"Enormer Druck" auf Schiedsrichter

"Enormer Druck" auf Schiedsrichter
Der Selbstmord-Versuch von Babak Rafati sorgt auch in Österreich für Diskussionen über Schiedsrichter-Mobbing

Babak Rafati ist zwei Tage nach seinem Selbstmordversuch aus dem Kölner Krankenhaus Holweide entlassen worden und soll in seine Heimatstadt Hannover zurückgekehrt sein. Der 41-jährige Schiedsrichter hatte sich am Samstag kurz vor dem Deutschen Bundesliga-Spiel zwischen Köln und Mainz in einem Hotel die Pulsadern aufgeschnitten.

Über die Motive wird weiterhin gerätselt. Im Hotelzimmer sind Notizen gefunden worden, die noch von der Polizei ausgewertet werden müssten, erklärte Theo Zwanziger. Der DFB-Präsident hofft, dass "transparent wird, was zum Suizidversuch geführt hat, damit man ihm helfen kann".

Zwanziger wies darauf hin, dass der Druck auf die Schiedsrichter "ungemein hoch" sei. "Wir schaffen es einfach nicht, das in die richtige Balance zu bringen."

Unter Beobachtung

Die Schiedsrichter stehen immer mehr im Fokus - auch in Österreich. Sie selbst sehen sich als Opfer des Medien-Zeitalters. "Der Druck ist enorm geworden", meint Johann Hantschk, der Boss der österreichischen Bundesliga-Referees. Statt wie früher zwei bis drei Kameras, kontrollieren mittlerweile 14 bis 18 Kameras die Schiedsrichter. "Wir werden bei jeder Fehlentscheidung überführt. Das macht die Sache immer schwieriger", sagt Hantschk.

Ihm fehlt der Respekt gegenüber den Schiedsrichtern - von Trainern, Spielern, Zuschauern und auch von den Medien. "Es gibt Vorverurteilungen, da kann man nur den Kopf schütteln. Was soll sich ein Schiedsrichter denken, wenn er am Tag eines Spieles lesen muss, welche Fehler er bei Spielen der Vereine schon gemacht hat?", ärgert sich Hantschk.

Erst am Samstag waren im Vorfeld des Schlagers Admira - Austria in einer Zeitung die Fehler von Schiedsrichter Oliver Drachta bei zwei Austria-Spielen aufgezählt worden. "Man liest das und nimmt das zur Kenntnis, weil man eh nichts dagegen machen kann", sagt der Oberösterreicher, der das Spiel übrigens ohne Fehl und Tadel geleitet hat.

Auch Drachta meint, dass der Druck der Öffentlichkeit auf die Schiedsrichter größer geworden sei. "Früher gab es in der Bundesliga Hochzeiten, meistens gegen Saisonschluss, wenn alle nervös geworden sind. In dieser Saison sind die Diskussionen schon sehr früh losgegangen", meint der FIFA-Schiedsrichter.

Keine Bundesliga-Runde vergeht, in der nicht zumindest bei einem Spiel der Schiedsrichter im Mittelpunkt der Diskussionen steht. Besonders einige Trainer betreiben nach Niederlagen gerne Schiedsrichter-Bashing. "Gerade sie sollten eigentlich Vorbild sein", meint Hantschk, der sich über die im Verhältnis zu den Gehältern geringen Geldstrafen für die Trainer nach Schiedsrichter-Beschimpfungen mokiert.

Ein Beispiel: Wacker-Innsbruck-Trainer Walter Kogler wurde vor zwei Wochen zu einer Strafe in der Höhe von 750 Euro verurteilt, nachdem er nach einer umstrittenen Elfer-Entscheidung von Schiedsrichter Dominik Ouschan im Spiel bei der Austria mit einem Bündel Geldscheinen gewinkt hatte.
"Die Schiedsrichter können sich gegen solche Diffamierungen nicht wehren. Das arbeitet ihm Kopf", glaubt Hantschk.

Anonyme Drohungen

Nicht nur Ouschan wurde heftig kritisiert, sondern auch Christian Dintar, nachdem er bei Ried gegen Austria einige umstrittene Entscheidungen gegen die Wiener getroffen hatte. "Er ist in der Öffentlichkeit richtiggehend durch den Dreck gezogen worden", sagt Hantschk.

Dintar bekam die negativen Seiten seines Hobbys zu spüren. Rund 30 anonyme Anrufe mit Beleidigungen und Bedrohungen musste der 37-jährige Familienvater über sich ergehen lassen. In den Internet-Fanforen wurde er ebenfalls auf das Tiefste beschimpft - natürlich auch anonym.

Dintar leitete Samstag mit Wr. Neustadt - Sturm erstmals seit der Partie in Ried Mitte Oktober ein Bundesliga-Spiel. "Seine Leistung war tadellos", sagt Hantschk, der als Schiedsrichter-Beobachter vor Ort war.

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