

2001 war er für vier Spiele rumänischer Teamchef. Klubcoach war Hagi bei Bursaspor, Galatasaray, in Timisoara und bei Steaua. Seit 2014 trainiert er Viitorul.

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