313. Wiener Derby: Zwei Kapitäne, zwei Welten
Steffen Hofmann: "Mir gefällt meine Rolle"
Es war der Vormittag des 22. Juli 2010. Steffen Hofmann saß mit Schmerzen im Lorenz-Böhler-Krankenhaus. Rapid-Arzt Benno Zifko sollte einen Bluterguss am Schambein feststellen. Beim Verlassen des Warteraums rief der Rapid-Kapitän dem Autor dieser Zeilen dennoch zu: "Sehen wir uns am Abend?"
Am Abend stand die Europa-League-Quali gegen Suduva auf dem Programm. Eigentlich eine Pflichtübung nach dem 2:0 in Litauen. Hofmann wollte sich dennoch fitspritzen lassen und als Kapitän vorangehen. Zur Sicherheit. Immerhin hatte der Spielmacher schon fast vier Jahre lang ohne Verletzung durchgehalten.
Trainer Peter Pacult sagte schließlich Nein. "Ich hab’ mich dann einige Wochen durchgequält", erinnert sich Hofmann. Mitspieler Thanos Petsos meint: "Steff ist ein Vorbild. Er geht immer über den Punkt, wo es wehtut."
Die Saison endete im Fiasko, Hofmann fiel mit einer Schambeinentzündung lange aus, Pacult flog raus, im Mai 2011 gab es im Derby den Platzsturm. Die Rechnung "damals weniger Pflichtgefühl und Spritzen, heute weniger Schmerzen" lehnt der 34-Jährige ab: "Ich war’s, der immer spielen wollte."
Als der Deutsche vergangene Saison in mehreren Partien nur noch Ersatz war, unkten viele, "dass es nicht mehr geht". Trainer Barisic stellte sich schützend vor Hofmann und verheimlichte den wahren Grund für die Krise. Heute kann dieser verraten werden: "Meine älteste Tochter konnte damals wegen einer seltenen Krankheit vor Schmerzen nicht mehr gehen, sie saß teilweise im Rollstuhl. Da gibt es Wichtigeres als Fußball. Und Rapid unterstützte mich." Als die Tochter wieder gesund war, kehrte der grüne Rekord-Legionär (459 Einsätze, 115 Tore) in alter Frische zurück.
Dauerbrenner
Diese Saison war er als einziger Rapidler sogar in allen Partien im Einsatz, trotz hartnäckiger Wadenprobleme. Das Ex-Bayern-Talent kommt öfters als Joker, erstmals aus taktischen Gründen: "Mir gefällt diese Rolle mittlerweile. Ich kann die Spiele schon so lesen, dass ich genau weiß, wo ich ansetzen muss." Am Status des Anführers (nicht nur beim Gehalt) ändert das nichts. Die intern öfters harten Worte des Kapitäns haben in der Mannschaft enormen Stellenwert.
Wie geht’s weiter? Hofmann will 2016 unbedingt noch im neuen Stadion spielen. "Aber nur, wenn ich sportlich noch helfen kann." Die Trainerausbildung wurde ebenso begonnen wie ein Fernstudium in Salzburg für den Master in Wirtschaft. "Vielleicht kann ich einmal mein Fußballwissen mit Marketing für Rapid verbinden."
Aber noch brennt das Feuer für den Kick: "Rapid entwickelt sich prächtig. Und auf ein Derby freue ich mich als Alter noch mehr als früher."
Mit 28 Jahren ist er ein Routinier. Und mittlerweile das, was man als violettes Urgestein bezeichnet. Markus Suttner hat dennoch erst jetzt im Frühjahr die Kapitänswürde von seinem Vorgänger Manuel Ortlechner verliehen bekommen. Daher muss er seine Rolle als Häuptling mit der Schleife erst finden. "Ich bin sicherlich in einer Lernphase, was das betrifft. Noch dazu habe ich das Amt in einer nicht gerade leichten Situation übernommen. Ich lerne abzuschätzen, wann man was sagen kann und wann ich mir lieber nur meinen Teil denken soll."
Beispielhaft
Zum Vorbild nimmt und nahm er sich ehemalige Kapitäne. Gemeinsam mit Alexander Gorgon, seinem Stellvertreter als verlängerter Arm des Trainers, versucht der Linksverteidiger aus dem Weinviertel die Ideen des Coaches den Kollegen vorzuleben. "Ein junger Spieler kann sich aber nur dann an mir aufrichten, wenn meine Leistungen konstant stimmen." Und das war nach der Meistersaison unter Peter Stöger nicht immer der Fall – wie bei all seinen Mitspielern auch. Erst jetzt, im Laufe des Frühjahrs, hat der Absolvent der Stronach-Akademie wieder zurück zu alter Stärke gefunden.
"Das liegt in erster Linie an unserem Spielstil. Jetzt laufen ein paar Dinge anders, dadurch komme ich auch wieder besser ins Spiel. Das ist der Fußball, mit dem ich groß geworden bin." Und der ihn irgendwann auch noch ins Ausland führen soll. "Man muss seine Ziele beibehalten, sonst kommt man in den Stillstand." Suttners Vertrag läuft bis 2016. "Ich bin für alles offen, habe keinen Stress und mache mir auch keinen Druck. Ich habe hier eine neue Rolle gefunden, die mir gefällt." Mit der Spielpraxis bei der Austria ist Suttner auch für das Nationalteam und die greifbar nahe Europameisterschaft in Frankreich ein Thema.
Neue Hierarchie
Die Austria befindet sich derzeit im Umbruch, auch, was die interne Rangordnung betrifft. Führungsspieler der Meistersaison haben den Verein verlassen (Jun), werden bald gehen (Holland) oder spielen in dieser Saison keine Rolle mehr (Ortlechner, Mader). Durch viele Neuverpflichtungen mussten sich erst neue Häuptlinge finden. Kein leichtes Unterfangen, wenn der sportliche Erfolg auf sich warten lässt. Bevor der neue Trainer in Favoriten das Zepter schwingt, will die Mannschaft die verkorkste Saison halbwegs retten.
Suttner fordert stellvertretend für seine Kollegen einen versöhnlichen Abschluss: "Wir wollen Andi Ogris den Derbysieg und den Cup-Titel schenken. In dieser Saison haben wir leider nicht oft so gespielt, wie man es sich von Austria-Spielern erwarten kann."
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