FIFA-Funktionäre in Luxushotel verhaftet

Um 6 Uhr morgens fuhr die Polizei am Zürcher Hotel Baur au Lac vor.
Razzia frühmorgens in Zürich: Juan Angel Napout (Paraguay) und Alfredo Hawit (Honduras) stehen unter Korruptionsverdacht.

Kurz vor der Reformsitzung des FIFA-Exekutivkomitees ist der Fußball-Weltverband wieder durch die Festnahme von Top-Funktionären erschüttert worden. Sechs Monate nach der spektakulären Polizeiaktion mit sieben Festnahmen in Zürich wurden diesmal zwei Offizielle im Hotel Baur au Lac von Schweizer Beamten in Polizeigewahrsam genommen.

Die FIFA-Vizepräsidenten Juan Angel Napout (Paraguay) und Alfredo Hawit (Honduras) stehen unter Korruptionsverdacht. Die zwei Männer seien auf Antrag der US-Justiz in Auslieferungshaft genommen worden, teilte die Schweizer Justiz mit. Ihnen werde vorgeworfen, Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen zu haben.

Dem Vernehmen nach sind keine europäischen Funktionäre von der erneuten Polizeiaktion betroffen. Im Zuge der Korruptionsermittlungen beim Fußball-Weltverband waren auf Bitten der USA am 27. Mai in Zürich bereits sieben FIFA-Funktionäre festgenommen worden, darunter der ehemalige Vizepräsident Jeffrey Webb, der mittlerweile aus der Schweiz in die USA ausgeliefert wurde.

US-Ersuchen

Die jetzt vorgenommenen Festnahmen erfolgten laut Schweizer Justiz aufgrund von Ersuchen des US-Justizministeriums vom 29. November. Nach Angaben der New Yorker Staatsanwaltschaft hätten auch diese zwei "hochrangigen" FIFA-Funktionäre "Gelder als Gegenleistung für den Verkauf von Vermarktungsrechten im Zusammenhang mit der Austragung von Fußballturnieren in Lateinamerika und von WM-Qualifikationsspielen erhalten".

Diese Straftaten seien "teilweise in den USA abgesprochen und vorbereitet worden; zudem sind Zahlungen über US-Banken abgewickelt worden", heißt es in der Schweizer Mitteilung. Die Polizei habe das Hotel um 6.00 Uhr früh durch einen Seiteneingang betreten, berichteten die New York Times (Donnerstag/Online). Nach Augenzeugenberichten wurden um kurz nach 6.00 Uhr mehrere Personen mit einer Limousine aus der Tiefgarage des Hotels gefahren.

Zwei der sieben ehemaligen FIFA-Funktionäre, die am 27. Mai in Zürich verhaftet worden waren, haben nach Angaben der Schweizer Justiz der Auslieferung zugestimmt. Webb und Jose Maria Marin wurden am 15. Juli beziehungsweise am 3. November den US-Behörden übergeben.

Die anderen fünf Ex-Funktionäre, Eugenio Figueredo, Eduardo Li, Julio Rocha, Costas Takkas und Rafael Esquivel, widersetzen sich einer Auslieferung. Ihre Beschwerden gegen die Auslieferungsentscheide sind beim Schweizer Bundesstrafgericht anhängig.

Sitzung fortgesetzt

Die FIFA setzte die Sitzung ihres Exekutiv-Gremiums dennoch wie geplant in der Zentrale auf dem Zürichberg fort. Eine zur Abstimmung stehende revolutionäre Aufstockung der WM-Teilnehmerzahl von 32 auf 40 Teams fand dann aber noch keine Mehrheit.

"Eine Entscheidung über die Erhöhung des WM-Teilnehmerfeldes ab 2026 ist nicht getroffen worden. Es war erkennbar, dass sich besonders die asiatischen und afrikanischen Vertreter dafür einsetzten. Das Thema wurde zunächst zur weiteren Prüfung an die Administration gegeben", teilte der deutsche FIFA-Vertreter Wolfgang Niersbach in einem schriftlichen Statement noch vor dem offiziellen Sitzungsende mit.

Dafür wurden offenbar andere weitreichende Entscheidungen getroffen. "Zentraler Punkt der heutigen Sitzung war die Verabschiedung des sehr umfangreichen Reformpakets", bestätigte Niersbach. Dabei soll es nach dpa-Informationen um eine Neustrukturierung der FIFA-Administration, inklusive des Exekutivkomitees, gehen.

Die Reformkommission hatte zudem offenbar unter anderem eine Amtszeitbeschränkung auf 12 Jahre und eine Offenlegung der Vergütung künftiger FIFA-Präsidenten und Top-Funktionäre vorgeschlagen. Ein Alterslimit soll es nicht geben.

Neben Napout und Hawit fehlten bei der wegweisenden Sitzung auch der suspendierte Präsident Joseph Blatter und sein ebenfalls vorläufig ausgeschlossener Stellvertreter Michel Platini. Auch der Kolumbianer Luis Bendoya ist nach seinem Rücktritt noch nicht ersetzt, so dass nur 20 der 25 Exko-Mitglieder anwesend waren.

Ein Blick auf die Präsidenten des Weltverbandes (FIFA) und der Kontinentalverbände offenbart das große Dilemma im Weltfußball. Sechs Funktionäre sind vorübergehend suspendiert, aktuell festgenommen oder sehen sich Vorwürfen ausgesetzt, nur gegen einen Mann gibt es keine Anschuldigungen.

FIFA-Chef Joseph Blatter und Michel Platini, der Präsident der Europäischen Fußball-Union (UEFA), sind wegen einer dubiosen Zwei-Millionen-Franken-Transaktion aus dem Jahr 2011 von der FIFA-Ethikkommission für 90 Tage suspendiert worden. Juan Angel Napout und Alfredo Hawit, die Präsidenten der Verbände aus Südamerika (CONMEBOL) sowie Nord- und Zentralamerika (CONCACAF) wurden am Donnerstag in Zürich von der Schweizer Justiz wegen möglicher Korruption festgenommen.

Auch gegen Afrika-Chef Issa Hayatou, derzeit FIFA-Interimspräsident, sind Korruptionsvorwürfe im Zuge des ISL-Skandals bekannt. Unterdessen musste sich Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa, der Boss der asiatischen Konföderation (AFC) und FIFA-Präsidentschaftskandidat, zuletzt mit Vorwürfen wegen Menschenrechtsverletzungen in Bahrain auseinandersetzen. Einzig David Chung, der Präsident des ozeanischen Verbandes (OFC), steht bisher noch nicht im Mittelpunkt von Anschuldigungen.

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