Austria krönt Rekord-Saison mit dem Titel
Da stand er nun, der g’standene Mann – und hatte Tränen in den Augen. Austria-Präsident Wolfgang Katzian, mit violettem Polo und Pullover modisch ohnehin in der Poleposition, konnte sein Glück nicht fassen. Die Uhr zeigte 22.21 Uhr, und seine Austria hatte soeben den 24. Meistertitel der Klubgeschichte errungen. Völlig entzückt busselte er seinen neben ihm sitzenden Vize-Präsidenten Rudi Reisner ab.
Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. So lange war die Austria als kommender Meister gehandelt worden, Woche für Woche hatte man auf eine Entscheidung gewartet, am Mittwoch machte sie endlich den Sack zu. Oder wie die italienische Trainerlegende Giovanni Trapattoni schon in geschliffenem Englisch meinte: „The cat is in the sack.“
Erstmals seit langer Zeit knisterte es so richtig in der Generali-Arena. Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude, und 12.000 Fans fieberten dem Titel entgegen. Und der war nach vier Spielminuten zum Greifen nahe. Die Jagd war auf dem Feld eröffnet auf Alexander Gorgon, den Torschützen zum 1:0. Man wollte doch kollektiv jubeln.
Jubelgesänge
Kaum hatte man sich gefasst und wieder Luft in den Lungen, erfolgte der nächste Schrei. Der Suttner war es, aus einem Freistoß. „Oh, wie ist das schön“, intonierte das 12.000-kehlige Favoritner Symphonie-Orchester. Es wogte die Welle durch das Stadion – und plötzlich ebbte sie ab. Was war geschehen? Jun hatte getroffen. Jetzt wurde es mehrsprachig auf den Rängen. „Que sera, sera, der Meister in diesem Jahr, ist wieder die Austria.“
Peter Stöger stand unterdessen in seiner Coaching-Zone und nahm einen kräftigen Schluck aus der Trinkflasche. Durchatmen, seine Mannschaft hatte schon neun von zehn Fingern an der Meisterschale. Und das nach einer Viertelstunde.
Weil sich auf dem Rasen ob der klaren Verhältnisse weniger tat, feierten die Fans Peter Stöger, der als Trainer in Bremen im Gespräch ist. „Peter, bleib’ bei uns“, lautete ihr frommer Wunsch. Ob der in Erfüllung geht? Einerlei, gestern wurde gefeiert.
Nur noch ein verfrühter Platzsturm der enthusiasmierten Fans hätte das Unternehmen gefährden können. Daher griff Wolfgang Katzian in der Pause zum Mikrofon und bat die Anhänger: „Wir werden heute eine Party machen, dass die Post abgeht. Aber bitte bleibt bis nach dem Schlusspfiff auf den Tribünen.“ Die Fans sollten ausreichend Gehorsam an den Abend legen.
Schluss-Akkorde
Davor staunten sie nicht schlecht über ein Traumtor von Gorgon aus 30 Metern. Stöger grinste wie ein frisch lackiertes Hutschpferd. Dann war es exakt 22.21 Uhr, als Schiedsrichter Harkam die Partie abpfiff und gemeinsam mit seinen Kollegen und den Mattersburgern in die Kabinen flüchtete, da sich in der Generali-Arena die Schleusen öffneten und die violetten Fans in Windeseile den Rasen bevölkerten, um ihre Meisterkicker zu herzen. Da stand er schon auf dem Rasen, der g’standene Mann, der Katzian, und frohlockte via Mikro: „Wir sind Meister!“
Vollendet wurde das Meisterwerk um 22.45 Uhr auf der Südtribüne mit dem Meisterteller, der vor dem Spiel bei einem kleinen Unfall einen winzigen Schaden genommen hatte. Kapitän Manuel Ortlechner war es egal, als er das Objekt der Begierde aus den Händen von Bundesliga-Präsident Hans Rinner erhielt.
Die österreichischen Meister seit 97/98
Wien, Generali-Arena, 12.000 (ausverkauft), SR Harkam.
Tore: 1:0 ( 4.) Gorgon
2:0 ( 6.) Suttner (Freistoß)
3:0 (12.) Jun
4:0 (53.) Gorgon (Freistoß)
Austria: Lindner - Dilaver, Rogulj, Ortlechner, Suttner - A. Grünwald (63. Kienast), Holland, Mader - Gorgon (67. Stankovic), Hosiner, Jun (58. Simkovic)
Mattersburg: Borenitsch - Farkas, Majstorovic, Steiner, A. Pöllhuber - Höller (88. Spuller), Prietl, Lovin (79. Gartner), Röcher - Mörz (55. Klemen) - Bürger
Gelbe Karten: Keine
Es herrschte Ausnahmezustand in Favoriten. Die Mattersburger hätten sogar beinahe die Meisterfeier der Austria verpasst: Sie steckten im Verteilerkreis fest, ein Entkommen war fast nicht möglich. Gehetzten Schrittes kam der Gegner gerade noch rechtzeitig in die Generali-Arena. Von diesem neuralgischen Verkehrsknoten-Punkt aus zog aber der Stau konzentrische Kreise durch ganz Favoriten. Nichts ging mehr, zumindest auf den Straßen.
Die 12.000 blendend aufgelegten Austria-Fans (die Arena war voll wie der Verteilerkreis) hatten gehofft, dass sich die burgenländische Pechsträhne auch auf das Spielfeld überträgt. Mit einer Niederlage hatte sich ohnehin kein violett gewandeter Besucher befasst.
Blitzstart
Naja, eigentlich war die Austria schon mit Anpfiff Meister. Und erst recht vier Minuten später, als Gorgon eine Unsicherheit in der Gästeabwehr nützte und zum 1:0 einschoss. Sie waren brave Gäste, die Mattersburger, spielten auch in der Folge nicht den Meister-Partyschreck. Zwei Minuten später überraschte Suttner mit einem Freistoß Goalie Borenitsch. Und weitere sechs Minuten später lud die dritte allgemeine Verunsicherung der Mattersburger Hintermannschaft erneut zum Toreschießen ein: Jun traf nach einem mustergültigen Pass von Gorgon zum 3:0.
Die Wiener kombinierten gefällig, die Gäste waren nicht mehr als ein grün-weißer Begleitschutz auf dem Rasen. Als die Austria zwei Gänge zurückschaltete, kam Mattersburg gelegentlich in Tornähe, nicht aber zum Erfolg. Die Austria schon: An diesem Abend gelang Gorgon sogar ein Freistoß-Tor aus rund 30 Metern. Es blieb beim souveränen 4:0-Erfolg.
Und für die Hauptdarsteller des Abends wird der sonntägige Auftritt in Salzburg ein Schaulaufen in Violett. Für die Austria war es der erste Meistertitel seit 2006, damals war Stöger Sportdirektor. Und 82 Punkte bedeuten bereits jetzt einen Saisonrekord. Für Mattersburg war es kein guter Tag: Nach den Siegen von Innsbruck und Wiener Neustadt müssen die Burgenländer noch zittern.
Peter Stöger (Austria-Trainer): „Eine unglaubliche Saison, wir haben alles mitgenommen. Das ist mein schönster Meistertitel, weil er schwer erarbeitet war. Und noch nie mit einer Mannschaft, die immer 100 Prozent gegeben hat, sonst wäre es nicht möglich gewesen, gegen diese Salzburger zu bestehen. Es war gegen die Salzburger ein harter Fight über die ganze Saison, das macht mich stolz, hat aber mit Genugtuung nichts zu tun. Die Truppe war ein Traum, hat alles aus sich herausgeholt. Diese Mannschaft tut alles für den Erfolg, wir haben uns alles hart erarbeiten müssen. Ich muss mich bei meinem Trainerteam bedanken - super Arbeiter, super Fachleute und super Freunde. Und die Leute haben wir zurückgeholt, die Fans sind wieder zufrieden - wunderbar.“
Zu seiner frühen öffentlichen Zielsetzung, den Titel anzustreben: „Ich bin offensiv herangegangen. Das ist vielleicht unösterreichisch, aber wir haben ja auch ein bisschen unösterreichisch gespielt.“
Zu den Bremen-Gerüchten: „Das ist alles wurscht heute.“
Philipp Hosiner (Austria-Stürmer): „Ein unbeschreibliches Gefühl. Wir haben einen langen Atem gehabt, Salzburg hat uns in den letzten Spielen sehr unter Druck gesetzt. Wir haben alle eine tolle Saison gespielt. Ich habe viele Tore der Mannschaft zu verdanken, habe schöne Assists bekommen. Wir wollen am 30. Mai den Cupsieg dazuholen. Es wäre sehr schön, wenn die Mannschaft zusammenbleibt, auch der Trainer. Dann wollen wir in der Champions-League-Qualifikation für Furore sorgen.“
Heinz Lindner (Austria-Tormann): „Meister - das hört sich saugeil an. Wir haben die ganze Saison dominiert. Natürlich kann man so ein Spiel genießen, wir sind noch nie so gut in ein Spiel gestartet, das spielt sich dann locker runter.“
Florian Mader (Austria-Mittelfeldspieler): „Wir haben ein unglaubliches Jahr gehabt, wir haben uns das verdient.“
Roman Kienast (Austria-Stürmer): „Meister ist ein unglaubliches Gefühl. Ich bin es zum dritten Mal geworden, ich hoffe, es geht so weiter. Wir hatten die beste Offenisve, das beste Mittelfeld, die beste Verteidigung, den besten Tormann - was will man mehr. Wenn wir heute nicht feiern, wann dann?“
Manuel Ortlechner (Austria-Kapitän): „Unbeschreiblich, abnormal, der ganze Tag war schon ewig lange, ich habe aber von Anfang an ein super Gefühl gehabt. Wenn mir das jemand vor fünf Jahren gesagt hätte, hätte ich es nicht geglaubt.“ Zu Wechselgerüchten um Stöger: „Er weiß ganz genau, wir gern wir es hätten, dass er hier bleibt.“
Markus Kraetschmer (Wirtschafts-Vorstand Austria): „Das ist der schönste Titel. 2006 haben viele die Austria für tot erklärt, nachdem Stronach und Magna ihren Abgang angekündigt haben. Wir haben in den letzten Jahren extrem hart gearbeitet, neue Strukturen aufgebaut – heute ernten wir die Arbeit. Die Austria ist am richtigen Weg, wir wissen, wohin wir wollen. Wir bekommen eine Jahrhundertchance in der Champions-League-Qualifikation. Wir wollen die Mannschaft zusammenhalten, wir wollen Stöger langfristig halten. Wir wollen niemandem die Chance verbauen, aber Stöger weiß, was hier entstehen kann. Wir müssen auch niemanden verkaufen. Diesen Weg gehen wir weiter. Wir brauchen im Moment keine Verstärkungen. Wir haben es gestern auch zu Ortlechner und Suttner gesagt: Überlegt, welche Chance ihr habt, gerade in der CL-Qualifikation, lasst uns den Weg gemeinsam gehen.“
Thomas Parits (Sport-Vorstand Austria): „Wir haben eine hervorragende Saison gespielt und einen schönen Fußball gezeigt. Salzburg ist als Favorit in die Liga gegangen, aber die Mannschaft und das Trainerteam haben hervorragende Arbeit geleistet. Ich hoffe, dass wir zumindest die erste Runde in der CL-Qualifikation überstehen, dann wären wir fix in der Europa-League-Gruppenphase – da wäre ich schon zufrieden.“
Hans Rinner (Bundesliga-Präsident): "Ich gratuliere Peter Stöger und seiner Mannschaft zu dieser überragenden Leistung. Der FK Austria Wien ist absolut verdienter Meister, konnte die Mannschaft ja sogar den Punkterekord - mit bis jetzt 82 erreichten Punkten - bereits nach der 35. Runde erreichen. An dieser Stelle möchte ich dem FK Austria Wien auch alles Gute und viel Erfolg für die bevorstehenden Champions-League Qualifikationsspiele wünschen."
Georg Pangl (Bundesliga-Vorstand): "Gratulation an den FK Austria Wien! Die Mannschaft von Trainer Peter Stöger hat gezeigt, dass mit Konsequenz, Durchhaltevermögen und vor allem Teamgeist alles möglich ist. Der erste Streich ist heute nach nur 35 Runden gelungen, jetzt hat Austria Wien natürlich noch die Chance, sich den Cup-Pokal zu sichern. Jedenfalls wünsche ich der Mannschaft schon jetzt allen erdenklichen Erfolg für die bevorstehende Champions-League-Qualifikation. Ich würde mir wünschen, dass uns Austria Wien auf internationaler Ebene genauso stark repräsentiert wie in der Bundesliga."
* Gründung am 15. März 1911 als Wiener-Amateur-Sportverein, Namensänderung am 28. November 1926 auf FK Austria Wien
* Clubfarben: Violett-Weiß
* Trainer: Peter Stöger
* Co-Trainer: Manfred Schmid
* Tormann-Trainer: Franz Gruber
* Wichtigste Spieler: Heinz Lindner, Manuel Ortlechner, Markus Suttner, Alexander Gorgon, James Holland, Alexander Grünwald, Tomas Jun, Philipp Hosiner
* Stadion: Generali Arena (Fassungsvermögen: National 13.000, International 11.000)
* Spitzname: Die Veilchen
* Club-Leitspruch: Violett ist mehr als eine Farbe
* Größte Erfolge:
National:
- 24 Mal Meister (zuletzt 2013)
- 27 Mal Cupsieger (2009)
- 10 Mal Doublesieger (2006)
- 6 Mal Supercupsieger (2004)
International:
- 2 Mal Mitropacupsieger (1936)
- 1 Mal Finalist Cup der Cupsieger (1978)
- 3 Mal Europacup-Halbfinalist (1983)
* Vorstand Sport: Thomas Parits
* Vorstand Wirtschaft: Markus Kraetschmer
* Präsident: Wolfgang Katzian
* Vizepräsidenten: Brigitte Jank, Rudolf Reisner
* Vorsitzender Verwaltungsrat: Karl Blecha
* Vorsitzender Kuratorium: Michael Häupl
* Homepage: www.fk-austria.at
PETER STÖGER (47 Jahre):
Geboren: 11. April 1966 in Wien
Familienstand: ledig
Karriere als Spieler:
* 65 Länderspiele, 15 Tore
* WM-Teilnahme 1998 in Frankreich
* 418 Bundesliga-Partien: FavAC (1985/86), Vorwärts Steyr (1986/87), Vienna (1987/88), Austria Wien (1988-1994), FC Tirol Innsbruck (1994/95), Rapid (1995-1997), LASK (1997/98), Austria Wien (1998-2000), Admira Wacker Mödling (2000-2002), Untersiebenbrunn (2002-2004)
Größte Erfolge als Spieler:
* Meister: Austria 1991, 1992, 1993, Rapid 1996
* Cupsieger: Austria 1990, 1992, 1994
* Finale Europacup der Cupsieger: Rapid 1996
Bisherige Karriere als Trainer/Sportdirektor:
* Untersiebenbrunn: Sportdirektor 2004
* Austria Amateure: Sportdirektor 2004/05
* Austria: Trainer gemeinsam mit Frenkie Schinkels Mai 2005-Dezember 2005, Sportdirektor Dezember 2005-Oktober 2006
* Vienna: Sportdirektor Juli 2007-Juli 2010, Trainer zusätzlich ab Oktober 2007-April 2010
* GAK: Trainer November 2010-Juni 2011
* SC Wiener Neustadt: Trainer Juni 2011-Juni 2012
* Austria: Trainer seit Mai 2012
Größte Erfolge als Trainer:
* Meister: Austria 2006, 2013
* Cupsieger: Austria 2005, 2006
* Aufstieg in Erste Liga: Vienna 2009
Schon vor der letzten Runde der Fußball-Bundesliga am Sonntag und dem Cupfinale am kommenden Donnerstag (30.5.) zwischen Meister Austria Wien und Regionalligist FC Pasching sind vier der fünf Europacup-Startplätze an die Austria, Vize-Meister Salzburg (beide Champions-League-Qualifikation) sowie den Liga-Dritten Rapid und Cupfinalist Pasching (beide Europa-League-Qualifikation) vergeben. Das letzte Europacup-Ticket wird zwischen Sturm Graz, WAC und Ried ausgespielt.
Die Austria kann in der CL-Qualifikation den Meister-Weg beschreiten und hat daher auf dem Papier leichtere Gegner, weil nur Meister mittlerer und kleinerer Ligen mögliche Konkurrenten sind. Allerdings könnten auch Teams wie NK Marburg oder Maccabi Tel Aviv die Gegner sein. Salzburg dagegen muss auf den "Nicht-Meister-Weg" und kann daher auch auf Top-Klubs wie St. Petersburg oder PSV Eindhoven bzw. im Fall des Aufstiegs ins Play-off auf Mannschaften wie Arsenal, Milan oder Schalke treffen.
Ein Überblick:
Champions League:
Meister Austria Wien steigt in der dritten von vier Qualifikationsrunden (Auslosung 19. Juli, Spieltermine 30./31. Juli und 6./7, August) ein. Austria spielt im "Meister-Weg" und kann daher nur auf die Meister anderer Ligen treffen. Austria wird in der dritten Quali-Runde voraussichtlich gesetzt sein, mögliche Gegner sind NK Marburg oder Maccabi Tel Aviv oder auch Ekranas Panevezys oder Neftschi Baku. In der letzten Quali-Runde (Play-off) werden die Wiener wohl nicht gesetzt sein, mögliche Gegner sind BATE Borisow, Celtic Glasgow, Steaua Bukarest oder APOEL Nikosia.
Vize-Meister RB Salzburg steigt ebenfalls in der 3. Qualifikationsrunde (Auslosung 19. Juli, Spieltermine 30./31. Juli und 6./7. August) ein. Salzburg spielt im "Nicht-Meister-Weg" und wird ziemlich sicher nicht gesetzt sein. Daher warten wohl schon Kaliber wie Zenit St. Petersburg, PSV Eindhoven, Metalist Charkiw oder Fenerbahce Istanbul. Sollte Salzburg den Aufstieg schaffen, könnte es gegen Arsenal, AC Milan oder Schalke 04 gehen.
Europa League:
Der Bundesliga-Vierte steigt in der 2. Qualifikationsrunde (Auslosung 24. Juni, Spieltermine 18. und 25. Juli) ein.
Der Bundesliga-Dritte Rapid steigt in der 3. Qualifikationsrunde (Auslosung 19. Juli, Spieltermine 1. und 8. August) ein.
Cupfinalist FC Pasching steigt im Qualifikations-Play-off (Auslosung 9. August, Spieltermine 22. und 29. August) ein.
Kommentare