Österreich schlägt Montenegro 1:0

Der Jubellauf: Okotie (re.) erzielte sein erstes Tor für das A-Team, nicht mal Alaba konnte ihn danach aufhalten.
Das ÖFB-Team übernimmt die Tabellenführung in der Gruppe G. Okotie schießt das entscheidende Tor.

Auf einer wackeligen Leiter stehend hatte Österreichs Nationalteam in der Republik Moldau vor drei Tagen die geforderten drei Punkte gepflückt. Am Sonntag folgte die Hausaufgabe: Heimspiel im nicht ganz gefüllten Happel-Stadion gegen Montenegro. Von der gegnerischen Besetzung her, eine sicherlich schwierigere Themenstellung. Unverändert blieb die Ausgangslage, denn drei Punkte verlangte die Marschrichtung zur angestrebten EM-Qualifikation.

Was sich tatsächlich veränderte? Österreichs Nationalmannschaft präsentierte sich als Heimmannschaft im klassischen Sinn. Bestimmend, bissig auf ständige Balleroberung aus, selbstbewusst, scheinbar punktgenau heißgemacht auf das Ereignis. Die Zahlenspiele nach 45 Minuten: Ballbesitz 68 Prozent, 223:107 Pässe. Zwei Messgrößen, die eine Überlegenheit, aber noch kein positives Zwischenergebnis widerspiegeln. Doch dieses lautete nur 1:0. Nach der Anzahl der Torchancen (7 hochkarätige) viel zu knapp. Die einzige Schwäche, die schon zur chronischen Beschwerde geworden ist.

Treff-Ass

Teamchef Marcel Koller hatte Rubin Okotie aus der Reserve und auf die Position der einsamen Spitze geholt. Für den gesperrten Marc Janko, der sich im Augenblick des Anpfiffs schon längst im Flugzeug nach Australien befand. Der gegen Moldawien überforderte Sabitzer musste Harnik im rechten Mittelfeld Platz machen. Hinteregger, wieder fit, schubste Prödl aus der Innenverteidigung.

Von der ersten Minute an wurde Montenegro zu einem, von Fehlern geprägten Defensivverhalten gezwungen. Frühes Attackieren, Sicherheit in der Hintermannschaft, eine stark verbesserte Passgenauigkeit, ein gewohnt lauffreudiger Alaba, ein außergewöhnlich effektiver Arnautovic und ein fast unüberwindbarer Baumgartlinger waren die Ursachen für beinahe ununterbrochene Überlegenheit. Volle Kraft voraus lautete die Devise. Harnik (4.), Arnautovic (7.) Okotie per Kopf (15.) Junuzovic aus der Drehung (41.), Hinteregger aus drei Metern (44.), sowie abermals Harnik und Junuzovic vernebelten die klaren Verhältnisse zur Pause. Es sollte Okotie vorbehalten bleiben, nach dem Tanz von Arnautovic (er brachte zwei Gegenspiele außer Tritt) für den hochverdienten Führungstreffer zu sorgen. Aus kurzer Distanz, sich gut vom Gegenspieler lösend, verwertete der Mann vom deutschen Zweitligisten 1860 München den präzisen Querpass (24.).

Zittern

Es war Montenegros Top-Star Vucinic, der dann zwei Mal brandgefährlich vor Österreichs Tor auftauchte. Zunächst versagte der 31-Jährige noch im Abschluss (74.), dann zwang er Almer zu seiner größten Tat (87.). Sie wurde zu diesen Zeitpunkten offenbart, die Gefahr des höchst unnötigen Punkteverlusts. Weil Unvermögen und Pech an Köpfen und Füßen kleben blieben. Harnik (Kopfball an die Latte), der für Arnautovic gekommene Hinterseer (Außennetz) verabsäumten es, für beruhigenden Vorsprung zu sorgen.

Es blieb beim Stürmen und Drängen, zu konsequent blieb man beim Verjuxen der Chancen. Aber es sollte reichen. Für zwei verdient, doch viel zu knappe Siege innerhalb von vier Tagen. Und für die Führung in der EM-Qualifikationsgruppe G.

KURIER-Noten für die Teamspieler

Wien, Ernst-Happel-Stadion, 44.200 Zuschauer, SR Hendrikus Nijhuis/NED

Tor:
Okotie (24.)

Österreich: Almer - Klein, Dragovic, Hinteregger, Fuchs - Baumgartlinger, Alaba - Harnik, Junuzovic (77. Ilsanker), Arnautovic (63. Hinterseer) - Okotie (83. Lazaro)

Montenegro: Poleksic - Savic, Simic, Basa, Volkov - Nikolic, Zverotic (70. Jovovic) - Beciraj, Vukcevic (46. Jovetic), Bozovic (76. Damjanovic) - Vucinic

Gelbe Karten: Junuzovic, Baumgartlinger bzw. Zverotic, Bozovic, Simic

Tabelle der Gruppe G

Rubin Okotie: "Ich fühle mich unglaublich. Wenn man sich anschaut, was da im Stadion los ist, das ist unglaublich. Privat und sportlich läuft es derzeit bei mir wunderbar, besser kann es nicht sein. Das Tor war super vorbereitet von Marko Arnautovic."

Marcel Koller: "Wir hatten genügend Möglichkeiten, leider haben wir nur eine verwertet. Deshalb war die Anspannung bis zum Schluss sehr groß. Hätten wir den Ausgleich noch kassiert, wäre das sehr ärgerlich gewesen. Trotzdem nehme ich die drei Punkte natürlich sehr gerne. Arnautovic hat das Tor sehr schön vorbereitet. Ich habe immer wieder gesagt, dass wir die Eins-gegen-Eins-Situationen auf den Flanken suchen müssen. Und in der Mitte war Okotie zur Stelle. Die Tabelle sieht natürlich jetzt sehr gut aus, wir stehen zumindest für einen Monat da oben. Aber es ist nur ein Zwischenstand, vor uns liegt noch viel Arbeit."

Marko Arnautovic: "Ich hätte gerne weitergespielt, aber ich hatte starke Schmerzen. Das hätte nichts gebracht. Es war ein Schlag auf die Hüfte, ich hoffe, es ist nicht mehr. Ich kann mich nicht an alle 38 Länderspiele erinnern. Aber es war sicher eines der besseren. Es war wichtig, dass wir als Mannschaft so gut agiert haben.

Wir hatten genug Chancen, dass das Spiel höher gewonnen wird. Es war eine überragende Mannschaftsleistung. Wir sind glücklich über die sechs Punkte, die wir in dieser Woche geholt haben."

Zlatko Junuzovic: "Wir waren spielerisch sehr überzeugend. Wir haben uns viele Torchancen herausgespielt. Einziges Manko war, dass wir sie nicht verwertet haben. Die ganze Entwicklung von uns ist sehr positiv, weil wir viele Spieler haben, die aus meiner Sicht überragend sind. Dieser Lehrgang war sehr gut. Gegen Russland wollen wir jetzt auch das Maximum herausholen, das wird ein schwieriges Spiel. Aber hier zu Hause können wir jeden schlagen."

Branislav Brnovic (Montenegro-Teamchef): "Wir haben nicht gut ins Spiel gefunden. Nach der Einwechslung von Jovetic ist es besser geworden, aber unser Problem war wieder die Chancenauswertung. Uns hat heute ein Organisator im Mittelfeld gefehlt, Österreich war da mit Alaba und Junuzovic viel besser aufgestellt."

Polen (40 Millionen Einwohner) ging nur als Nummer 70 ins Spiel gegen Deutschland. Mehr noch als die Weltrangliste überrascht die Matchstatistik.

Corner 6:0 für Deutschland. Schüsse 29:5 für Deutschland. Ballbesitz 67:33 % für Deutschland. Passes 564:285 für Deutschland. Gewonnene Zweikämpfe 55:45 für Deutschland.Endstand 2:0 für die Polen. Ihr erster Sieg über Deutschland seit 1933 war glücklich und doch mehr als nur eine Momentaufnahme. Weil nun auch die Deutschen, deren Teamchef Löw in der Vergangenheit wiederholt in Spanien spioniert hatte, präsentiert bekamen, was der FC Barcelona auf Klubebene erfahren musste: Dass es nicht auf Feldüberlegenheit, sondern auf Effizienz ankommt. Dass Konterkick in und Brillanz sekundär ist.

Umso erfreulicher, dass bei Österreich am Sonntag nicht nur die Detail-Statistik (die ÖFB-Nationalelf war wie die Deutschen in Warschau in allen Teilbereichen dominant), sondern die Überlegenheit mit drei Punkten belohnt wurde. Und dass Kollers Auswahl nicht wie in den Tagen zuvor Polen und die Slowakei von Patzern des weltbesten (Manuel Neuer/D) bzw. ehemals weltbesten Torhüters (Iker Casillas/Spanien) profitierte, sondern Aluminium einen deutlicheren Sieg verhinderte.

Selten noch hat ein 1:0 im Prater so sehr begeistert. Es wurde Tempofußball auf einem Niveau demonstriert, das deutlich höher war als der Weltranglisten-Platz 39 vermuten lässt.

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