Chapeau Chape: Der steinige Weg zum Alltag
Jedes Mal, wenn bei Partien der Associação Chapecoense de Futebol die 71. Spielminute anbricht, kommt alles wieder hoch. Die tiefe Trauer. Die blinde Wut. Aber auch der unbändige Stolz auf den brasilianischen Fußballverein, der sein Schicksal so tapfer bewältigt. Dann fallen in der Arena Condá die Menschen einander um den Hals, Tränen kullern, und mit Inbrunst wird auf den Tribünen das sogenannte Lied der Sieger angestimmt: "Eeee, vamos, vamos, Chapeee!"
Die 71. Minute wird den Klub bis in alle Ewigkeit an die 71 Toten erinnern, die Chapecoense vor knapp einem Jahr zu beklagen hatte. Mit dem Einzug in das Endspiel um den Südamerikacup erlebte das Team aus der Stadt Chapecó gerade die erfolgreichste Phase der Klubgeschichte, als die Chartermaschine auf dem Flug zum Finale in Medellín (Kolumbien) kurz vor der Landung abstürzte. Wie sich später herausstellen sollte, hatte das Flugzeug zu wenig Sprit an Bord.
Sechs Überlebende
An diesem 28. November wurde die Associação Chapecoense de Futebol praktisch ausgelöscht. Fast die gesamte Mannschaft, der Trainerstab, der Präsident, der Zeugwart, der Teamarzt, der Pressesprecher, der Manager, der Physiotherapeut kamen ums Leben. Auch 21 Journalisten waren unter den Opfern. Lediglich sechs der 77 Insassen überlebten den Absturz am Cerro Gordo, einem Berg unweit von Medellín, der heute Cerro Chapecoense heißt.
Einer der Überlebenden ist Alan Ruschel. Der Verteidiger und seine Teamkollegen Neto und Jakson Follmann sind zu den Gesichtern dieser Katastrophe geworden. Ihre Geschichte und ihre persönlichen Schicksale haben die Welt bewegt.
Verteidiger Neto, der erst acht Stunden nach dem Unglück in den Trümmern entdeckt wurde und nach dem Erwachen aus dem Tiefschlaf als Erstes gefragt hatte, wie denn das Endspiel in Medellín ausgegangen sei.
Nicht zuletzt Tormann Jakson Follmann, dem der rechte Unterschenkel amputiert werden musste, und der im Jänner im ausverkauften Stadion von Chapecó im Beisein der Witwen die Copa-Sudamerica-Trophäe entgegennahm, die Chapecoense nach dem Unglück zugesprochen wurde. "Wir waren ein kleiner Provinzklub,jetzt sind wir weltbekannt", sagt Ivan Tozzo, der als einziger hochrangiger Funktionär übrig geblieben war. Der Vizepräsident hatte am 28.November kurzerhand auf die Reise nach Kolumbien verzichtet.
Kein Märtyrer
"Wir sind alle Chape" – unter diesem Motto hatte sich die Fußballwelt solidarisch gezeigt und dem Verein wieder auf die Beine geholfen. Einige Klubs stellten neue Spieler zur Verfügung, der FC Barcelona lud den Verein zu einem Spiel ein, Papst Franziskus bat die Spieler von Chapecoense kürzlich zur Audienz.
So wie immer seit diesem schicksalsträchtigen 28. November 2016, der immer mit Chapecoense verbunden sein wird. Dass der Verein mittlerweile wieder im Alltag angekommen ist, zeigt eines: Chape hat vergangene Woche bereits den zweiten Trainer in diesem Jahr entlassen.
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