Vorhang auf für die Provinz-Bühne

stadion eisenstadt
Warum in Österreich der Dorf-Kick über Tradition zu dominieren begonnen hat.

Meister Austria muss am Wochenende nach Oberwart, Vizemeister Red Bull Salzburg nach St. Florian, Wacker Innsbruck zum SV Allerheiligen.

Mit dem österreichischen Pokal-Bewerb alias Samsung-Cup beginnen für die Spitzenklubs die Pflichtübungen der neue Saison in der Provinz. Doch halt:

Vollmundige Aussagen über die Herkunft der Cup-Gegner sind unangebracht, gleicht doch auch die höchste Spielklasse mittlerweile einem Dorf-Championat.

Nächste Woche startet die die tipp3-Liga. Und jetzt schon kann darauf getippt werden, dass wieder um die Wette polemisiert wird, wenn bei TV-Übertragungen Maisfelder und parkende Autos zu sehen sind, vor denen von Brust bis Wade mit Werbeaufschriften bepflasterte Profis dem Ball nachlaufen.

Speziell deutsche Medien machten sich schon lustig über das amateurhafte Flair, zumal Fußball aus Österreich via Sky auch jenseits der Grenzen zu sehen ist.

Mit vollen Hosn’n lässt sich freilich leicht stinken. Der große Nachbar verfügt über dermaßen viele Ball(ungs)zentren und moderne Stadien, dass selbst Rapid in einer deutschen Zuschauer-Rangliste nur an 37. Stelle landen würde, obwohl in der verpatzten abgelaufenen Saison 14.000 regelmäßig nach Hüttel d o r f , pardon Wien 14, kamen. Zu Hans Krankls Zeiten waren es oft nur halb so viele. Auch die Austria hat ihren Besucherschnitt verdoppelt, während Auswärtsspiele von Rapid und Austria immer mehr Auftritten auf Kleinbühnen gleichen. Das kann aber nicht den bemühten Gastgebern vorgeworfen werden. Vielmehr führten Großmannsucht und finanzielle Trapezakte ohne Netz dazu, dass nur noch vier von neun Hauptstädten in der obersten Liga vertreten sind.

Was passierte mit Klubs, die zum eisernen Liga-Bestand zählten, ehe Tradition und Wirtschaftsgesetze mit Füßen getreten wurden?

Der LASK, dem im Vorjahr die Lizenz entzogen wurde und der im Juni im Aufstiegs-Play-off für die zweite Liga an der Red-Bull-Dependance Liefering scheiterte, darf am Sonntag als Regionalligaklub im Linzer Stadion auf ein Cupwunder gegen Rapid hoffen. Auch Stadtrivale Blau-Weiß Linz spielt nur noch in Leistungsstufe drei.

Der GAK, der im vergangenen Herbst den Spielbetrieb einstellte, versucht in der untersten steirischen Liga als GAC einen Neustart, während den Funktionären des Meisterklubs von 2004 wegen fahrlässiger Krida ein langer Prozess droht.

In Klagenfurt wird Österreichs schönstes Stadion heuer nur noch bei Open-Air-Eishockey-Spielen gut besucht sein. Gekickt wird in der Regionalliga Mitte.

Bregenz spielt nach dem Bundesliga-Lizenzentzug für Schwarz-Weiß (2005) und einem Konkurs ebenfalls in der dritten Leistungsstufe (Regionalliga West).

Aufgelöst

In Eisenstadt wurden nach Auflösung des SC (2008) die Tribünen des Lindenstadions abgerissen. Dort, wo bis zu 10.000 Fans kamen, wuchert hüfthoch das Unkraut. Immerhin schaffte der UFC Georgen aus dem Grinzing Eisenstadts soeben den Aufstieg in die Landesliga. Aber was die Bundesliga betrifft, hängen die Trauben noch viel zu hoch.

In Wien zahlen die Vienna und der Sportklub in der zweiten bzw. dritten Liga nur noch Mini-Gagen. Trotzdem stöhnen sie unter maximalen Problemen. Die beiden ehemaligen Meistervereine waren übrigens bei der Gründungen der Bundesliga-Zehnerliga im Jahr 1974, ohne sportlich versagt zu haben, aus dem Oberhaus verbannt worden. Grund: Der Wasserkopf Wien sollte trockengelegt und jedes Bundesland im Oberhaus vertreten sein.

Abgelehnt

Mehrmals wurde später das Liga-Format geändert. Mit mäßigem Erfolg, weshalb die ehemaligen Bundesligaspieler und Akademiker Werner Hebenstreit und Jürgen Werner um die Jahrtausendwende an einer Reform bastelten. Sie wurde abgeschmettert, zumal sie eine fixe, nach wirtschaftlicher Potenz zusammengesetzte Liga ohne Absteiger vorsah.

Orientierten sich die beiden Fußball-Magister zu sehr am US-Sport – oder waren sie nur ihrer Zeit voraus?

Vorhang auf für die Provinz-Bühne

Kommentare