Dortmund: Sündenfall des Fußball-Business

Thomas Tuchel kritisierte die UEFA.
Das Viertelfinal-Hinspiel gegen AS Monaco musste durchgeboxt werden, weil der Terminplan übervoll ist.

Der Ball muss rollen. Und das tagtäglich. Von Jänner bis Dezember. Die Zeiten, als nur an 30 bis 36 Wochenenden sowie hie und da unter der Woche Fußball gespielt wurde, sind lange vorbei. Der Terminplan ist so eng, dass es keine Zeit gibt, um auf physische und psychische Befindlichkeiten der Spieler Rücksicht nehmen zu können.

Das Fußball-Business hat sich nun einen Sündenfall geschaffen: Nur einen Tag nach dem Bombenanschlag auf den Dortmunder Teambus wurde das Viertelfinale der Champions League gegen Monaco durchgeboxt. Der Klub ließ den Spielern zwar die freie Wahl, auf einen Einsatz verzichtet hat aber kein einziger BVB-Star. Die Monegassen siegten 3:2.

Tuchels Kritik

Für Gesprächsstoff sorgte der Spieltermin. BVB-Trainer Thomas Tuchel hatte schon vor dem Anpfiff die UEFA angegriffen. "Wir hätten uns mehr Zeit gewünscht, damit umzugehen. Die Sache ist nicht vergessen oder verarbeitet", sagte der 43-Jährige, der auch nach dem Spiel bei seiner Kritik blieb: "Die UEFA hat das in der Schweiz entschieden. Wir hatten das Gefühl, dass wir behandelt wurden, als wäre eine Bierdose gegen den Bus geflogen."

Gestern folgte die Reaktion des Champions-League-Veranstalters: "Die Entscheidung, dass das Spiel am Mittwoch stattfinden sollte, ist Dienstag gemeinsam mit allen Beteiligten gefallen. Auch am Spieltag haben wir zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Anzeichen bekommen, dass nicht gespielt werden sollte", hieß es von der UEFA.

Die Entscheidung zur Spielverschiebung fiel nicht einmal 75 Minuten nach dem Anschlag. Und damit zu einem Zeitpunkt, als die ganze Tragweite des Vorfalls noch nicht einmal zu erahnen war. Viel mehr Zeit wäre allerdings auch nicht gewesen: Laut Regulativ der Champions League muss ein neuer Termin spätestens zwei Stunden nach einer Absage fixiert werden.

Englische Wochen

Die UEFA stand nicht nur deshalb unter Druck. Der Terminplan ist so eng, dass bei einer anderen Entscheidung auch für andere Partien neue Spieltage gefunden hätten werden müssen. Alle Wochenende sind mit Ligaspielen belegt. Der erste mögliche andere Spieltag wäre Mitte nächster Woche gewesen.

Am Mittwoch ist aber das Rückspiel im Fürstentum angesetzt. Dann hätte dieses um eine Woche verschoben werden müssen. Doch in der letzten April-Woche ist das DFB-Pokal-Semifinale Bayern – Dortmund terminiert. Und in den ersten beiden Mai-Wochen stehen bereits die Champions-League-Semifinale an. Auch bei Monaco hätte es im April keinen freien Termin gegeben. Die Monegassen stehen ebenfalls im Cup-Semifinale, spielen am 26. April bei Paris SG.

Großklubs wie Dortmund (Gehaltskosten: 140 Mio. Euro) sind abhängig von den Einnahmen aus der Champions League, die die "Melkkuh" des Fußball-Business ist. Die Einnahmen aus dem TV-Rechte-Verkauf haben schwindelerregende Höhen erreicht. Von 2015 bis 2018 kassiert die UEFA für die Europacup-Übertragungen fast fünf Milliarden Euro. Dementsprechend partizipieren die Vereine. Fast 1,3 Milliarden Euro werden in der Champions League verteilt.

Aber die TV-Anstalten verlangen Gegenleistungen. Möglichst viel Champions-League-Fußball soll gezeigt werden können. Und das geht nur mit vielen Spieltagen, derzeit sind es 29. Stand ein Klub im alten Meistercup nach sechs Spielen im Semifinale, hat er jetzt mit dieser Anzahl gerade die Gruppenphase absolviert.

Acht Termine

2014 wurden noch mehr Spieltage geschaffen: Das Achtelfinale wird statt an vier an acht Tagen ausgetragen – mit je zwei Spielen. Reichen würden zwei Termine mit je acht Partien. Doch das würde für die TV-Stationen weit weniger Sendezeit bedeuten.

Auf den Punkt brachte es Julian Nagelsmann: Es gebe bei Champions-League-Spielen "immense wirtschaftliche Interessen", sagte der Hoffenheim-Trainer, der sich mit seinem Klub erstmals für die Eliteliga qualifizieren könnte. Die Terminfindung sei wohl schwer gewesen. "Dann sitzen da 1000 Fernsehsender die viel, viel Geld bezahlen. Da steckt ein unfassbarer Aufwand dahinter, das irgendwie hinzukriegen."

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