Frauenfußball: Das Warten auf den Aufschwung

Die Eu(ro)phorie ist zu Ende, es wartet der triste Alltag.
Rückkehr in den harten Alltag: In der Bundesliga wird es noch lange Amateur-Kick zu sehen geben.

Die Tränen sind getrocknet, die Feiern gefeiert. Österreichs Frauenteam hat in noch nie dagewesener Art und Weise Werbung für den Fußball gemacht. Doch was wird von der EM bleiben?

In weiser Voraussicht haben die Teamspielerinnen keinen Urlaub gebucht, als hätten sie den EM-Traum geahnt. Während heute in Enschede das Finale zwischen den Niederlanden und Dänemark (17 Uhr/ORF Sport+, Eurosport) gespielt wird, stehen für Österreichs Spielerinnen ein paar freie Tage an. Dann müssen sie wieder zu ihren Klubs. Anfang September beginnt die deutsche Bundesliga, schon zwei Wochen vorher geht es in Österreichs höchster Spielklasse los.

Spätestens damit sollte auch der Anpfiff für mehr Investition in die Zukunft erfolgen. Der ÖFB steckt im Jahr rund zwei Millionen Euro in den Frauenfußball. In die drei Nationalteams und das Ausbildungszentrum. Die Liga ist weit entfernt von diesen Möglichkeiten. Es fehlt vor allem an der Basis. Laut Sportdirektor Willi Ruttensteiner ist es manchmal schwer, für einen Jahrgang zehn Top-Talente zu finden. Österreichweit.

Neue Dimensionen

Knapp 20.000 Spielerinnen sind beim ÖFB gemeldet. Von den 15 anderen EM-Teilnehmern hat nur Island weniger. ÖFB-Präsident Leo Windtner will die 30.000er-Marke überschreiten. "Wir wollen in eine neue Dimension. In den nächsten fünf bis zehn Jahren sollte das möglich sein."

Wie das gehen soll? "Ich glaube, es wurde hier vor Augen geführt, was Frauenfußball bewirken kann", sagte Windtner. Es braucht innerhalb des ÖFB die Unterstützung der Landesverbände. Man will aber auch mehr Geld in die Hand nehmen und in die Hand bekommen. "Ich bin glücklich und dankbar, dass der Sportminister bei drei Matches bei der EM war, das ist nicht selbstverständlich. Ich glaube, dass wir die Unterstützung der Politik haben."

Doch auch die Profiklubs sind gefordert. Wattens hat schon angekündigt, ein Frauenteam stellen zu wollen. Bei der Austria wird das dritte Team von Partnerklub USC Landhaus künftig als Austria Ladies in der dritthöchsten Liga antreten. Für Nostalgiker: In der Wiener Frauenliga kommt es zu Duellen der Austria, des Wiener Sport-Club und der Vienna.

Verdienstchancen

Was sich nicht so schnell ändern wird, ist der Amateurfußball in der Frauen-Bundesliga. Wer den Sprung ins Ausland schafft, kann sein Hobby zum Beruf machen und nebenbei eine Ausbildung absolvieren. Die Spielergewerkschaft erhob das jährliche Gehalt der Spielerinnen in der deutschen Bundesliga: Rund 30.000 Euro brutto bekommen die Legionärinnen im Schnitt. Zum Vergleich: Eine Studie der VdF hat ergeben, dass die Hälfte der Profifußballer in Österreich weniger als diese 30.000 Euro im Jahr verdienen – inklusive Prämien.

Wacker Innsbruck installierte vor zehn Jahren als erster Bundesligaklub ein Frauenteam. Widerstände gab es auch aus den eigenen Reihen. Mancher Funktionär hätte das Geld lieber in einen weiteren Legionär für das Herren-Team investiert. "Wir waren im Grunde zehn Jahre zu früh, aber mir war damals klar, dass der Damenfußball nicht aufzuhalten ist", sagt Wacker-Präsident Gerhard Stocker. "Und dass es vor allem gesellschaftspolitisch ein wichtiges Signal ist, wenn man sich dazu bekennt."

Mit seinem revolutionären Vorstoß, eine eigene Damen-Mannschaft für jeden Bundesliga-Klub zum Lizenzkriterium zu machen, konnte er sich nicht durchsetzen. "Die Zeit war noch nicht reif. Aber ich kann mir vorstellen, dass das kommen wird."

In der Euphorie des EM-Semifinales wurde von allen Seiten eifrig geredet, was man nicht alles machen will, damit es mit dem Frauenfußball in Österreich weiter aufwärts geht. Am 19. August geht die Bundesliga los. Wie steht es nun um die Meisterschaft? Christine Koch, Obfrau des FC Südburgenland (seit 14 Jahren in der Bundesliga, 2011 sogar Vizemeister hinter Neulengbach), zeichnet ein ernüchterndes Bild.

KURIER: Spüren Sie schon die Aufbruchstimmung nach der Europameisterschaft?

Christine Koch:Das ist noch zu früh, aber ich hoffe, dass etwas passiert, sonst schaut es ganz schlecht aus.

Für den FC Südburgenland?

Nicht nur, sondern für den Frauenfußball in Österreich im Allgemeinen.

Wie schaut die Situation bei Ihrem Verein aus?

Wir haben einfach kein Geld, keinen Sponsor. Wir können unseren Spielerinnen keinen finanziellen Anreiz bieten. Unsere Haupteinnahmequelle ist die Spitzensportförderung vom Land Burgenland.

In welcher Höhe?

Ich muss die Aufstellung von den Auswärtsspielen schicken, dann bekommen wir für jede Spielerin je nach Entfernung einen gewissen Geldbetrag.

Und das reicht?

Wenn wir auf eigene Kosten nach Graz fahren: ja. Wenn wir in Innsbruck spielen und dort übernachten, dann nicht, denn die Reise kostet uns 3000 Euro.

Für wie viele Mädchen?

Für eine Handvoll. Aber wir müssen auch eine Zweier-Mannschaft stellen. Da ist einfach immer Not an der Frau. Einmal konnten wir letztes Jahr nicht antreten, das hat uns insgesamt 900 Euro Strafe gekostet.

Warum steigen Sie nicht ab?

Das hat mich ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner auch schon gefragt. Aber wohin sollen wir absteigen? Es gibt keine Frauenmeisterschaft im Burgenland, keine Landesliga, nichts.

Ein düsteres Bild des Alltags im Frauenfußball.

Das ist aber die Realität. Da gibt es St. Pölten, das sich Profispielerinnen leisten kann. Dann gibt es Sturm, das vom Männerteam lebt. Landhaus geht es dank der Austria besser. Der Rest kämpft wie wir. Selbst der langjährige Serienmeister Neulengbach musste heuer seine 1b-Mannschaft aus der Meisterschaft zurückziehen – wegen Geld- und Personalmangel.

Was heißt das für den Frauenfußball?

Dass wir Geld brauchen, damit die Mädchen nicht privat draufzahlen müssen, wenn sie Bundesliga spielen wollen. Es kann niemand annehmen, dass das Niveau im Frauenfußball steigt, wenn sich an der finanziellen Situation in Zukunft nichts ändert.

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