Cristiano Ronaldo: Angriff auf den Unantastbaren

Ronaldo lebt in und von der Finanzblase des Profifußballs.
Er ist der absolute Star. Und sonst? Der immer unfaire Versuch, eine Kunstfigur zu beurteilen.

Ronaldo trifft und schmeißt sich in Pose. Beendet den bewegten Akt des Jubelns, indem er sich mit einem finalen Sprung breitbeinig als Standbild verewigt. Sein Körper erstarrt zu einer Statue der Unbesiegbarkeit, der Überlegenheit, der Unnachahmlichkeit. Er, Cristiano Ronaldo, ist verdammt noch einmal der Beste, keine Defensive dieser Welt hat das Zeug, sich als sein Hindernis aufzuspielen.

Das alles drückt er aus. Gestylt in jeder Phase der Anstrengung, von Muskeln bepackt, frisch blondiert die Haarsträhnen, strahlend das Lächeln, so perfekt, als sei er gerade aus einer Puppenmanufaktur entsprungen, die mit Exklusivität ihr teuerstes Produkt erklärt.

Eine Show, weltweit übertragen. Ronaldo wird dafür geliebt. Millionenfach. Oder ist es doch die zur Schau gestellte Überzeugung, das einzige Maß aller Dinge zu sein, ein arroganter Schnösel, der schon längst sein von Reichtum und Schönheit bestimmtes Universum als einzige Wahrheit akzeptiert? Ob aus Neid oder Abscheu – viele unterstellen ihm dies. Und verachten ihn dafür.

Also, wer ist eigentlich Ronaldo?

Man weiß es nicht genau. Unbestritten ein genialer Fußballer, vielleicht der begnadetste aller Zeiten. Nüchtern betrachtet, auch ein Mensch, dem das unglückselige Schicksal erspart geblieben ist, zwar hochtalentiert, aber unentdeckt, auf Madeira bis an das Lebensende in einem Restaurant Fische von Gräten befreien zu müssen. Alles war möglich.

Ronaldos außergewöhnliche Beinarbeit wurde erkannt, gefördert und er hat an sich hart gearbeitet. Bereichernd für den Fußball, aber nicht minder wichtig, um als ewiges Reizthema unerschöpflichen Diskussionsstoff zu liefern.

Was sich nie verändert: Ronaldo der Unaufhaltsame bleibt unnahbar, für die Millionen, die ihn fast wöchentlich hochaufgelöst auf TV-Schirmen zu Gesicht bekommen, ihm gegenübersitzen, ihn zu kennen glauben.

Jetzt, eigentlich am Zenit seines sportlichen Könnens angelangt, ist der 32-Jährige in den Verdacht geraten, ein Steuerhinterzieher zu sein. Vorgeworfen wird von der spanischen Staatsanwaltschaft , er habe es in der Zeit zwischen 2011 und 2014 verabsäumt, 14,7 Millionen Euro zu zahlen.

Spekulation

Was muss dieser Mann verdient haben und jetzt erst recht verdienen? Irrtümlich bis böswillig unterstellt wurde ihm vor nicht allzu langer Zeit, es sei alleine im Jahr 2015 eine Summe von 227 Millionen Euro auf sein Konto geflossen. 600.000 Euro am Tag wurde plakativ umgerechnet. Was natürlich bei Weitem nicht stimmte. Ronaldo, genauer sein Manager Jorge Mendes, bezifferte laut freiwilliger Offenlegung ein Gesamtvermögen in oben angeführter Höhe. Auch nicht übel, aber dann doch nicht ganz so utopisch.

Im Grunde egal. Ronaldo lebt in und von der Finanzblase des Profifußballs. Ob gierig, oder nicht, – auch das entzieht sich der Kenntnis des Betrachters – nimmt er einfach, was er kriegen kann. Das wären beispielsweise laut neuem Vertrag 44,7 Millionen pro Jahr, die ihm Real Madrid versprochen hat. Bis er 36 ist.

Schuld & Flucht

Als unverzeihbare Unverfrorenheit könnte sich jedoch erweisen, sollte die angelastete Steuerverfehlung der Wahrheit entsprechen. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung und lässt auch keine schadenfreudige Vorstellung zu, die Ronaldo hinter Gitter sperrt.

Ob er will, oder nicht, der Angreifer ist in die Defensive geraten. Was er tun soll?

Logisch, fast naiv würde man ihm raten:

Etwaige Strafen zahlen, um nicht als ein der Realität entrückter Schnösel ins Geschichtsbuch einzugehen.

Sich nicht ausreden, er habe von seinen finanziellen Angelegenheiten keine Ahnung. Um nicht als Marionette zu gelten, wenn er schon als perfekt gestylte ballspielende Puppe herhalten muss.

Nicht – wie angekündigt – aus Spanien flüchten, sondern in dem Land bleiben, das ihm zu großem Reichtum verholfen hat. Er sei empört, sagt Ronaldo. Warum eigentlich?

Alles andere lässt die Vermutung zu, der Junge aus Madeira habe sich womöglich noch nie gefragt, was überhaupt aus ihm geworden wäre, hätte ihn die Gnade des Talents ins Abseits gestellt.

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