Fuchs hatte den Abschied im Hinterkopf

Fuchs mit Teamchef Koller sowie mit den Söhnen Ethan (an der Hand) und Anthony (auf dem Arm).
Der Kapitän der Österreicher verkündete am Mittwoch seinen Team-Abschied mit 30 Jahren. Der Paukenschlag kam aber nicht aus Frust über das EM-Aus.

Christian Fuchs sorgte am Mittwoch für ein EM-Nachbeben: Der Kapitän des Nationalteams verkündete, dass er für dieses nicht mehr spielen werde. Fuchs machte dies so, wie es sich für einen 30-Jährigen gehört, der zumeist via Social Media mit den Fans kommuniziert: Er stellte ein Video auf seine Facebook-Seite. Vor einem Gemälde moderner Kunst sprach er, diesmal nicht im #NoFuchsGiven-Look, sondern im dezenten grauen Hemd.

Der Kernsatz: "Das Spiel gegen Island war mein letztes Spiel für das ÖFB-Nationalteam." Nach dem EM-Aus hatte er sich nach New York zu seiner Familie verabschiedet. "Gleich mit der Familie heute morgen von Paris geflogen. Brauche mal ein paar Tage, um abzuschalten", teilte er kurz vor dem Wochenende mit.

Das Abschalten mündete im Paukenschlag Rücktritt. "Christian Fuchs hat mich gestern Abend persönlich über seinen Rücktritt vom Nationalteam informiert und mir dabei versichert, dass ausschließlich familiäre Gründe dafür ausschlaggebend sind. Wenngleich ich seine Entscheidung absolut bedauere, ist dies unsererseits voll zu respektieren", ließ gestern ÖFB-Boss Leo Windtner verlauten.

Teamchef Marcel Koller erklärte: "Der Rücktritt von Christian Fuchs ist schade. Ich bedanke mich bei Christian für seinen stets vorbildlichen Einsatz als Kapitän des Nationalteams und wünsche ihm für seine sportliche wie private Zukunft das Allerbeste." Koller ließ den Zeitpunkt der Rücktrittsnachricht in seinem Statement offen – er wusste von den Fuchs-Plänen schon vor dessen Abflug in die USA.

Viel Abstand

Fuchs erklärte: "Das Abschneiden in Frankreich war nicht zufriedenstellend, das wissen wir. Trotzdem war die EURO etwas ganz Besonderes. Ich durfte die Mannschaft als Kapitän auf den Platz führen und habe die Atmosphäre sehr genossen." Ganz offensichtlich ging Fuchs in diese EM schon mit dem Vorsatz, dass danach Schluss sei. Ihn hätte wohl nur ein EM-Erfolg à la Island umstimmen können. Zumal in zwei Jahren ohnehin das Team-Aus so gut wie sicher gekommen wäre, denn mit Ende des Vertrags in Leicester übersiedelt er in die USA.

Fuchs tat sich immer schwerer, zum Team zu kommen. War es in seiner Zeit bei Schalke oft eine willkommene Abwechslung vom Kluballtag, so wurde es in der Hochstimmung von Leicester immer mühsamer. Die Interessen von Fuchs und etlichen Mitspielern drifteten oft weit auseinander. Zudem hatte sich Fuchs ja selbst neu erfunden: Er heiratete zum zweiten Mal, bekam mit Raluca den gemeinsamen Sohn Anthony und wurde in New York ansässig. Während der Saison kam zumindest ein Mal im Monat die Frau mit den beiden Söhnen nach Leicester.

In seiner Zeit als Strohwitwer arbeitete er schon viel neben seiner Kickerkarriere. Er engagierte sich in sozialen Medien. Er bereitete seine Fußballschule "Fox Soccer Academy" vor (in New York und Wien, Sportcenter Donaucity, 15. – 19. August). Er gründete mit dem Engländer Ben Weisfeld die Agentur "NFG 11".

Viele Reaktionen

Sein Rücktritt bewegte Österreichs Fußball-Fans. In den ersten sechs Stunden, nachdem er das Video ins Netz gestellt hatte, gab es mehr als 500 Reaktionen allein auf seiner Facebook-Seite. "Immer auf dem Boden geblieben", hieß es dort. "Super-Karriere." Aber auch: "Kann es nicht verstehen, wenn man mit 30 als Kapitän des Nationalteams und Stammspieler eines Premier-League-Klubs, der gerade sensationell Meister wurde, aufhören will."

Der 30-jährige Niederösterreicher machte am 23. Mai 2006 beim 1:4 gegen Kroatien des erste von insgesamt 78 Länderspielen. Sein einziges Tor gelang ihm am 17. November 2010 beim 1:2 im Test gegen Griechenland in Wien. "Ich bin sehr stolz auf die zehn Jahre. Ich habe alles mit vollster Leidenschaft gemacht", sagte Fuchs. "Ich bin sehr stolz auf meine zehn Jahre in Rot-Weiß-Rot und wünsche dem Team für die anstehende WM-Qualifikation alles Gute. Ich werde die Daumen drücken." Die Qualifikation beginnt am 5. September mit dem Auswärtsmatch gegen Georgien, dem ersten Spiel nach dem EM-Aus gegen Island.

Bis dahin sollte auch geklärt sein, wer seine Rolle als Linksverteidiger einnehmen wird (siehe unten). Und wer künftig die Kapitänsschleife tragen wird, die Fuchs von Marcel Koller im August 2012 umgebunden bekam.

Kommentare